Experte will Wende in der Rentenpolitik

Beispielrechnung als Beleg

Eine Wende in der Rentenpolitik hat der Ökonom und ehemalige Lehrbeauftragte an der Hochschule Bremen Ernst Niemeier gefordert. Die im Jahr 2001 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung beschlossene Riester-Reform und die damit verbundene Senkung des Rentenniveaus „muss zurückgenommen werden“, schreibt Niemeier in einem Beitrag für die Zeitschrift „Wirtschaftsdienst“. Grund für die Forderung des Rentenexperten sind seiner Ansicht nach falsche Annahmen, die zu der Entscheidung für die Riester-Rente und zu der Abkehr von einer lebensstandardsichernden gesetzlichen Rente geführt hätten.

Wichtigste Entscheidungsgrundlage für die von Rentenfachleuten oft als „Paradigmenwechsel“ bezeichnete Riester-Reform war laut Niemeier die demografische Entwicklung. Dabei habe man jedoch den Produktivitätsfortschritt und die damit „trendmäßig“ verbundene Steigerung der Realeinkommen völlig vernachlässigt. Als Beispiel für seine Behauptung führt Niemeier die Entwicklung von 1957 bis 2008 an. Trotz der in diesem Zeitraum gestiegenen „Belastung durch höhere Rentenversicherungsbeiträge“ sei das verfügbare Realeinkommen der Bevölkerung weiter gewachsen, so der Bremer Ökonom. Eine solche Kompensation von steigenden Rentenbeiträgen durch Gehaltssteigerungen sei „auch in der Zukunft zu erwarten“.

Beispielrechnung als Beleg

Als Beleg für seine These zieht Niemeier eine Beispielrechnung zu Rate. Bei einem „mäßigen durchschnittlichen Produktivitätsfortschritt“, der zu einer jährlichen Steigerung des Realeinkommens von einem Prozent führe, steige ein Monatslohn von 2.000 Euro im laufenden Jahr bis zum Jahr 2040 auf ein Realeinkommen von 2.489 Euro. Selbst bei einem gleichzeitigen Anstieg des Rentenbeitrags von derzeit 18,6 Prozent auf – angenommen – 24 Prozent im Jahr 2040 erhöhe sich das Realeinkommen in diesem Fall von 1.814 Euro im laufenden Jahr bis auf 2.191 Euro im Jahr 2040. Es ergebe sich damit „trotz deutlich höherer Beitragsbelastung“ ein Anstieg des verfügbaren Einkommens „um über 20 Prozent“, rechnet Niemeier vor.

Aus diesem und weiteren Gründen folgert Niemeier „zwingend, dass die primäre Alterssicherung zweckmäßigerweise durch die gesetzliche Rentenversicherung erfolgen sollte“. Die von vielen anderen Experten befürchtete Überlastung der jüngeren Generation bei einer Rückkehr zur Lebensstandardsicherung durch die gesetzliche Rente wird nach Ansicht des Bremer Ökonomen „gar nicht eintreten“. Ein stabiles Rentenniveau wie vor der Riester-Reform sei „sehr wohl“ tragbar. Niemeiers Fazit: Ein neuer verlässlicher Generationenvertrag, wie ihn die Rentenkommission der Bundesregierung vorbereiten solle, „muss nicht geschaffen, der alte muss nur wieder eingesetzt werden“. Und der Nebeneffekt: „Die Rentenkommission ist überflüssig, weil die Problemlösung schon bekannt ist.“ +++ Ihre-vorsorge.de

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