Erstmalig Walter-Lübcke-Preis verliehen

Auszeichnung als Erinnerung an das Leben und Vermächtnis von Dr. Walter Lübcke

• Bundestagsabgeordneter Michael Brand MdB, Initiator des „Walter-Lübcke“-Preises.

In Fulda ist am Donnerstag erstmalig vonseiten des heimischen CDU-Bundestagsabgeordneten, Vorsitzenden der Arbeitsgruppe und Sprecher für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie Vorsitzenden der Landesgruppe Hessen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Michael Brand MdB im Beisein von 50 Persönlichkeiten – darunter Freunde und Weggefährten des früheren Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke – im Kanzlerpalais der „Walter-Lübcke“-Preis verliehen worden. Der Preis, der in seiner Namensgebung an den Charakter und das Vermächtnis an den vor zwei Jahren ermordeten Behördenleiter erinnern soll, wurde an die 22-jährige Marie Keßler aus der 496-Seelen-Gemeinde Hilders-Simmershausen für ihren besonnenen und unerschrockenen Einsatz, während sich ein Mensch in lebensbedrohlicher Lage befand, verliehen. Der Walter-Lübcke-Preis ehrt demnach Persönlichkeiten, die sich im Besonderen um Menschlichkeit und Zusammenhalt in der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht haben.

Bundestagsabgeordneter Michael Brand ging in seiner Laudatio auch auf seinen Freund und politischen Weggefährten Dr. Walter Lübcke ein. So sei die erste Preisvergabe wenige Tage vor Lübckes Geburtstag – am Sonntag wäre Dr. Walter Lübcke 68 Jahre alt geworden – kein Zufall – so soll der Preis nicht nur an den tragischen Umstand seines Todes, sondern gerade auch an das Leben von Dr. Walter Lübcke und sein Vermächtnis, für unsere Demokratie einzustehen und diese zu verteidigen, erinnern. „Walter Lübcke sollte nicht durch den Umstand seines Todes, sondern durch sein Leben definiert werden“, sagte Michael Brand am Donnerstag in Fulda. Viele, die sich Walter Lübcke verbunden fühlten und fühlen wie Fuldas Ehrenbürger, der frühere Fuldaer Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Hamberger oder der frühere Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Fulda Claus Gerhardt, dessen feierliche Verabschiedung aus seinem Amt als Kreishandwerksmeister im Mai 2019 in der Orangerie Fulda Walter Lübcke kurz vor seinem Tod beiwohnte, oder Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld und der Landrat des Landkreises Fulda Bernd Woide waren zur Preisverleihung gekommen.

„Ich freue mich über jeden einzelnen, der heute gekommen ist“, fuhr Brand in seinen einleitenden Worten zur Begrüßung fort. Hier brachte er auch seine persönliche Freude über das Erscheinen von Walter Lübckes Sohn Christoph Lübcke, Fuldas Weihbischof Professor Dr. Karlheinz Diez sowie Frau Bella Gusman und Herrn Roman Melamed vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde Fulda zum Ausdruck. „Walter war ein deutscher Patriot, tief geprägt von einer christlichen Haltung. Er fühlte sich seiner Heimat verbunden und er war nicht nur Regierungspräsident, sondern nach seinem Verständnis immer auch an Anwalt der Leute“, fuhr Brand in seiner Charakterisierung Lübckes fort. „Walter Lübcke hatte privat wie politisch immer ein offenes Ohr. Er besaß auch echten Humor und hatte falls nötig immer ein aufmunterndes Wort parat. Es ist mir wichtig, Walter heute ein Gesicht zu geben.“ Brand weiter: „Walter war ein guter Charakter, er war zugänglich, engagiert und kämpferisch christlicher Motivation. Walter hat für seine Überzeugung gestanden – mit Anstand und Haltung, und mit seiner ansteckenden Fröhlichkeit. Viele Menschen können Zeugnis ablegen, von einem, der vom Pförtner bis zum Ministerpräsidenten alle Menschen mit gleichem Respekt und gleicher Offenheit begegnete.“ In diesem Kontext erinnerte Brand an das Geschenk, welches Walter Lübcke dem scheidenden Kreishandwerksmeister Claus Gerhardt bereitete. Jeder, der Walter Lübcke kannte, wusste, dass dieser nicht mal gerade eben ein Bild mit einem Rahmen oder ein sonstiger Gegenstand verschenkte, er machte sich Gedanken, was er den Menschen schenkte. „Er mochte keine nullachtfünfzehn-Geschenke. So sagte Walter Lübcke zu Claus Gerhardt: Wir werden, wenn ich in Pension bin – das wird im Herbst so weit sein – zusammen mit unseren Frauen einmal schön zusammen Essen gehen. „Zu diesem Essen kam es nicht mehr – aber das war so ein typisches Walter-Lübcke-Geschenk und das sagt viel über einen Menschen aus. Es war die gemeinsam miteinander verbrachte Zeit, die Walter Lübcke wichtig war und die ihn ausmachte“, so Brand.

