Bad-Hersfeld. Am gestrigen Freitag wurden die 64. Bad Hersfelder Festspiele eröffnet. Durch das Programm führte der Intendant der Bad Hersfelder Festspiele, Holk Freytag. Nach einem Grußwort des Bürgermeisters der Stadt Bad Hersfeld, Thomas Fehling, hatte Staatsminister Michael Roth während eines Festaktes die Festrede in der Stiftsruine in Bad Hersfeld gehalten. Die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann hat die Festspiele offiziell eröffnet.
„Man kann die Festspiele hier wahrlich nicht nur als kulturellen Leuchtturm Hessens, sondern der ganzen Bundesrepublik bezeichnen“, sagte die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann anlässlich der gestrigen Eröffnung der 64. Bad Hersfelder Festspiele. „Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass unser Bundespräsident im Gegenzug zu der Einladung zu den Salzburger Festspielen im letzten Jahr, nunmehr gemeinsam mit seinem Amtskollegen aus Österreich den Bad Hersfelder Festspielen die Ehre gibt, bei der Aufführung der „Maria Stuart“ im Juli anwesend zu sein“, sagte Kühne-Hörmann in ihrer Eröffnungsrede in der Stiftsruine.
„Ich möchte Ihnen aber allen, die die Mühen auf sich genommen haben, um das diesjährige Festspielprogramm auf die Beine zu stellen sagen, dass es sich lohnt, so viel in Theater und Kultur zu investieren. Dies werden Sie – da bin ich mir ganz sicher – auch in diesem Jahr wieder an der Reaktion des Publikums ablesen können. Denn das treue Publikum hier in Bad Hersfeld weiß den Einsatz und die Arbeit zu schätzen, die hinter einem so hochkarätigen Programm stehen, wie es hier geboten wird. Deswegen bin ich überzeugt, dass auch in diesem Jahr – trotz der Fußballweltmeisterschaft – sich wieder zahlreiche Besucher auf den Weg nach Bad Hersfeld machen, um das diesjährige Programm zu genießen. Ich wünsche Ihnen und uns allen in den kommenden Wochen ein Publikum, das gut unterhalten und um viele Sinneseindrücke bereichert wird“, sagte Justizministerin Eva Kühne-Hörmann.
„Die Bad Hersfelder Festspiele sind ein Bekenntnis zur Freiheit“, sagte Staatsminister Michael Roth in seiner Festrede. „So fing es 1951 an: als kultureller Leuchtturm gegen den doktrinären Geist der Unfreiheit und Unterdrückung, der wenige Kilometer weiter östlich herrschte. Wir hier wissen, wie kostbar und verletzbar zugleich die Freiheit ist. Für uns waren bis vor 25 Jahren Grenzenlosigkeit und Freiheit beschränkt. Wie einige wissen, bin ich in Heringen zu Hause. Noch nicht mal einen Kilometer Luftlinie von der Grenze zur damaligen DDR bin ich aufgewachsen. Hinter dem Horizont in Richtung Osten ging es bis zu meinem Abitur nicht weiter. Da hatte Udo Lindenberg eben mal Unrecht. Denn dort standen Mauer, Zaun und Selbstschussanlagen“, sagte Staatsminister Michael Roth.
„Auch für mich war damals unvorstellbar, dass sich an dieser buchstäblich in Beton gegossenen Realität jemals etwas ändern würde. Das war furchtbar für die Menschen, insbesondere für unsere Landsleute in der ehemaligen DDR. Aber auch unsere Region hat darunter gelitten: Bad Hersfeld lag durch die deutsche Teilung vier lange Jahrzehnte im Abseits. ‚Zonenrandgebiet’ – ein Wort, so kalt und technokratisch, dass man sich kaum vorstellen kann, dass der vermeintliche Standortnachteil für das kulturelle Leben in unserer Region ein Glücksfall war. Denn – auch dank der Fördermittel aus dem Bundeshaushalt – spielten die Bad Hersfelder Festspiele eine ganz besondere Rolle für die Kulturlandschaft, und vor allem die Theaterszene der frühen Bundesrepublik. Diese herausgehobene Bedeutung zeigte sich auch darin, dass die Festspiele bis 2009, fast sechs Jahrzehnte lang, unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten standen“, sagte Roth in seiner Festrede.
