DBV-Präsident Rukwied zu Gast beim KBV Fulda-Hünfeld

Hoher Besuch während der Jahreshauptversammlung des Kreisbauernverbands Fulda-Hünfeld e.V. DBV-Präsident Joachim Rukwied (Zweiter von rechts) mit KBV-Geschäftsführer Sebastian Schramm (von links) sowie aus dem Vorstand Hermann Bockmühl und Christian Hartmann. Ganz rechts im Bild: Volker Lein, Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes und Kreisvorsitzender des Kreisbauernverbands Vogelsberg. Foto: Cornelius Mohr

Die Ernährungssicherheit, die neue öffentliche Aufmerksamkeit für die Landwirtschaft und die Vorgehensweise des Berufsstandes gegenüber der Politik waren die zentralen Themen beim öffentlichen Teil der Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbandes Fulda-Hünfeld vergangene Woche in Künzell. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, vermittelte dem Auditorium in seinem Vortrag ein Bild von den politischen Akteuren und den Verhandlungen in Berlin und Brüssel.

„Wir hatten die Ernährungssicherheit schon immer auf dem Schirm und haben schon immer darauf hingewiesen, dass sie alles andere als selbstverständlich ist und nur wir sie sichern können“, sagte Rukwied. Er erinnerte an die vergebliche Initiative des Bauernverbandes, im Grundgesetz das Ziel Ernährungssicherung zu verankern. Die Mehrheit in der Politik habe sich für das Thema nicht interessiert, konstatierte der DBV-Präsident. Das habe sich jetzt aufgrund des Ukraine-Kriegs gänzlich geändert.

So wie es richtig sei, angesichts der Sicherheitslage, 100 Mrd. Euro in die Ausrüstung der Bundeswehr zu stecken, so richtig sei es auch, die Agrarpolitik nachzujustieren. Bei der Neujustierung müsse sich die Politik auf Ernährungssicherheit und auf die Zukunftsfähigkeit der Betriebe fokussieren und sich gegen den Rückgang der Selbstversorgung wenden. Der Berufsstand müsse sich gleichwohl weiter auch für Klimaschutz und Umwelt und Tierwohl einsetzen. „Deshalb stehen wir zum Grundkorridor der Zukunftskommission Landwirtschaft und zum Umbau der Tierhaltung. Auch zu Zielen des Green Deal und der Farm-to-fork-Strategie sagen wir ja. Allerdings haben wir auch schon immer gesagt, dass die Maßnahmen – wie die starke Reduzierung des Einsatzes von Düngern und Pflanzenschutzmitteln – nicht zielführend sind.“

Rukwied schilderte, wie der Berufsstand bei den vergangenen Regierungsbildungen seinen Einfluss geltend machen konnte, obwohl sich die politische Landschaft stark verändert habe. 2013 und 2017 war man noch eingebunden gewesen bei der Formulierung des Koalitionsvertrages. Bei den Koalitionsverhandlungen zur Ampelregierung habe der Bauernverband zumindest durch einen engen Austausch erreicht, dass es weiterhin ein eigenständiges Landwirtschaftsministerium gibt, das nach der Schilderung von Rukwied auf der Kippe stand, ebenso die eigenständige landwirtschaftliche Sozialversicherung, die für die Landwirte eine günstigere Absicherung biete. Auch der Agrardiesel stand zur Disposition. Jetzt wurde – auch auf Drängen des Berufsstandes – erreicht, dass bei dem Tankrabatt ab Juni, den die Bundesregierung jetzt beschlossen hat, die gültige Steuerentlastung für Agrardiesel weiter angewendet wird.

Die geänderte politische Landschaft in Bund und Ländern sei auch bei der jüngsten Abstimmung des Bundesrates gegen die Nutzung der Brachen bei den Ökologischen Vorrangflächen zum Ausdruck gekommen. Durch die Regierungsbeteiligungen der Grünen sei die Nutzung der Brache abgelehnt worden. Das Argument von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, dass ein zu großer Anteil von Getreide in den Trog gelange und man durch die Rückführung der Tierhaltung Nahrungsmittelknappheit lösen könne, weist Rukwied zurück. „Wir produzieren hochwertiges Fleisch und Milchprodukte und wertvollen Dünger in Form von Gülle, über den sich jetzt jeder freut angesichts hoher Mineraldüngerpreise.“ Er wandte sich gegen eine weitere Abnahme der Tierhaltung in Deutschland. Insbesondere die 4,7 Mio. Hektar Grünland in Deutschland können ohne Tierhaltung nicht genutzt werden.

