Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sieht noch "viel Potenzial" dafür, die Zusammenarbeit mit China weiter auszubauen. Das Interesse an wirtschaftlicher Kooperation zeige, dass Deutschland kein "Decoupling" wolle, sagte sie am Freitag im Rahmen ihres Staatsbesuchs in der Volksrepublik. Gleichzeitig nähmen deutsche Unternehmen wahr, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren verändert hätten: "Der deutsche Rechtsstaat garantiert chinesischen Unternehmen in Deutschland faire Bedingungen, gleiches erwarten wir auch für deutsche Investitionen in China", fügte sie hinzu. "Wettbewerbschancen auf Augenhöhe" seien eine Voraussetzung für "fairen wirtschaftlichen Austausch zwischen unseren Ländern".
Einseitige Abhängigkeiten gefährdeten die Sicherheit. "Deswegen befürworten wir als europäische Union den Ansatz von De-risking, also Risikominimierung, sowie auch China seit vielen Jahren systematisch daran arbeitet, eigene Abhängigkeiten zu verringern", so die Ministerin. Darüber hinaus warnte Baerbock auch vor einer Eskalation im Konflikt mit Taiwan. Eine "Destabilisierung der Straße von Taiwan" hätte "dramatische Folgen für jedes Land auf der Welt", sagte die Grünen-Politikerin. Man stehe "fest zu unserer Ein-China-Politik", aber Konflikte dürften "nur friedlich" gelöst werden. "Eine einseitige und erst recht gewaltsame Veränderung des Status quo wäre für uns als Europäer nicht akzeptabel", so die Außenministerin. Am Freitag und Samstag stehen für Baerbock Gespräche mit ihrem chinesischen Amtskollegen Qin Gang und dem ranghohen Außenpolitiker Wang Yi an. Für sie ist es der erste Staatsbesuch in China als Außenministerin.
SPD-Flügel warnt Baerbock und Habeck vor "Anti-China-Strategie"
Der konservative Flügel der SPD fordert eine pragmatischere Chinapolitik. Angesichts der Abhängigkeiten von der Volksrepublik müsse die Bundesregierung eine abgestimmte und einheitliche Strategie vorlegen, heißt es in einem Thesenpapier des Seeheimer Kreises, dem nach eigenen Angaben 93 Bundestagsabgeordnete angehören. Deutliche Kritik üben die Sozialdemokraten an Außenministerin Annalena Baerbock und Vizekanzler Robert Habeck (beide Grüne). "Aktuell hangeln sich Baerbock und Habeck von Einzelfall zu Einzelfall", sagte der SPD-Abgeordnete Esra Limbacher, wie der "Spiegel" schreibt. "Im Zentrum steht mehr die innenpolitische Symbolkraft getroffener Maßnahmen als eine weitsichtige Politik." Mit 250 Milliarden Euro pro Jahr sei das deutsch-chinesische Handelsvolumen mehr als viermal so groß wie jenes mit Russland vor dem Ukrainekrieg, heißt es in dem Papier. "Ein abruptes Ende der Handelsbeziehungen mit China wäre ein ökonomisches Desaster", warnen die Seeheimer. "Insofern darf eine kohärente Chinastrategie folgerichtig keine Anti-China-Strategie sein." Die Autoren appellieren an das Auswärtige Amt, von einer allzu konfrontativen Haltung abzusehen. Deutschland müsse mit China eine "Wirtschaftspolitik auf Augenhöhe" anstreben, etwa wenn es darum gehe, beidseitig Hürden für Direktinvestitionen abzubauen.
Taiwan fordert Deutschland zu klarer Positionierung auf
Der taiwanische Repräsentant in Deutschland, Jhy-Wey Shieh, hat die Bundesregierung dazu aufgefordert, sich in der Taiwan-Frage vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu distanzieren. "Es ist wichtig, dass Deutschland durch Taten klarmacht, dass Macrons Aussagen nicht für Europa stehen", sagte er der "Welt am Sonntag". Macron hatte auf dem Rückflug von seiner dreitägigen China-Reise am vergangenen Wochenende gesagt, dass es nicht im Interesse Europas sei, sich in einen Konflikt zwischen den USA und China um die demokratisch regierte Insel hineinziehen zu lassen. "Deutschland darf nicht neutral bleiben, wenn China Gewalt gegen Taiwan anwendet", sagte Shieh. Im Systemkonflikt mit Peking müsse Berlin "an der Seite der taiwanischen Demokratie stehen", so der Diplomat. "Würde sich Deutschland aus wirtschaftlichen Interessen von Taiwan abwenden, würde sich China sehr freuen und uns mit Gewalt einverleiben." Der taiwanesische Repräsentant legte der Bundesregierung zudem nahe, "eine Zeitenwende im Verhältnis zu China" zu vollziehen, "bevor sich Xi Jinping eine Scheibe von Putin abschneidet". +++









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