„Walter Lübcke mochte die Menschen und die Menschen mochten ihn. So war er auch immer offen für Kritik. Er hatte gegenüber Dingen eine klare Haltung und nichts an ihm – an seiner Haltung, an seiner Leistung kann auch nur im Entferntesten rechtfertigen, ein so glühendes und positives Leben gewaltsam zu beenden“, stellte der CDU-Bundestagsabgeordneter weiter heraus, der ausführte: „Die Demokratie muss sich wehrhaft zeigen. Wir müssen den Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus verstärken. In der festen Überzeugung, es ist wahr – erst der Hass und die Hetze der letzten Jahre, das systematische Aufheizen der Gesellschaft haben diesen feigen Mord an Walter Lübcke möglich gemacht. Es reicht auch nicht, sich ihr nur als Ritual zu empören. Wir müssen uns auch der Bedeutung des Wortes ‚Demokratie‘ bewusst sein. Wir dürfen uns als Demokraten dieser Bedeutung von anderen nicht wegnehmen lassen. Dazu zählen Begriffe wie Anstand, Haltung, Patriotismus, Nation, europäische Gesinnung, anständiger Umgang und Mitmenschlichkeit. Die Gegner unserer offenen Demokratie kämpfen verbissen und inzwischen innerhalb der Institutionen der Demokratie gegen unsere offene Gesellschaft. Und sie kämpfen auch gleichzeitig im Verborgenen. Das Umfeld an Sympathisanten, an Mittätern, an Mitwissern, an klangheimlicher und offener Freude, an Netzwerken muss an der Wurzel bekämpft werden. Wir sind spät dran. Für Walter Lübcke zu spät.“

Zwei Jahre sind seit dem Mord an Dr. Walter Lübcke vergangen. Die Idee, an eine außergewöhnliche Persönlichkeit, den Walter-Lübcke-Preis zu verleihen, entstand in den vielen, oft geführten Gesprächen mit der Familie Lübcke während des Prozesses im Sommer letzten Jahres, erinnert sich Brand. „Beabsichtigt war, jemanden herauszustellen, der nicht damit rechnet, der einfach in einem besonderen Moment getan hat, was er in diesem Moment für das Richtige hielt. Der Walter-Lübcke-Preis soll an Menschen vergeben werden, die sich in besonderer Weise um ihre Mitmenschen verdient gemacht haben. Und dabei geht es nicht um große, öffentliche Verdienste, sondern um die Haltung von Walter Lübcke, um die vielen ehrenamtlichen und privaten Hilfen, die von vielen tausenden Menschen im Stillen und kontinuierlich geleistet werden, ohne, dass sie dafür ein großes Tamtam oder ein Dankeschön wollen. Walter Lübcke fühlte sich gerade mit diesen sogenannten ‚kleinen Leuten‘, die doch im Alltag wichtige und bedeutsame Dinge verrichten, besonders verbunden und das soll auch der Preis zum Ausdruck bringen“, so Michael Brand zum Entstehungskontext des Preises.