Weiter sagte er: „Unsere Festspiele werden nicht überleben als Kopie von Bayreuth. Und wir brauchen weder Thomas Gottschalk noch Roberto Blanco. Wir brauchen die Geister der Freiheit. Ja, das ist sicher mit mancher Zumutung verbunden. Mit kritischen Leserbriefen, stürmischen Debatten am Stammtisch und im Magistrat, vielleicht sogar mit leeren Sitzreihen in dieser wunderbaren Ruine. Die Festspiele werden überleben, wenn sie sich definieren als Teil der künstlerischen Verständigung in und um Europa. Wir liegen mittendrin. Und haben etwas zu erzählen: Kleine und große Geschichten über die Behauptung der Freiheit. Über den langen Kampf dieses Kontinents, der noch lange nicht beendet ist. Und mittendrin leuchtet Bad Hersfeld. Lassen wir die Festspiele strahlen – über die Grenzen unserer Stadt und Region hinaus.“
Durch das Programm führte der Intendant der Bad Hersfelder Festspiele, Holk Freytag. Der musikalische Leiter des Schauspiels, Wolfgang Schmidtke, gestaltete mit seiner Band und der Sängerin Luiza Braz Batista den musikalischen Teil des Festaktes. Die Tänzerin und Sängerin hat sich unter anderem mit ihrer Zusammenarbeit mit Pina Bausch einen Namen gemacht. Nikolaus Kinsky und Wolfgang Jaroschka haben mit einer Szene aus Schillers Don Carlos auf die Premiere am Abend eingestimmt. Schillers Maria Stuart mit Gerit Kling und Marie Therese Futterknecht in den Hauptrollen eröffnete die Premierenreihe dieses Sommers.
Die 64. Spielzeit hat Intendant Holk Freytag unter den Titel „MACHT UND MENSCHLICHKEIT“ gestellt. Er sagte dazu: „Menschen vertreiben und töten andere Menschen, erheben sich über andere und greifen bereitwillig zur brutalsten Form der Auseinandersetzung, zum Krieg. Seit Jahrtausenden befindet sich die Menschheit im Kreislauf der Gewalt. Trotz dieser ernüchternden Tatsache war es von jeher die vornehmste Aufgabe des Theaters, sich gegen diesen Kreislauf aufzulehnen und die Utopie der Gewaltlosigkeit auszurufen.“
Als Angebot für die ganze Familie ist ab Samstag DON QUIJOTE in der Fassung von Tobias Bungter, der mit Laura Quarg auch Regie führt, als Uraufführung zu sehen. KISS ME, KATE, das Musical dieses Sommers mit Katharine Mehrling (alternierend: Milica Jovanovic) und Thomas Borchert in der Regie von Stefan Huber feiert am 18. Juni Premiere. Danach folgt eine Welt-Uraufführung: Zum ersten Mal wird auf einer Bühne DIE WANDERHURE nach dem Roman von Iny Lorentz gezeigt. Außerdem wird in der Stiftsruine DER NAME DER ROSE nach Umberto Eco wieder aufgenommen. Im Schloss Eichhof ist SEKRETÄRINNEN und in der Martinskirche in Bad Hersfeld DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK zu sehen.
Die 64. Spielzeit endet am 3. August 2014. Durchschnittlich werden die 100 Vorstellungen und Veranstaltungen der renommierten Festspiele von etwa 100.000 Gästen aus der Region und dem gesamten deutschsprachigen Raum besucht. Zentrum der Festspiele ist die historische Stiftsruine, die mit ihrer Freilichtbühne und einem bei Bedarf überdachbaren Zuschauerraum ein beliebtes Ziel in der Mitte Deutschlands ist. +++ fuldainfo
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