EU-Handelskommissarin lehnt Nachbesserungen am Mercosur-Abkommen ab

20 Jahre währenden Verhandlungen

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay gegen Kritik verteidigt. Nachbesserungen werde es nicht geben: „Das Abkommen ist fertig und liegt auf dem Tisch. Das was wir haben, haben wir“, sagte sie der „Welt“. Die EU und der Mercosur-Staatenbund wollen die größte Freihandelszone der Welt mit mehr als 770 Millionen Konsumenten aufbauen. Für Unternehmen der EU sollen dadurch Zölle in Höhe von vier Milliarden Euro entfallen. Das Abkommen, welches Exporte nach Südamerika ankurbeln soll, erstreckt sich auf Industriegüter wie Autos und Zubehör, Maschinen, Chemie- und Pharmaprodukte sowie Textilien und Schuhe, aber auch landwirtschaftliche Erzeugnisse.

Die 20 Jahre währenden Verhandlungen waren am 28. Juni in Brüssel abgeschlossen worden. Vor Inkrafttreten muss der mehr als 1.000 Seiten umfassende Vertrag von den Parlamenten aller EU-Mitgliedsstaa ten ratifiziert werden. Die EU-Kommission will den Text im Laufe dieser Woche im Internet veröffentlichen. Bauernverbände üben Kritik an dem Abkommen, weil darin zusätzliche Importquoten für Rindfleisch und Geflügel vereinbart wurden. Außerdem würden in Südamerika niedrigere Umweltstandards gelten, was für zusätzlichen Preisdruck auf europäische Betriebe sorge. Die Grünen im Europaparlament fürchten, dass für mehr Nutz- oder Weidefläche mehr Regenwald im Amazonas-Gebiet abgeholzt werden könnte. Malmström hält die Kritik für nicht gerechtfertigt. „Gerade bei Rind und Geflügel, aber auch Reis oder Zucker waren wir sehr vorsichtig“, wies sie die Bedenken der Landwirtschaftsverbände zurück. Es sei lediglich eine sehr marginale Anhebung der Quoten vereinbart worden. Außerdem beschütze das Abkommen 360 geografische Herkunftsangaben. „Das ist Rekord.“ In dem Abkommen habe sich Brasilien zudem zum Verbleib im Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtet. Das schließe den Schutz des Regenwaldes ein. Außerdem setze die Freihandelsvereinbarung ein wichtiges Zeichen für Multilateralismus. Das Beispiel des bei seiner Ratifizierung ebenfalls umstrittenen CETA-Abkommens mit Kanada zeige, dass solche Handelsvereinbarungen Vorteile für EU-Unternehmen bedeuteten. „CETA ist höchst erfolgreich, die Exporte sind im Schnitt um neun Prozent gestiegen, in manchen Bereichen deutlich stärker.“

Nicht wesentlich vorangekommen sind laut Malmström die Verhandlungen mit den USA über ein Industriegüterabkommen. Bisher habe es vor allem Bestandsaufnahmen und Vorgespräche mit der US-Seite gegeben. „Die Verhandlungen über das Zollabkommen selbst haben noch nicht begonnen. Wir warten auf einen Termin. Die Amerikaner haben bisher noch nicht starten wollen“, sagte die EU-Handelskommissarin der „Welt“. Dabei hatte US-Präsident Donald Trump mehrfach kritisiert, dass es Verzögerungen beim Erteilen eines Verhandlungsmandats an die EU-Kommission durch die EU-Mitgliedsstaaten gab. Hier hatte Frankreich auf die Bremse getreten, weil die USA das Pariser Klimaschutzabkommen verlassen hatten. Die drohende Eskalation im Streit um illegale Subventionen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing hofft Malmström noch zu vermeiden. In dem 15 Jahre alten Konflikt hatte die Welthandelsorganisation WTO geurteilt, dass beide Seiten unzulässige Beihilfen gewährt hatten. Damit hätten sowohl die USA als auch die EU das Recht, Strafmaßnahmen zu ergreifen. Sie habe vorgeschlagen, die Angelegenheit einvernehmlich am Verhandlungstisch zu besprechen, sagte Malmström. Bisher gebe es aber noch keinen Durchbruch. Sollte eine Übereinkunft misslingen, drohten womöglich noch in diesem Herbst Strafzölle der USA auf EU-Produkte im Wert von elf Milliarden Dollar. Die EU hat für diesen Fall ebenfalls eine Sanktionsliste vorbereitet. +++