Fulda. Die Negativ-Schlagzeilen im Finanzhaushalt bei der RhönEnergie reißen nicht ab. Wie nun bekannt wurde, droht jetzt auch dem Tochteruntenehmen der RhönEnergie, der Biothan GmbH, bei der Biothan-Anlage, rund 1,9 Mio. Euro Verlust. fuldainfo fragte beim osthessischen Konzernriesen nach und bat die Geschäftsführung um eine schriftliche Stellungnahme. Günter Bury, Sprecher der Geschäftsleitung, teilte uns auf unsere Anfrage mit, dass der Baubeschluss für die Errichtung der Biothan-Anlage in 2009, im Aufsichtsrat der ehemaligen Gas- und Wasserversorgung Osthessen GmbH gefasst wurde. Die Biothan-Anlage würde mehrere, innovative Technologien in sich vereinen und gelte daneben, für die umweltfreundliche Bio-Erdgasproduktion, als „Leuchtturm-Projekt“.
Die ursprünglichen Planziele der Biothan-Anlage hätten sich allerdings noch nicht erfüllt. Zurzeit würde die wirtschaftliche Situation dieses bundesweiten, einmaligen Projektes, noch durch Anfangsverluste bestimmt, dessen Ursachen darauf zurückzuführen seien, dass mit Auslastungsdefiziten und verfahrenstechnischen Problemen, die zu Beginn des Unternehmens, noch nicht abzusehen gewesen seien, jongliert werden musste. Dies führe laut Bury derzeit noch zu Mehrkosten und Minderlöhnen. Zwar würden diese Anfangsverluste 2014 höher ausfallen, als ursprünglich geplant, niemand habe aber auch erwarten können, dass die Anlage vom ersten Tag an, Gewinne schreibe. Insofern seien die Verluste laut Bury, weder „neu“ noch „schockierend“. Eine Hochrechnung vom Januar 2015 für das Geschäftsjahr 2014, lasse einen Jahresfehlbetrag in Höhe von ca. 1,9 Mio. Euro erwarten. Der Jahresabschluss 2014 sei noch in Arbeit und würde vor April nicht vorliegen. Mit einem umfangreichen Optimierungskonzept, inklusive einer zusätzlichen Investition von 2,5 Mio. Euro, das im abgelaufenen Jahr von der Biothan GmbH entwickelt und vom Aufsichtsrat beschlossen worden sei, solle die Biothan GmbH nun in die Lage versetzt werden, ab 2016 positive Ergebnisse zu erwirtschaften.
Im Detail stellen sich die Ausgangslage, die Herausforderungen und die erarbeiteten Lösungen, wie folgt dar: Im Juli 2012 sei die erste Ausbaustufe (Nassfermentation) der Biothan-Anlage auf dem Finkenberg in Großenlüder in Betrieb genommen worden, ein Jahr später sei die zweite Ausbaustufe (Trockenfermentation) gefolgt. In der Anlage würde durch Vergärung (mikrobieller Abbau organischer Stoffe unter Luftabschluss) von biogenen Abfallstoffen Biogas erzeugt. Als Einsatzstoffe (Gärsubstrate) würden Gewerbeabfälle (Nahrungsmittelreste, teilweise verpackt), Gülle und die Bioabfälle der Biotonne des Landkreises Fulda, eingesetzt werden; auf nachwachsende Rohstoffe werde komplett verzichtet. Das Biogas werde mit chemisch-physikalischer Verfahrenstechnik zu Bio-Erdgas (Bio-Methan) veredelt und in das Erdgasnetz der RhönEnergie Osthessen eingespeist. Die bei der Erzeugung des Biogases entstehenden Rückstände (Gärreste) würden in der Landwirtschaft als hochwertiges Düngemittel verwendet bzw. zu Gütekompost weiterverarbeitet werden. Mit dem Aufbau der Biothan-Anlage, sei echte Pionierarbeit geleistet worden. Schließlich handle es sich hierbei um die erste Anlage in Deutschland, bei dieser Nass- und Trockenvergärung, sowie die Kompostierung, kombiniert worden seien. Zudem würden alle Arbeitsschritte von der Abfallaufbereitung, bis hin zur Bio-Erdgaseinspeisung, von nur einem Unternehmen erbracht werden. Was einzelne Komponenten angehe, gebe es zwar vergleichbare Anlagen, das Biogas der meisten dieser Anlagen, würde jedoch zur Verstromung eingesetzt werden, wobei die bei der Verbrennung des Gases entstehende Wärme nur zum Teil als Prozesswärme genutzt werden könne.
