Kassel. Einen erneuten Rückgang der Anzeigen und Einnahmen verzeichnet die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Hessen beim Regierungspräsidium Kassel. Das teilte Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke mit, als er jetzt die Jahresbilanz der ZBS vorstellte. Im Jahr 2014 gingen insgesamt 1.239.957 Anzeigen in der Zentralen Bußgeldstelle des Landes Hessen beim Regierungspräsidium Kassel ein. Damit lag der Wert um etwa 10.000 unter dem Anzeigeneingang 2013, als 1.250.015 Anzeigen erstattet wurden.
Von den Anzeigen im Jahr 2014 betrafen 805.838 geringfügige Verkehrsverstöße, also Verstöße mit Regelgeldbuße bis 55 Euro. Das sind rund 65 Prozent. Etwa 296.000 oder 37 Prozent dieser geringfügigen Verkehrsverstöße waren zuvor bei den örtlichen Ordnungsbehörden anhängig und wurden nach erfolgloser Verwarnung an die Zentrale Bußgeldstelle übergeleitet. Die Anzahl der angezeigten schwerwiegenden Verkehrsverstöße, bewehrt mit einer Regelgeldbuße ab 60 Euro, belief sich auf 434.119. Darin sind auch Unfallanzeigen enthalten, die in der späteren sanktionsrechtlichen Bewertung als geringfügig eingestuft wurden. Insgesamt erstattete die Polizei 41.386 Verkehrsunfallanzeigen. 141.391 der schwerwiegenden Anzeigen kamen von den örtlichen Ordnungsbehörden. Von den Geldbußen, die aufgrund dieser Anzeigen gezahlt werden, überweist das Land Hessen 40% an die Anzeige erstattenden Städte und Gemeinden.
267 Anzeigen betrafen Gefahrgutverstöße
In 544 Fällen leitete die Behörde Verfallsverfahren ein, in denen der durch Überladungen und ähnliche Verstöße erzielte Gewinn unmittelbar bei den Fahrzeughaltern abgeschöpft wird. Von diesem Verfolgungsinstrument wird zunehmend Gebrauch gemacht. Ein geringer Teil der Anzeigen hatte Ordnungswidrigkeiten außerhalb des Straßenverkehrs zum Gegenstand. So wurden785 Verstöße wegen Personalienverweigerung 2014 zur Anzeige gebracht. Einnahmen für den Landeshaushalt Aus den verfolgten Ordnungswidrigkeiten flossen 2014 62.918.899,09 Euro in den Landeshaushalt. Im Jahr 2013 gingen 64.226.691,28 Euro ein. Die gesunkenen Einnahmen sind im Wesentlichen auf das allgemein geringere Anzeigenaufkommen zurückzuführen.
Verfolgung und Vollstreckung
In rund 8,3 Millionen Verfahrensschritten wickelten die Mitarbeiter der Zentralen Bußgeldstelle die eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren über die Verfahrenssoftware OWi21 ab. Die Sachbearbeiter erließen 477.000 Bußgeldbescheide, davon 32.000 mit Fahrverbot. 14.000 Bußgeldbescheide betrafen Halt- und Parkverstöße, 126.000 andere geringfügige Verstöße. In Verfahren wegen Halt- und Parkverstößen wurden 174.000 Kostenbescheide gemäß § 25a StVG erlassen, weil in Verfahren, in denen beschuldigte Fahrerinnen oder Fahrer nicht ermittelt werden können, die Verfahrenskosten dem Fahrzeughalter oder der Halterin angelastet werden. In 30.000 Fällen gaben die Sachbearbeiter die Verfahrensakten aufgrund von Einsprüchen, in 1.600 Fällen wegen anderer Rechtsbehelfe oder wegen Strafverdachts an die Justiz ab. Die Vollstreckung von Geldforderungen wurde in 163.000 Fällen eingeleitet, Erzwingungshaft in 10.000 Fällen beantragt. 176.000-mal mussten Ermittlungen veranlasst werden. Aufenthaltsermittlungen waren 87.000-mal erforderlich. Zur Entgegennahme der Führerscheine waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fahrverbotsverwaltung in 30.504 Fällen tätig. In 1.700 Fällen musste die Beschlagnahme des Führerscheins angeordnet werden, um die Betroffenen zur Abgabe ihres Führerscheins zu bewegen.