Der massive Glasquader, geschaffen von einem Dresdner Künstler, zeigt einen offenen wie optimistischen Walter Lübcke in dreidimensionaler Ansicht versehen mit der Inschrift „Für besonderen Einsatz um Menschlichkeit und Zusammenhalt in unserem Land“. „Ich bin froh und dankbar darüber, dass die Initiative zum Walter-Lübcke-Preis auch von der Familie Lübcke unterstützt wird. Uns geht es gemeinsam darum, ein besonderes Zeichen zu setzen. Wir sind uns sehr bewusst darüber, dass auch ein solcher Preis dazu beitragen kann und auch soll, dass Walter Lübcke über sein Wirken und sein Leben und eben nicht nur über die Art seines Todes in Erinnerung bleibt. Dazu kann ein solcher Preis ein Dauerauftrag leisten. Der Preis soll nicht nur an die Schwere und das Leid erinnern, die der feige Mord an Walter Lübcke ausgelöst hat, der Preis soll zudem an Walters Leben, an seine Haltung und an seine Vorbildfunktion erinnern, insbesondere letztere auch nach seinem Tod für uns Auftrag und Verpflichtung sein sollte. Die Absicht ist also nicht nur, einzelne gute Taten zu würdigen, sondern auch mit gutem Beispiel voranzugehen und zu zeigen, dass es sich lohnt, in diesem Land zu leben und für unsere Werte einzustehen, so wie es Walter Lübcke oft formuliert hat.“ Als vor über einem Jahr dazu aufgerufen wurde, Vorschläge für würdige Preisträgerinnen und Preisträger einzureichen, erreichten den CDU-Bundestagsabgeordneten über 40 Vorschläge für Menschen aus der Region, die alle beeindruckende Beispiele für eine Preisverleihung gaben. Eine junge Frau sei hier besonders aufgefallen. Marie Keßler, 22 Jahre, wohnhaft in der 496-Seelen-Gemeinde Hilders-Simmershausen, als erste und bis heute einzige Frau Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr Simmershausen, von 2017 bis 2018 freiwillige Wehrdienstleistende bei der Bundeswehr im Sanitätsbereich, Durchlauf der Sanitätsstaffel, Einsatz in Hammelburg und in Wildflecken, Verlängerung ihrer Dienstzeit zur Soldatin auf Zeit und seit 2019 in der zivilen Aus- und Weiterbildung zur Notfallsanitäterin in Hannover, die aus der Rhön kommend, einkaufen war in einem Problemviertel am Bahnhof in Hannover und beeindruckendes leistete und zur Heldin wurde…

Im Empfehlungsschreiben an Herrn Bundestagsabgeordneten Brand im August 2020 vonseiten der 1. Vorsitzenden des Vereins Simmershausen Aktiv e.V. Elke Lengowski heißt es: „Mit ihren seinerzeit 21 Jahren hat Marie Keßler ein enormes Maß an Zivilcourage bewiesen. Am Freitag, den 24. April 2020, beobachtete Marie Keßler in der Nähe vom „Steintor“ in Hannover, wie mehrere männliche Personen auf eine am Boden liegenden Mann einschlugen. Mit einem enormen Maß an Zivilcourage nahm sie sich ein Herz und wies eine umstehende Person an, den Notruf zu alarmieren, lief zum Geschehen, sorgte dafür, dass die Männer von dem am Boden Liegenden abließen und leistete bis zum Eintreffen der Rettungskräfte erste Hilfe. Keiner der umstehenden Personen griff in das Geschehen ein, sondern sah lediglich zu. Dieses Verhalten verdient Hochachtung und Respekt und soll anderen jungen Menschen Mut machen und als gutes Beispiel dienen. Wir würden uns freuen, wenn dieses engagierte Verhalten gewürdigt werden könnte.“ Marie Keßler wurde aus einer Vielzahl beeindruckender eingereichter Vorschläge von einer Jury unter Einbeziehung der Familie Lübcke für den Walter-Lübcke-Preis ausgewählt.

„Es ist mir eine sehr große Ehre, einen Preis entgegennehmen zu dürfen, der so einen bedeutsamen Namen trägt und vertritt. Alleine schon in Betracht gezogen und von Herrn Brand und Familie Lübcke ausgewählt zu werden, macht mich sprachlos“, so die Preisträgerin in ihrer Erwiderung. Und weiter: „Ich stehe heute hier, da dies ein Thema ist, das uns alle angeht, dass wir selbst einmal auf Hilfe anderer angewiesen sein – oder uns auch einmal in einer Notlage befinden könnten. Darum ist es wichtig, ein Bewusstsein zu schaffen, dass man handelt und nicht wegsieht.“ Die Preisträgerin weiter: „Es muss aber nicht immer eine lebensbedrohliche Situation sein, in der man helfen oder unterstützen kann. Es sind einfach auch die Kleinigkeiten im Alltag. So wie man selbst behandelt werden möchte, sollte man auch mit seinen Mitmenschen umgehen. Wir sind schließlich eine Gesellschaft. Deshalb bedeutet mir diese Auszeichnung persönlich sehr viel. Herr Lübcke stand sehr für seine Werte ein. Zusammenhalt, Weltoffenheit und Engagement in der Gesellschaft. In seinem Andenken, sollten diese Werte weiterhin Bestand haben. Vielen Dank, dass Sie heute gekommen sind!“

