BND hält China für immer „rücksichtsloser“

Der Chef des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, ist wegen des Vorgehens Chinas besorgt. „Bei China beobachten wir schon länger eine sehr nachdrückliche, selbstbewusste und auch rücksichtslose Art, Interessen durchzusetzen – im politischen Raum, im nachrichtendienstlichen Raum, im wirtschaftlichen Raum, durchaus auch im militärischen Bereich. Das nimmt seit 2017 sehr stark zu“, sagte Kahl dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Auf die Frage, ob ihn dies besorge, sagte Kahl: „Ja, weil es auf mittlere Sicht auch unser Leben in Freiheit und Demokratie gefährdet.“ Zur grundsätzlichen Gefahr eines Angriffs auf die Infrastruktur in Deutschland sagte Kahl: „Insgesamt halte ich unsere kritische Infrastruktur für gut geschützt, aber keine Infrastruktur ist unverwundbar. Wir müssen uns auf neue Formen von Sabotage und von Spionage durch russische und durchaus auch durch andere Akteure einstellen, insbesondere im Cyberbereich.“

BND sieht in Russland noch weiteres Mobilisierungspotenzial

Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes Bruno Kahl hat das Potenzial Russlands zur Mobilisierung weiter Soldaten auf eine Million beziffert. „Im letzten Herbst wurden um die 300.000 Menschen mobilisiert und rekrutiert, die werden zum Teil noch ausgebildet, zum Teil sind sie schon ins Gefecht eingeführt“, sagte Kahl dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Das weitere Mobilisierungspotenzial Russlands ist ein Reservoir von bis zu einer Million Männern, wenn das als nötig erachtet wird im Kreml“, erklärte Kahl. Eine Verhandlungsbereitschaft sieht der Chef des BND bei Russlands Präsident Putin nicht. Auf die Frage, ob er bei Putin irgendeinen Willen sehe, Frieden zu schließen, sagte Kahl: „Überhaupt nicht. Im Moment geht es ihm darum, auf dem Schlachtfeld die Entscheidung zu suchen und so viele Vorteile wie möglich dort zu realisieren – um dann irgendwann vielleicht einen Frieden zu seinen Bedingungen zu diktieren.“

Zur Lage der Ukraine erklärte Kahl, der Kriegsverlauf sei in vielerlei Hinsicht völlig anders gekommen, als sowohl die Russen als auch die Ukrainer und der Westen das angenommen hätten. Am Anfang hätten die Russen gedacht, sie könnten „mit wenigen präzisen militärischen, eher symbolischen und demonstrativen Aktionen“ das Land unter Kontrolle bringen. Das habe nicht geklappt, und das habe den Ukrainern einen großen situativen Vorteil gebracht. „Erst viel später ist es den Russen gelungen, ihre quantitative Stärke auf dem Gefechtsfeld zur Geltung zu bringen“, sagte Kahl. Auch jetzt sei die Verteidigung des Landes gegen zahlenmäßig stark überlegene Russen noch sehr wirksam. „Aber das ist auf Dauer eine schwierige Auseinandersetzung, die auf Seiten der Ukrainer nur dann erfolgreich sein wird, wenn die Unterstützung des Westens wirklich sehr nachhaltig ist.“ Den Russen sei es gelungen, diese Überraschungserfolge der Ukrainer zu stoppen. „Es ist jetzt eher ein Stellungskrieg, ein sehr grausamer, brutaler Abnutzungskrieg.“ Zur Debatte um eine Frühjahrsoffensive sagte Kahl: „Was jetzt Offensive genannt wird, ist eigentlich eine Verstärkung dessen, was wir ohnehin schon sehen. Im Donbass, wo der Schwerpunkt des russischen Angriffs ist, werden immer mehr Truppen zugeführt.“ +++