Bildungsgelder vom Bund gehen in Hessen komplett an die Hochschulen

Wiesbaden. Bund und Länder hatten sich in der vergangenen Woche in der lange umstrittenen Frage der Bildungsfinanzierung auf eine Kostenübernahme beim Bafög durch den Bund geeinigt. Für die Länder bedeutet das eine jährliche Entlastung von insgesamt rund 1,1 Milliarden Euro. Die Fraktionsvorsitzenden von CDU und Grünen im Hessischen Landtag, Michael Boddenberg und Mathias Wagner, erklärten dazu: „Die Zusage des Bundes ist ein wichtiger Schritt, damit in den Ländern insgesamt deutlich mehr Geld für Bildung zur Verfügung steht.

Die Koalitionsfraktionen haben sich heute darauf verständigt, dass die durch die Bafög-Übernahme des Bundes frei werdenden Mittel im Landeshaushalt künftig zu 100 Prozent für den Hochschulbereich zur Verfügung stehen werden. Mit der 105-Prozent-Lehrerversorgung und der Zusage, die so genannte demografische Rendite komplett für Verbesserungen an unseren Schulen zu verwenden, haben wir im Bereich des Kultusministeriums bereits eine bundesweit einmalige Schwerpunktsetzung für Bildung. Deshalb haben wir uns entschieden, die zusätzlichen Mittel des Bundes komplett in die Hochschulen zu investieren.“

Indem der Bund die alleinige Finanzierung des Bafög für Schüler und Studierende übernimmt, wird Hessen kurzfristig um 81 Millionen Euro pro Jahr entlastet. „Diese rund 80 Millionen Euro können wir gut brauchen“, stellte Finanzminister Dr. Thomas Schäfer klar. „In den kommenden Jahren stehen die Hochschulen angesichts weiter steigender Studierendenzahlen vor großen Herausforderungen. Dabei wollen wir sie noch besser unterstützen.“ So wolle die schwarz-grüne Koalition den Hessischen Hochschulpakt fortschreiben und könne ihn dank der Bundesmittel weiter ausbauen. Auch im Rahmen des Hochschulpaktes des Bundes könne die 2. Förderphase (2015-2018) noch besser ausgestaltet werden. Darüber hinaus werde der Bund in Kürze mit der 3. Förderphase auf die Länder zukommen. „Allein diese beiden Zusatzanforderungen durch die weiteren Bundesmittel, die ungleich höher vom Land kozufinanzieren sind, können Belastungen von über 100 Millionen Euro pro Jahr im Landeshaushalt auslösen“, so Schäfer.

Daher sei vorgesehen, dass das Land ab 2015 einen „Sonderfonds Hochschulen“ einrichte, über den die im Haushalt frei werdenden Mittel für die Wissenschaft, Forschung und Lehre zur Verfügung gestellt werden. „Damit dokumentieren wir, dass das Geld zur Finanzierung der Aufgaben der verschiedenen Hochschulpakte 1:1 für den Hochschulbereich zur Verfügung stehen wird“, betonte Schäfer. Wissenschaftsminister Boris Rhein begrüßte die Entscheidung der Koalitionspartner: „Heute ist ein guter Tag für die Hochschulen. Wir senden ein wichtiges Signal an Wissenschaft, Forschung und Lehre. Mit dem Sonderfonds belegen wir sowohl gegenüber dem Bund als auch gegenüber der Öffentlichkeit, dass wir die Gelder ausschließlich für die Hochschulen verwenden werden. Die Zukunft Hessens entscheidet sich ganz maßgeblich an der Entwicklung von Wissenschaft Forschung und Lehre. Nur mit der Aufrechterhaltung der Innovationsfähigkeit unseres Landes sind Wohlstand und nachhaltiges Wachstum auch für die kommenden Generationen möglich. Wir haben es in der Hand – auch mithilfe der Bildungsmillionen – eine nachhaltige Grundlage dafür zu schaffen, dass die Erfolgsgeschichte des Wissenschaftslandes Hessen weitergeschrieben werden kann.“