Hingegen könne in der neuartigen Biothan-Anlage, durch die Veredelung des Biogases zu Bio-Erdgas, die im Biogas enthaltene Energie, optimal nutzbar gemacht werden. Insbesondere führe ein hoher Anteil an Sand und anderen Störstoffen, in der Biotonne zu einem erheblich höheren Verschleiß, wertvoller Komponenten, als ursprünglich geplant. Neben den Kosten für Ersatzteile und Reparaturen, würden daraus ein erhöhter Personaleinsatz sowie Stillstandszeiten resultieren. Der Sand gehöre eigentlich nicht in die Biotonne, gelange aber zum Beispiel über Blumenerde und Straßenkehricht doch hinein. Für die Lösung dieses Problems gibt es, laut Bury, zwei Ansätze: „Erstens wollen Stadt und Landkreis Fulda, ihre Öffentlichkeitsarbeit intensivieren, um den Bürgern zu vermitteln, was in die Biotonne entsorgt werden kann und was nicht. Zweitens plane die Biothan GmbH die Nachrüstung einer technischen Einrichtung, die es gesattet, den Sand abzutrennen- ähnlich wie dies in Kläranlagen geschieht.“ Eine weitere Schwierigkeit sei der hohe Verschleiß an Aktivkohle in den Filteranlagen, die dementsprechend häufiger, als ursprünglich erwartet, ausgewechselt werden müsse. Als Lösung würden nun extra Vor-Filter nachgerüstet werden. „Leider kann nur ein Teil der Substrate, wie etwa die Verwertung der Biotonne langfristig vertraglich abgesichert werden“, so Bury. „Weil aber viele Supermarktketten und Lebensmittelhersteller mittlerweile die Entsorgung in immer kürzeren Rhytmen neu ausschreiben, sind nunmehr bei Bioabfällen aus Gewerbe und Industrie häufig Verträge mit Laufzeiten von nur noch zwei Jahren möglich. Ursprünglich waren jedoch längerfristige Veträge mit Lieferanten geplant, deshalb muss die Biothan GmbH, nun häufiger und intensiver in der Akquise aktiv werden“, so der Geschäftsführer weiter.
In den vergangenen Monaten sei dies schon gelungen, sodass bereits erfolgreich größere Mengen an zusätzlichen organischen Reststoffen akquiriert werden konnten. Zudem würden derzeit Gespräche mit weiteren Lieferanten laufen. Dementsprechend gingen die Verantwortlichen der Biothan GmbH aktuell davon aus, dass spätestens 2016 die Anlagekapazität von 48 Gigawattstunden erreicht werden könne. Neben der Optimierung der Substratversorgung biete auch die Vermarktung der Gärreste Chancen für die Wirtschaftlichkeit der Anlage: „Der Kompost der Biothan erfüllt bereits heute die Vorgabe der Bundesgütegemeinschaft Kompost und hat hierfür 2014 auch das RAL-Gütezeichen erhalten. Testläufe zeigen, dass die Biothan darüber hinaus, sogar in der Lage ist, einen Biokompost zu erzeugen, der selbst, die noch sehr viel strengeren Vorgaben der Biolandbauverbände erfüllt“, so Günter Bury. Dementsprechend solle die Produktqualität weiter verbessert werden. Hierdurch würden neue Absatzmöglichkeiten und damit Einnahmepotentiale erschlossen, da dieses Segment auf dem Markt stark nachgefragt würde und zudem nicht in Konkurrenz, zu den sonstigen, festen und flüssigen Wirtschaftsdüngern sowie dem Klärschlamm stehe, der im Landkreis Fulda nahezu komplett landwirtschaftlich verwertet werde.+++ fuldainfo | ja/nh









and then
Auch die Verluste bei Biothan belasten mit 1,9 Millionen Euro.