Für die Familie Lübcke sprach Christoph Lübcke, der aus seiner Heimat anreiste: „Wow, Sie sind die richtige Preisträgerin. Das haben Sie eben mit Ihrer Rede noch einmal unter Beweis gestellt“, so Christoph Lübcke, der ergänzend hinzufügte: „Mein Vater hätte das toll gefunden und weiß es sicherlich, dass Sie heute mit dem Preis geehrt werden. Er schaut ganz sicher von oben zu. Unser Papa fehlt uns jeden Tag, es ist uns deshalb umso mehr Auftrag und Verpflichtung, an das, was ihn ausmachte, zu erinnern und lebendig zu halten. Dafür ist ein solcher Preis eine tolle Möglichkeit. Der Preis soll zwei Dinge abbilden: Zum einen an unseren Vater erinnern und an die Umstände seines tragischen Todes erinnern. Zum anderen an seine Befürwortung, nämlich für unsere Demokratie und unsere Werte einzustehen und dies auch klar zum Ausdruck zu bringen.“ Etwas, das Walter Lübcke stark belastete habe, sei, so Christoph Lübcke, die Tatsache, dass er nachdem er auf der Versammlung in Lohfelden klar seine Meinung sagte, dass wir für unsere Werte einstehen, für unsere demokratischen Werte kämpfen müssen, nach seiner Aussage erst einmal lange Zeit alleine dastand und niemand ihm beipflichtete, dass er richtig gehandelt habe oder das er das Richtige gesagt hatte. An die Preisträgerin gewendet, sagte er: „Er hat auch sehr stark Position bezogen, so, wie Sie es gemacht haben. Sie waren einfach Mensch.“ Als Appell an die Gesellschaft gerichtet, sagte Christoph Lübcke gestern in Fulda: „Wenn Sie der Ansicht sind, jemand sagt das Richtige, dann zögern Sie nicht, ihm beizupflichten und diese, Ihre Meinung auch klar zu äußern. Jeder in unserer Gesellschaft ist dazu aufgerufen, zu sagen: Hey, was Du sagst, ist genau richtig! Ich stehe hinter Dir! Denn dann merken die, die Hass und Hetze schüren, dass die Person nicht als einzige diese Meinung vertritt und der jeweiligen Auffassung ist. Nur als gesellschaftliche Mitte sind wir stark und können in Zukunft hoffentlich Taten solcher Art vermeiden.“ Abschließend sagte Christoph Lübcke: „Ich bin immer stolz auf meinen Vater gewesen und bis es heute umso mehr, weil man doch auch sehr viel mitgeteilt bekommt, was ihn ausmachte. Meine Familie und Ich haben viele Begegnungen mit Menschen, die ihm begegnet sind. Erinnerung heißt auch, dass man an die Menschen denkt. Es macht uns sehr stolz, dass Sie die erste Preisträgerin sind.“

Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld gratulierte der ersten Preisträgerin des Walter-Lübcke-Preises. Dies tat er auch im Namen des Landrates des Landkreises Fulda Bernd Woide. „Sie können sehr stolz sein auf Ihr Handeln. Wir freuen uns mit Ihnen und hoffen, dass Sie sich auch in Zukunft dazu ermutigen können, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen, nämlich Haltung zu zeigen und mit gutem Beispiel voran zu gehen. Ihre Heimatgemeinde, die Freiwillige Feuerwehr Simmershausen, sind sicherlich sehr stolz auf Sie“, so Wingenfeld, der für die Idee des Preises, die ermutigen soll, dankte. An Christoph Lübcke adressiert, sagte der Fuldaer Oberbürgermeister: „Ich kann mich an keine Begegnung mit Ihrem Vater erinnern, bei der Ihr Vater zaghaft gewesen wäre. Er war immer voller Energie und begeisterungsfähig – und das auch gerade bei schwierigen Themen. Es war nie Walters Art, verzagt zu sein. Stets ging er auf die Menschen zu, begeisterte sie für das Positive oder suchte gemeinsam mit ihnen nach Lösungen. Und das mit viel Humor, Lebenslust aber auch mit Tiefgang. +++ jessica auth

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