Der Bund hat außerdem zugesagt, auch in den kommenden Jahren insgesamt 3 Milliarden Euro für außeruniversitäre Forschung, die Exzellenzinitiative und weitere Forschungsprogramme zur Verfügung zu stellen. Neben Hochschulen und Forschungseinrichtungen wird sich der Bund auch an den zusätzlichen Investitionen in den Kita-Ausbau beteiligen, in dem er sein Sondervermögen Kinderbetreuung um 550 Mio. Euro aufstockt. Für die hessischen Kommunen stehen dadurch in den Jahren 2015 und 2016 noch einmal 27 Millionen Euro an Investitionskostenzuschüssen zusätzlich zu Verfügung. Und in den Folgejahren 2017 und 2018 gibt es noch einmal jeweils 7 Millionen Euro Betriebskostenzuschüsse. Darüber hinaus werden die Kommunen bereits ab 1. 1. 2015 im Vorgriff auf das Bundesteilhabegesetz in Höhe von 1 Milliarde Euro pro Jahr durch den Bund entlastet. Für die hessischen Kommunen sind das ab 2015 rund 80 Millionen Euro jährlich für die Eingliederungshilfe. Nach 2017 soll in Form des Bundesteilhabegesetzes die vollständige Entlastung erfolgen, die für die hessischen Kommunen dann ca. 350 – 400 Millionen Euro jährlich ausmachen wird.

FDP: CDU-Minister lassen Hessens Schulen leer ausgehen

Als „verheerendes Signal für die Weiterentwicklung der Ganztagsangebote und die Qualitätsverbesserung in der Lehrerausbildung“ bezeichnete der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, Wolfgang Greilich, die heutige Ankündigung von Wissenschaftsminister Rhein und Finanzminister Schäfer, dass Hessens Schulen nicht von den freiwerdenden BaföG-Mitteln profitieren werden: „Es hat sich damit bewahrheitet, was wir im Vorfeld befürchtet haben: Die CDU-Minister lassen die hessischen Schulen leer ausgehen und haben offensichtlich kein Interesse daran, die Qualität im Bildungsbereich voranzubringen. Denn die schwarz-grüne Koalition lässt damit eine hervorragende Möglichkeit ungenutzt, um die wichtige Schaffung von qualitativ hochwertigen Ganztagsangeboten durch die nun zusätzlich vorhandenen finanziellen Mittel zu fördern. Damit entlarvt die Regierungskoalition all ihre vollmundigen Versprechen in diesem Bereich bedauerlicherweise als bloße Lippenbekenntnisse.“

SPD: Bildung ist mehr als Hochschulbildung

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Christoph Degen hat die heutige Ankündigung der Landesregierung, die freiwerdenden BaföG-Mittel in einen Sonderfonds für die Hochschulen zu investieren, als „grundsätzlich gute Verwendung der von SPD und CDU eingeleiteten finanziellen Entlastung beim BaföG“ bezeichnet. „Man darf aber nicht vergessen, dass es insbesondere die SPD war, die diese Entlastung voran getrieben hat. Es muss für das Land eine Selbstverständlichkeit sein, dieses frei werdende Geld auch wieder in die Bildung zu investieren. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Bildung mehr ist, als nur Hochschule. Wir hätten uns gewünscht, dass es eine Verteilung der Gelder auf den gesamten Bildungsbereich gegeben hätte. Gerade auch in den Schulen gibt es in Hessen noch große Baustellen. Dazu gehört der überfällige Ausbau echter Ganztagsschulen, genauso wie die Stärkung der Inklusion und der frühkindliche Bildung. Leider kommen diese Felder nun nicht in den Genuss von Etataufstockungen“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Wiesbaden. +++ fuldainfo