BKA geht nach Nord-Stream-Lecks von staatlicher Sabotage aus

Estland will gemeinsame NATO-Unterwasserüberwachung

Das Bundeskriminalamt (BKA) geht von einer gezielten Sabotage der Pipelines Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee aus. Das geht aus einem Schreiben des Staatsschutzes an Vertreter der Wirtschaft hervor, über das der „Spiegel“ berichtet. Zwar habe das BKA bisher noch keine Erkenntnisse zur Urheberschaft der Sabotage der Nord-Stream-Pipelines, doch erscheine insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Komplexität der Tatausführung sowie einer entsprechenden Vorbereitung das Agieren staatlicher Akteure wahrscheinlich, heißt in dem Papier weiter. An den von Russland nach Deutschland führenden Pipelines Nord Stream 1 und 2 waren vor der dänischen Insel Bornholm mehrere Lecks entdeckt worden.

Einem offiziellen dänisch-schwedischen Bericht zufolge wurden die Lecks durch Explosionen mit enormer Sprengkraft verursacht. In seinem Schreiben an die deutsche Wirtschaft warnt das BKA nun, dass es zu weiteren Sabotageaktionen gegen die sogenannte kritische Infrastruktur kommen könnte – in quantitativ und gegebenenfalls auch qualitativ gesteigerter Form. Attacken könnten sich gegen Gas- und Stromleitungen sowie Internetkabel in der Tiefsee richten, schreiben die Staatsschützer, aber auch Offshore-Anlagen oder Einrichtungen an Land wie LNG-Terminals oder Windkraftanlagen könnten ein weiteres Angriffsziel darstellen. Auch Cyberattacken seien hier in Betracht zu ziehen, heißt es dem „Spiegel“ zufolge im Papier des BKA. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat eine Untersuchung der Vorfälle durch eine gemeinsame Ermittlungsgruppe von Dänemark, Schweden und Deutschland angekündigt. Nach Angaben von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) könnte die Angelegenheit auch ein Fall für den Generalbundesanwalt in Karlsruhe werden. Im Raum stehe eine mögliche verfassungsfeindliche Sabotage mit Auswirkungen auf Deutschland.

Estland will gemeinsame NATO-Unterwasserüberwachung

Nach dem mutmaßlichen Anschlag auf die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee fordert der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur eine gemeinsame Unterwasserüberwachung der NATO. „Die NATO betreibt seit Jahren air policing, also Luftraumüberwachung, über der Ostsee“, sagte er der „Zeit“. Man sollte deshalb jetzt auch über „sub policing“ nachdenken, also Unterwasserüberwachung. Während die Luft- und Landaufklärung der NATO bereits gut sei, habe das Bündnis zu wenige Informationen über die Meere. „Was die Meere angeht, wissen wir nur, was sich an der Oberfläche tut. Darunter wird es schwierig.“ Finnland und Schweden hätten gute Aufklärungssysteme und er hoffe, dass die beiden Länder diese Informationen in Zukunft stärker mit der NATO teilen. Auch Deutschland sieht der estnische Verteidigungsminister in der Pflicht: „Alles, was Deutschland dazu beitragen kann, dass wir ein besseres Bild davon bekommen, was unter Wasser passiert, ist will  kommen“, sagte Pevkur. „Das Bewusstsein, dass wir dort bessere Aufklärung brauchen, ist ja jetzt immerhin da.“ Er äußert sich auch zu der Frage, wer für die Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines verantwortlich sein könnte: „Wir müssen natürlich noch die Ermittlungen abwarten, wir haben noch keine Beweise. Aber der einzige Staat, der ein Interesse an dieser Sabotage hat, ist Russland.“ +++

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