Die Bundesregierung bereitet offenbar eine Beteiligung der Bundeswehr beim Abwurf von Hilfsgütern für den Gazastreifen aus der Luft vor. Bereits seit einigen Tagen laufen konkrete Gespräche zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium darüber, die Luftwaffe mit solchen Flügen zur Notversorgung der Zivilbevölkerung in dem Gebiet zu beauftragen, berichtet der „Spiegel“.
Frankreich hatte in den vergangenen Tagen bereits mehrmals mit Militärflugzeugen Hilfslieferungen über dem Gazastreifen abgeworfen. Da die Luftwaffe gemeinsam mit dem Nato-Partner eine kleine Flotte von Militärtransportern des Typs C130 betreibt, könne man von den bisherigen Erfahrungen der französischen Kameraden bei der Hilfsmission profitieren, hieß es. Die internationalen Abwürfe von Hilfslieferungen werden grundsätzlich eng mit Israel abgestimmt, damit es im Luftraum über Gaza zu keinen Komplikationen kommt.
Deutschland und die Europäische Kommission haben am Freitag bereits in einer gemeinsamen Erklärung mit weiteren Staaten angekündigt, dass man sich an der Errichtung eines Seekorridors für Hilfslieferungen nach Gaza wolle. Dabei soll auf der „Amalthea“-Initiative Zyperns aufgebaut werden, wonach die Schiffslieferungen in Zypern gesammelt, verwaltet und losgeschickt werden sollen. Zudem solle eine Versorgung über Land- und Luftwege aus Ägypten und Jordanien geprüft werden, hieß es.
Laut „Spiegel“ laufen derzeit die Abstimmungen mit den internationalen Partnern auf Hochtouren. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es demnach, die Diplomatin Deike Potzel, Sondergesandte für humanitäre Fragen im Nahen Osten, halte sich dazu gerade auf Zypern auf. Die Bundeswehr prüft laut „Spiegel“ bereits, ob man die Seebrücke für Gaza auch mit der Marine unterstützen könnte. Ob die Marine tatsächlich zum Einsatz komme, sei offen. So gehen die Militärs derzeit davon aus, dass bei der Errichtung eines provisorischen Hafens zunächst Pioniere und nicht die Marine gefragt seien. Nach der Fertigstellung könnten die Hilfslieferungen vermutlich auch mit zivilen Schiffen transportiert werden.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) machte bereits bei einer Pressekonferenz am Donnerstag deutlich, dass Hilfslieferungen über den Seeweg und aus der Luft nicht das bevorzugte Mittel sind. „Dass wir statt Lkws nun auch Schiffe und Flugzeuge beladen, obwohl das viel komplizierter ist, zeigt vor allen Dingen eins: Über Land kommt viel zu wenig Hilfe nach Gaza. Das muss sich ändern.“ Das habe man in den letzten Wochen immer wieder unterstrichen, so Baerbock. „Die israelische Regierung muss endlich mehr Grenzübergänge für humanitäre Lieferungen öffnen und sicherstellen, dass diese Hilfe dann auch ankommt. Das ist ihre Verantwortung.“
Die Bundesregierung will zudem Jordanien und das Welternährungsprogramm dabei unterstützen, „ihre Flieger zu füllen und Hilfslieferungen über Gaza abzuwerfen“, so die Außenministerin. „Das ist eigentlich nicht der effizienteste Weg, aber angesichts der weiterhin nicht geöffneten Grenzübergänge dringend nötig, denn der völlige Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung in Gaza macht klar: So kann es und so darf es nicht weitergehen.“ +++