Dreyer und Rehlinger pochen auf Pflicht zu Elementarversicherung

Elementarschäden müssten solidarisch verteilt werden

Angesichts erwarteter starker Regenfälle in Teilen Deutschlands haben die Regierungschefinnen der zuletzt von Unwetterereignissen betroffen Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland Forderungen nach einer Pflichtversicherung für Elementarschäden für Hausbesitzer erneuert. In Zeiten des Klimawandels seien längst nicht mehr nur Flussanrainer betroffen, es könne überall passieren, sagte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Aber es gibt Regionen, in denen die Menschen entweder gar keine Elementarschadenversicherung abschließen können oder nur zu horrenden Preisen. Bund und Länder wiederum können für die Schäden von Extremwetterereignissen nicht dauerhaft mit Steuergeld aufkommen“, so Dreyer.

Folgekosten müssten der SPD-Politikerin zufolge über eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden solidarisch verteilt werden. So könne auch verhindert werden, dass Menschen nach einer Flutkatastrophe vor dem finanziellen Ruin stehen. Dreyer forderte die Bundesregierung auf, zeitnah einen Regelungsvorschlag vorzulegen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) lehnt eine Pflichtversicherung bislang ab. Auch die Ministerpräsidentin des Saarlands, Anke Rehlinger (SPD), erklärte gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, in Deutschland brauche es dringend eine flächendeckende Elementarversicherung. „Sicher geglaubte Orte sind längst nicht mehr sicher. Über das konkrete Modell einer Pflichtversicherung lässt sich reden“, so Rehlinger. Sie verwies auf das französische Modell. „Wir müssen endlich Fortschritte machen und die Versicherungsquote hochbringen – am besten auf 100 Prozent“, sagte Rehlinger weiter.

Teile von Rheinland-Pfalz und Saarland waren zuletzt über die Pfingsttage von Starkregen und Überschwemmungen betroffen. Deutsche Versicherer schätzten die Schäden danach auf gut 200 Millionen Euro. Eine Elementarschadenversicherung greift bei Schäden an Gebäuden, die zum Beispiel nach Starkregenereignissen, Hochwasser, Tornados oder auch Erdbeben entstehen können. Die Elementarschadenversicherung ist ein ergänzender Baustein innerhalb einer Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung. Viele deutsche Hausbesitzer haben Elementarschäden aber oft nicht mitversichert. Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zufolge sind derzeit 54 Prozent der Gebäude in Deutschland gegen Schäden im Falle von Naturereignissen versichert.

Die Debatte über eine mögliche Pflichtversicherung schwelt schon länger. Am 20. Juni wollen die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin darüber beraten. Zuvor hatte es am 6. März einen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz gegeben. Die Ampel-Regierung wird darin aufgefordert, „eine bundesweite Pflichtversicherung für Elementarschäden, die auch Sturmflutschäden umfassen sollte, einzuführen“. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprach sich auch wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gegen eine generelle Pflicht aus. Die Union ist aber dafür, die Elementarschadensversicherungen „fit für die Zukunft“ zu machen. Eine entsprechende Bundestags-Drucksache soll in der kommenden Woche im Plenum beraten werden. Demnach sollen Wohngebäudeversicherungen nur noch mit einer Elementarschadenabsicherung angeboten werden können. Wer den Schutz nicht möchte, muss ihn aktiv ablehnen (sogenannte Opt-out-Lösung).

Vor zwei Wochen hatte bereits die SPD eine Idee nach französischem Vorbild präsentiert – also einer verpflichtenden Elementarschadensversicherung. CDU-Politiker Carsten Müller lehnte den Vorstoß der Sozialdemokraten ab. Überflutungsschäden seien damit nicht per-se abgedeckt. „Denn die Entschädigungspflicht der Versicherer hängt davon ab, ob das Schadensereignis amtlich als Elementarschadensereignis beziehungsweise als Naturkatastrophe eingestuft wird. Erfolgt eine solche Einstufung nicht, beispielsweise weil nur ein kleines Gebiet oder wenige Gebäude betroffen sind, sind die Versicherungen auch nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) befürchtet bei einer Versicherungspflicht hingegen mehr Bürokratie und neue Belastungen für die Staatskasse. Staatliche Rückversicherungskapazitäten müssten wohl aufgebaut werden, außerdem könnte eine „unbegrenzte Absicherung im Katastrophenfall für Schäden oberhalb einer bestimmten Eintrittsschwelle gefordert werden“, so sein Ministerium. Am Ende wäre für die Steuerzahler also wenig gewonnen, sagte eine Sprecherin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Die Versicherungswirtschaft fordert hingegen, beim Schutz vor Wetterextremem nicht nur auf eine verpflichtende Versicherungslösung zu setzen. Eine Pflichtversicherung als alleiniges Mittel löse das Problem nicht, da sie keinen einzigen Schaden verhindere, so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Vielmehr müsse stattdessen klimaangepasst gebaut werden. „Wir bauen bis heute in Deutschland so, als ob es keinen Klimawandel gäbe“, sagte eine Sprecherin. Darüber hinaus spricht sich der GDV für einen Baustopp in Überschwemmungsgebieten und einen Stopp von Flächenversiegelungen aus. +++

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