Abgeschlossene Verfahren
Im Jahr 2014 schloss die Zentrale Bußgeldstelle 1.285.475 Verfahren ab. In 979.000 Fällen zahlten die Betroffenen die Ihnen auferlegten Geldbeträge, davon in 448.000 Fällen nach schriftlicher Verwarnung, in 330.000 Fällen nach Bußgeldbescheid, in 30.000 Fällen nach Mahnung, in 39.000 Fällen nach Vollstreckung und in 6.000 Fällen nach Einleitung des Erzwingungshaftverfahrens. Kostenbescheide gemäß § 25a StVG gingen in 125.000 Fällen der Zahlung voraus. Die Zahlungsbereitschaft musste davon in 20.000 Fällen durch eine Mahnung und in 39.000 Fällen durch Vollstreckungsmaßnahmen geweckt werden. Rund 161.000 Verfahren wurden 2014 eingestellt.
Arten der Verkehrsverstöße, Alter der betroffenen Personen
65 Prozent der anhängigen Verfahren betrafen Geschwindigkeitsüberschreitungen. Auch die Halt- und Parkverstöße nahmen mit 19 Prozent einen breiten Raum ein. Der Anteil der Verfahren aufgrund von Verkehrsunfällen belief sich auf 6 Prozent. Bei etwas über einem Prozent lag der Anteil der festgestellten Verstöße gegen die Anschnallpflicht und das Handyverbot. Auch Rotlichtverstöße sowie Verfahren wegen versäumter Hauptuntersuchung bewegten sich in dieser Größenordnung. Der Anteil aller anderen Verstoßarten lag unter einem Prozent. Die Zahl der Alkohol- und Drogenverstöße belief sich auf insgesamt 4.054. Davon entfielen 54 auf Fahranfänger, für die das erst vor wenigen Jahren eingeführte absolute Alkoholverbot gilt. In 295 Fällen wurden verschärfte Sanktionen wegen wiederholten Fahrens unter Alkohol- und Drogeneinfluss verhängt. 15 Kraftfahrer fielen auf, weil ihre Fahrzeuge bei winterlichen Straßenverhältnissen nicht mit den vorgeschriebenen Winterreifen ausgerüstet waren. Von den betroffenen Personen waren 0,07 Prozent bis 17 Jahre alt, 6,3 Prozent zwischen 18 und 24 Jahre alt und 7,7 Prozent 65 Jahre und älter. Die Altersgruppe von 45 bis 54 Jahren war bei allen Verstößen am stärksten vertreten. 23 Prozent aller Verfahren lief gegen diesen Personenkreis.
Aktuelle Entwicklungen
Am 01.05.2014 trat die „Punktereform“ in Kraft. Die Reform zeigt bisher keine spürbaren Auswirkungen auf das Verkehrsverhalten. Auch der Einnahmerückgang ist nicht darauf zurückzuführen. Verwarnungen, die früher nur bis 35 Euro ausgesprochen wurden, können seit dem 01.05.2014 bis zu 55 Euro verhängt werden. Bis auf wenige Ausnahmen sind jedoch die Regelsätze für die mehr als 500 Verstöße im Bußgeldkatalog unverändert geblieben. Spürbare Auswirkungen hat aber die Einführung der Online-Anhörung am 01.03.2015. Mehr Autofahrer als erwartet machen davon Gebrauch. Sie können nun zeitnah und einfach mit der Behörde kommunizieren. Die Bearbeitung in der Bußgeldstelle wird dadurch sicherer und einfacher. Bußgeldbescheide werden schneller auf den Weg gebracht. Die Nutzung des Internets schafft aber auch Probleme. Von „Ratschlägen“ aus dem Internet angesprochen, versuchen immer mehr Verkehrssünder, sich mit Tricks ihrer Verantwortung zu entziehen. Durch lange und wirre Texte glauben sie, die Behörde von der Verfolgung ablenken zu können. Sie fordern Einsicht in alle möglichen Unterlagen, erheben abwegige Geldforderungen oder unterbreiten der Behörde absurde Vertragsentwürfe. Sie gehen bis an die Grenze der Strafbarkeit oder darüber hinaus. So dürfen Verkehrssünder nicht einfach einen anderen als Fahrer benennen, wenn der tatsächlich nicht gefahren ist. Wegen des Verdachts der „falsche Verdächtigung“ werden solche Täuschungsversuche der Staatsanwaltschaft angezeigt. Nicht strafbar, aber auch auf Täuschung ausgelegt, sind die Versuche, Einsprüche in lange Texte zu verstecken. Offenbar in der Hoffnung, dass der Sachbearbeiter sie nicht entdeckt und die Sache verjähren lässt. Die Zentrale Bußgeldstelle ist auf solche Störmanöver eingestellt. Der clevere Sachbearbeiter kennt seine Pappenheimer. Er weiß, wie er damit angemessen umzugehen hat. +++ fuldainfo









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