Bundesverfassungsgerichts-Präsident verteidigt Corona-Management

CDU-Wirtschaftsrat verlangt Impfangebot für alle bis Juli

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, hat das Corona-Management in Deutschland gegen wachsende Kritik verteidigt. „Alle freiheitlichen Gesellschaften haben in der Pandemie mit kolossalen Herausforderungen zu kämpfen, und natürlich ist jeder Fehler einer zu viel“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Wenn man aber unter Zeitdruck und unter Unsicherheit entscheiden muss, besteht immer die Gefahr von Fehlern.“ Der Verfassungsrichter fügte hinzu, er sei „unverändert zuversichtlich, dass unser Gemeinwesen die Pandemie letztlich bewältigen und auch verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen wird“.

Harbarth stellte sich auch hinter die umstrittenen Videokonferenzen der Regierungschefs von Bund und Ländern. Die Notwendigkeit einer raschen Reaktion auf neue Entwicklungen erfordere Handlungsspielräume für die Regierungen. „Sind die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern aufgeteilt, so führt bei lebensnaher Betrachtung kein Weg an einem Koordinierungsgremium vorbei“, sagte er. „Die Befugnisse der Parlamente dürfen dadurch aber nicht verkürzt werden.“ Den Einwand, der Bundestag debattiere lediglich über bereits getroffene Entscheidungen, wollte Harbarth nicht gelten lassen: „Wenn zur Umsetzung dessen, was Kanzlerin und Ministerpräsidenten besprochen haben, eine Parlamentsentscheidung erforderlich ist, dann wird die Maßnahme erst mit der Parlamentsentscheidung wirksam.“ Der oberste Richter Deutschlands brach eine Lanze für den Föderalismus. „Frankreich kennt keinen Föderalismus und kommt mit seinem zentralstaatlichen Ansatz bisher schlechter durch die Krise als Deutschland“, sagte er. „Auch bei uns wäre in den vergangenen Jahrzehnten nicht automatisch alles besser geworden, wenn jede Detailentscheidung für den Schwarzwald, das Ruhrgebiet oder die Ostseeküste in Berlin getroffen worden wäre.“ Harbarth schränkte allerdings ein, es gebe Konstellationen, „in denen ein bundesweit einheitliches Vorgehen sinnvoller sein kann als föderale Vielfalt“. Das Grundgesetz gebe letztlich nur einen Rahmen vor, innerhalb dessen der Gesetzgeber sich für mehr oder weniger Föderalismus entscheiden könne.

CDU-Wirtschaftsrat verlangt Impfangebot für alle bis Juli

Der CDU-Wirtschaftsrat hat ein Impfangebot für alle Bürger bis Ende Juli gefordert. „Denn wenn Briten, Israelis und Amerikaner bis dahin ihre Grundrechte zurückhaben, ist auch bei uns das stumpfe Schwert des Lockdowns schlicht nicht mehr vermittelbar“, sagte Verbandsgeneralsekretär Wolfgang Steiger dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Damit die Wirtschaft eine Perspektive hat und wir alle endlich wieder normal leben können, braucht es deutlich mehr Tempo in der Impfkampagne“, forderte Steiger. Es müsse jetzt vor allem um die optimale Ausnutzung von Kapazitäten gehen. „Es ist doch niemandem mehr zu erklären, dass den Bürgern weitere Freiheitseinschränkungen zugemutet werden und gleichzeitig in manchen Bundesländern Impfzentren immer noch an Wochenenden oder den Ostertagen schließen.“ Vielmehr müsse es einen „Impfbetrieb rund um die Uhr“ geben. Falls Impfberechtigte ihre Termine nicht wahrnehmen, sollte Astrazeneca nach entsprechend  er Aufklärung freigegeben werden. Steiger: „Es kommt in dieser kritischen Phase auf jede Impfdosis an, wir können es uns schlicht nicht leisten, lang ersehnte Lieferungen ungenutzt zu entsorgen.“

VBE: Astrazeneca-Impfbeschränkung gefährdet Öffnung von Schulen

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sieht durch den Impfstopp bei Astrazeneca in der Altersgruppe der unter 60-Jährigen massive Probleme für die Öffnungsstrategie an den Schulen. „Mit dem Wegfall des Impfstoffs Astrazeneca ist die Öffnungsstrategie ins Wanken geraten“, sagte VBE-Chef Udo Beckmann dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Die sich abzeichnende Perspektive, dass vielerorts den Lehrkräften ein Impfangebot gemacht werden kann, entpuppt sich damit als Fata Morgana.“ Mit großer Sorge sehe man, „dass die Neuinfektionszahlen bei Kindern im Grundschulalter in der Woche vor den Osterferien weiter rapide angestiegen sind“. Der Lehrergewerkschafter kritisierte: „Nicht zuletzt ist es unverantwortlich, dass immer mehr Bundesländer verlautbaren, Schulen inzidenzunabhängig offenhalten zu wollen. Das halten wir für völlig inakzeptabel, die Gesundheit der Beschäftigten und Schülerinnen und Schülern so aufs Spiel zu setzen.“ Den Lehr  kräften sei sehr bewusst, dass es das Beste sei, die Kinder in der Schule zu bilden, so Beckmann. Doch die Bedingungen dafür stimmten nicht. „Es kann von ungeimpften Lehrkräften nicht verlangt werden, sehenden Auges und vollen Risikos im Hochinzidenzgebiet Präsenzunterricht zu machen“, sagte er. „Die Politik darf die Antwort nicht schuldig bleiben, welche zusätzlichen Maßnahmen sie ergreifen wollen, um alle ausreichend zu schützen.“ +++