Aufgrund der politischen Mehrheiten müsse man taktisch klug vorgehen, so Rukwied weiter. „Unser Anspruch ist es, in Berlin in der Bundesliga zu spielen. Dazu müssen wir seriös agieren und verlässlich sein.“ Loszupoltern sei nicht der richtige Ansatz, sagte er zu Stimmen, die den Bauernverband als zu defensiv befinden. Seine Vorsicht begründete Rukwied mit der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. So habe es Presseberichte gegeben, wonach er den Ukrainekrieg missbrauche, um eine alte Agrarpolitik zu propagieren.

Der DBV-Präsident wiederholte seine Kritik an der Ausgestaltung der neuen Europäischen Agrarpolitik. Dabei seien die finanziellen Voraussetzungen im EU-Agrarhaushalt durch erfolgreiche Verhandlungen gar nicht schlecht gewesen. Die Ausgestaltung sei aber durch die Vorschläge der Kommission, das Mitwirken des Europaparlaments und des starken Umweltausschusses mangelhaft. Im Vergleich zu bisherigen GAP verliere man hundert Euro pro Hektar. Hinzu komme noch die vierprozentige Brache im Rahmen der Konditionalität. In Frankreich könnten die Bauern von besser ausgestalteten Eco-Schemes profitieren. Den Eindruck, dass Agrarkommissar Janusz Wojciechowski nicht sehr durchsetzungsstark ist, wie auf der Versammlung bemerkt wurde, wollte Rukwied nicht widersprechen. Der vorherige Agrarkommissar, der Ire Phil Hogan, habe ein weit größeres Gewicht gehabt. Eine starke Stellung habe der für Umweltfragen zuständige Vizechef der Kommission Frans Timmermans, der sehr ökologisch orientiert sei.

Rukwied berichtete, dass es insbesondere in den vergangenen sechs Wochen sehr viele Presseanfragen gebe und ein hohes Interesse an Agrarthemen bestehe. „Wir sind erster Ansprechpartner“, so Rukwied. Der DBV-Präsident schilderte auch, dass der Verband nach wie vor guten Zugang zur Politik habe und er mit allen Spitzenvertretern der neuen Koalitionsregierung gesprochen habe. Zudem sei man im ständigen Austausch mit den Parlamentariern.

Zu Beginn der Veranstaltung hatte Vorstand Hermann Bockmühl, der den erkrankten Vorsitzenden Stefan Schneider vertrat, die zahlreichen Ehrengäste, unter ihnen der Landrat und eine Reihe von Bürgermeistern, begrüßt. Bockmühl stellte fest, dass auf die Landwirtschaft immer wieder neue Herausforderungen zukommen und man sich in rauer See befinde. Er nannte die Düngeverordnung, die Schweinehaltungsverordnung, die Gemeinsame Agrarpolitik mit der vierprozentigen Stilllegung, die Coronapandemie und den Krieg in der Ukraine mit einem drohenden Zusammenbruch der Lieferketten. Landrat Bernd Woide sagte, dass sich in der Krise zeige, dass nichts selbstverständlich ist, auch nicht die Lebensmittelversorgung. Deshalb gelte auch denjenigen Wertschätzung, die Lebensmittel produzierten.

Ein herausragender Termin in der Verbandsarbeit des KBV Fulda-Hünfeld war im vergangenen Jahr eine Diskussionsrunde mit allen Direktkandidaten im Vorfeld der Bundestagswahl, wie Geschäftsführer Sebastian Schramm berichtete. Um den Austausch mit den Verbrauchern zu fördern, arbeitet der KBV aktuell an einer neuen Internetseite. Die Vorbereitung der Landesgartenschau 2023 war ein weiterer wichtiger Teil der Arbeit. Die Bauern beteiligen sich erstmals mit einer 10 Hektar großen landwirtschaftlichen Ausstellungsfläche. Stellungnahmen hat der KBV unter anderem zur Stromtrasse Mecklar-Bergrheinfeld abgegeben. Zu den weiteren routinemäßigen Arbeiten gehörten auch im vergangenen Jahr die Beratung bei der Antragstellung von Agrarprämien, zur Landwirtschaftlichen Sozialversicherung sowie Betriebs- und Rechtsberatung.

Vorstand und Geschäftsführung wurden von der Versammlung einstimmig entlastet. Sieben Mitglieder des Vorstandes wurden wiedergewählt: Roland Limpert (Tann), Norbert Werner (Mittelkalbach), Peter Bleuel (Fulda-Oberrode), Gerhard Bug (Hofbieber-Traisbach), Christian Hartmann (Hofbieber-Wiesen), Daniel Mans (Dipperz-Dörmbach) und Stefan Quanz (Eiterfeld-Reckrod). +++ Cornelius Mohr