Ex-Verfassungsrichter kritisiert „Trittbrettfahrer“ der Pandemie

Es ärgert mich, dass Politiker diese Krise nutzen

Der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, hat die Kreditaufnahme der Bundesregierung im Zuge der Corona-Pandemie als überzogen kritisiert. „Es ärgert mich, dass Politiker diese Krise nutzen, um andere Anliegen unter dem Deckmantel Corona durchzusetzen“, sagte Kirchhof der „Welt“. „Ich nenne sie Trittbrettfahrer.“ So werde die Kreditbremse in einem Maße gelockert, wie es nicht nötig sei. „Der Bundesrechnungshof hat zurecht kritisiert, dass die Kreditaufnahme deutlich überhöht ist. Auch werden Hilfsfonds in Größenordnungen geschaffen, die man nicht benötigt. Das ist finanz- wie staatsrechtlich höchst problematisch“, sagte der Verfassungsrechtler. Kirchhof warnte davor, die Schuldenbremse des Grundgesetzes dauerhaft abzuschaffen: „Dass man für Corona jetzt finanziell etwas tun muss: Ja, klar. Aber doch bitte nur als strenge Ausnahme, um danach sofort wieder zum Regime der Artikel 109 und 115 Grundgesetz zurückzukehren.“ Die Kreditbremse sei vor rund zehn Jahren wegen der Erkenntnis eingeführt worden, dass ein Staat nicht auf Pump leben darf. „Dann leistet er gegenüber seinen Bürgern mehr, als er von ihnen an Finanzen fordert – und kommende Generationen müssen das begleichen“, so Kirchhof. Außerdem regele ein Staat, der sich verschuldet, den Banken- und Finanzsektor „nicht mehr als unparteiischer Akteur, sondern ist Interessent. Er will Negativzinsen, er will Nullzinsen. Er ist auch einer Inflation gegenüber offener, weil er daran bei der Rückzahlung des geliehenen Kapitals verdient.“ Deshalb beruhe die Kreditbremse auch heute noch auf vernünftigen Gründen. +++

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