Bericht: Fast 300 Deutsche im Visier von Interpol

Im August war Interpol in die Kritik geraten

Festnahme

Lyon. Fast 300 deutsche Staatsangehörige stehen im Visier der internationalen Polizeibehörde Interpol:. Allein 225 Deutsche sind bei der weltweit agierenden Behörde mit einer sogenannten „Red Notice“ gespeichert, mit der ein anderer Staat einen mutmaßlichen Straftäter zur Festnahme zum Zweck der Auslieferung ausschreibt, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Grünen im Bundestag.

In 17 Fällen liegt demnach bei Interpol eine „Blue Notice“ vor, mit deren Hilfe ein anderer Interpol-Staat den Aufenthaltsort eines Deutschen ermitteln will. Interpol hat zudem 19 „Yellow Notices“ zu deutschen Staatsbürgern gespeichert. Damit werden etwa vermisste Personen gesucht. Die Interpol-Ermittler warnen in 25 weiteren Fällen davor, dass der oder die Deutsche eine „Gefahr“ darstellen könne, eine sogenannte „Green Notice“. Zu sieben deutschen Staatsbürgern liegt Interpol eine „Special Notice“ der Vereinten Nationen vor. Dabei geht es um Personen, die vom UN-Sicherheitsrat mit Sanktionen belegt sind. Insgesamt sind laut Bundesregierung in den Interpol-Dateien derzeit somit 293 Einträge und Fahndungen zu deutschen Staatsangehörigen gespeichert.

Im August war Interpol in die Kritik geraten, als die spanische Polizei aufgrund einer „Red Notice“ von Interpol den deutschen Schriftsteller Dogan Akhanli während des Urlaubs in Granada festgenommen hatte. Noch immer sitzt Akhanli in Spanien fest. Die Türkei hat Akhanli über Interpol zur Fahndung ausgeschrieben. Deutsche Justizbehörden und die Bundesregierung sehen das Verfahren gegen den Publizisten jedoch als politisch motiviert an, da sich Akhanli immer wieder kritisch gegenüber der türkischen Regierung und dem Umgang mit dem Völkermord an den Armeniern äußert. Die Innenexpertin der Grünen, Irene Mihalic, äußert Kritik an dem Vorgehen von Interpol und der Bundesregierung. „Das Überschreiten einer europäischen Binnengrenze birgt auch für EU-Bürger heute noch das Risiko, in einen Drittstaat wie die Türkei ausgeliefert zu werden“, sagte Mihalic den Zeitungen. Das widerspreche der Idee eines gemeinsamen Europas. „Deutschland sollte sich daher schnell dafür einsetzen, dass die europäischen Staaten sich möglichst bald auf ein Verfahren einigen, das für Betroffene mehr Rechtssicherheit schafft.“ +++