Deutschland laut Bundespräsident „nicht Pandemieweltmeister“

Polizisten sehen Problem bei Kontrolle von Ausgangsbeschränkungen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Deutschland ist laut Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier „nicht Pandemieweltmeister“. „Wir sind aber auch nicht Totalversager“, sagt Steinmeier in einer Fernsehabsprache, die am Samstagabend ausgestrahlt wird. „Wir zweifeln viel, aber wir können auch viel“, so der Bundespräsident. Gleichzeitig rief er die Deutschen zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung auf. „Raufen wir uns alle zusammen, liebe Landsleute, holen wir raus, was in uns steckt“. Man solle sich nicht „über die anderen oder über die da oben“ empören. „Zeigen wir doch nicht ständig, was nicht geht, sondern dass es geht, wenn alle ihren Teil tun“, sagte Steinmeier. Die Impfstofflieferungen würden in den kommenden Wochen „kräftig“ anziehen und die Produktion in Europa ausgebaut, versprach er. „Ich habe vorgestern meine erste Impfung erhalten, und ich vertraue allen – ich betone: allen – in Deutschland zugelassenen Impfstoffen“. Das Impfen sei der wichtigste Schritt auf dem Weg aus der Pandemie, so Steinmeier.

Polizisten sehen Problem bei Kontrolle von Ausgangsbeschränkungen

Polizeigewerkschafter erwarten Schwierigkeiten bei Umsetzung der Ausgangssperren. Bodo Pfalzgraf von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Berlin sagte der „Welt“: „Die Akzeptanz der polizeilichen und politischen Maßnahmen ist in der Bevölkerung gegenüber dem ersten Lockdown geschwunden.“ Wenn seine Kollegen nach 21 Uhr Leute anhalten wollten, könnten diese einfach sagen, sie hätten einen triftigen Grund und müssten ganz dringend etwas einkaufen. „Außerdem werden schon jetzt die vielen von der Polizei geschrieben Anzeigen kaum durch die Bezirksämter weiterverfolgt, die sind völlig überlastet.“ Sein Kollege Jürgen Köhnlein, DPolG-Vorsitzender in Bayern, sagte: „An Ostern selbst erwarten wir wegen des kalten Wetters keine großen Probleme bei der Durchsetzung der Ausgangssperre, die in Bayern ab 22 Uhr gilt. Aber danach wird es eine Herausforderung.“ Denn schon aktuell seien fast alle Kreisstädte und Landkreise über der Inzidenz von 100, nach Ostern werde das nahezu sicher überall der Fall sein. Und damit greift in Bayern die Ausgangssperre, anders als etwa in Hessen, wo die 200er-Marke überschritten sein muss. „Unsere größte Schwierigkeit ist aber die mangelnde Abstandswahrung, die 1,50 Meter werden vom Englischen Garten in München bis zur Bamberger Altstadt ständig unterschritten“, sagte Köhnlein weiter. Wenn dann die Polizei „mit dem Zollstock“ komme, gebe es Aufregung in Medien und Internet. „Aber wie sollen wir es denn sonst erklären, wenn Leute nicht einsehen, dass 70 Zentimeter kein Meter Fünfzig sind?“

Coronakrise verschlechtert wirtschaftliche Lage von Freiberuflern

Die Coronakrise hat auch die Freiberufler in Deutschland teils schwer getroffen. Für mehr als jeden dritten Solo-Selbstständigen in freien Berufen – 37,7 Prozent – ist das Jahr 2020 schlecht oder sehr schlecht verlaufen, ist das Ergebnis einer Umfrage des Instituts für Freie Berufe (IFB), über die die den Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten. Für fast jeden Fünften (19 Prozent) ist demnach der bisher entstandene wirtschaftliche Schaden sogar existenzbedrohend. Etwas besser ist die Lage bei Freiberuflern, die bis zu fünf Mitarbeiter beschäftigen: Hier sahen 7,1 Prozent den Fortbestand ihres Unternehmens bedroht. In dieser Kategorie gaben 26,1 Prozent an, dass das vergangene Jahr aus wirtschaftlicher Sicht für sie schlecht oder sehr schlecht gelaufen ist. Rund jeder zehnte Freiberufler war der Umfrage zufolge gezwungen, Stellen abzubauen. Allerdings sagten auch 61,5 Prozent, dass ihr Unternehmen kaum oder gar nicht von der Pandemie getroffen wurde. Die Umfrage liefere ein differenziertes Bild, sagte Wolfgang Ewer, Präsident des Bundesverbands der Freien Berufe (BFB) den Funke-Zeitungen: „Teile der Freien Berufe arbeiten weit über Anschlag, um die Folgen der Pandemie abzuwehren, demgegenüber bleibt die Lage bei anderen Freiberuflern heikel. Besonders groß ist die Herausforderung für Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern.“ Corona-Hilfen haben im vergangenen Jahr vier von zehn Freiberuflern beantragt. Am häufigsten waren Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern auf Unterstützung angewiesen. Dabei stolperten viele über Probleme bei der Beantragung: Vor allem die Bedingungen zum Erhalt der Hilfe seien der Umfrage zufolge unklar gewesen. Am zweithäufigsten hätten Freiberufler als Problem genannt, dass sie keine passende Hilfe finden konnten – insbesondere da die Programme über lange Zeit keine Kosten für die Lebenshaltung berücksichtigten. Bei diesem Thema sieht BFB-Präsident Ewer die politischen Entscheider weiter in der Pflicht. Diese müssten die Bedingungen für Corona-Hilfen „verständlich, präzise und trennscharf“ formulieren. Zudem müsse die Politik Perspektiven aufzeigen und durch Verlässlichkeit Zuversicht geben. „Gerade, weil die Krise mehr und mehr an die Substanz geht und Reserven aufgezehrt werden“, sagte Ewer. +++