Das überrascht nicht.
Schaut man sich das Konzept der Biothan-Anlage genauer an, so bestätigen sich alle frühen Zweifel an der grundsätzlichen Überlebensfähigkeit des Unternehmens.
Ökologisch und wirtschaftlich erscheint die Anlage sinnlos und sehr riskant.
Ökologisch wiedersinnig, weil der Energieaufwand zum Betrieb unverhältnismäßig hoch ist.
Schon die Logistik für den gesamten Stofftransport über riesige Entfernungen frisst Unmengen Energie und belastet dadurch unverantwortlich stark die Umwelt.
Das als hochwertiger Dünger beworbene Restmaterial ist mit diversen Risikostoffen durchsetzt.
Große Mengen Plastikmüll führen zu wirtschaftlich unlösbaren Entsorgungsproblemen.
Aus Sicherheitsgründen sollte das Substrat niemals auf Feldern verteilt werden, sondern sollte besser als Sondermüll entsorgt werden.
Es ist skandalös, was sich Fuldaer Politiker auf Kosten der Allgemeinheit andrehen lassen.
Biothan GmbH soll „nun in die Lage versetzt werden" ab 2016 positive Ergebnisse zu erwirtschaften.
Wird gezielt die Unverbindlichkeit dieser Formulierung genutzt?
Das ist weit weg von einer Zusage, dass die Anlage jemals Gewinn machen wird.
Weg wären dann die 23 Millionen € plus die zusätzlichen 2,5 Millionen €.
Die Fremdstoffe (Plastikteile) werden hauptsächlich von Biothan selbst eingebracht, durch die Entsorgung von abgelaufenen Lebensmitteln aus den Supermärkten.
Die durch den häuslichen Biomüll eingebrachten Kunststofffanteile sind hierzu viel geringer.
Die Verschmutzung der Gärreste durch Kunststoffe immer wieder auf die Bürger und ihren häuslichen Bioabfall zu schieben ist falsch. Biothan beschickt die Anlage mit Supermarktabfällen samt Verpackung.
Die mechanische Trennung scheint nicht ausreichend zu sein, sodaß mit Plastik verschmutzter Gärrest auf die landwirtschaftlichen Flächen gelangt.
Was ist an dieser Umweltverschmutzung Bio?
Vielen Dank für die Aufklärung!
Einige Anmerkungen:
"mit Kunststoffmüll belasteten Abfall" -> der dann von den Landwirten als "Dünger" auf die Felder ausgebracht werden soll.
"alle erkennbaren Risiken im Vorfeld sorgfältig geprüft" -> dieser Punkt betrifft auch viele andere Projekte der Rhönenergie, die letztlich leider alle (wie Terratherm) scheitern werden.
Resümee:
Der Versuch, städtischen Biomüll in einer Biogasanlage zu verwerten scheitert allein schon daran, daß man zig Tausenden Menschen nicht beibringen kann, in die Biotonne nur das reinzuwerfen, was da reingehört. Außerdem gehen Planer wohl all zu oft davon aus, daß sie nur den Hausbesitzer mit Garten sehen, der dort seine Gartenabfälle entsorgt. Bei Mietshäusern mit Gartenbereich sieht die Sache ganz anders aus: Nicht ein Gramm der Gartenabfälle wandert in die Biotonne, da die Gartenpflege oft von externen Firmen gemacht wird, die den Biomüll mitnehmen. Und den Mietern ist es wurschtegal, was sie da rein werfen, da sie davon nichts haben, den Müll zu trennen.
Daran zeigt sich, daß eine städtische Großanlage wie Biothan letztlich nichts bringt und wohl niemals wirtschaftlich wird arbeiten können.
Kleine ländliche Anlagen nach dem Modell Jühnde hingegen haben durchaus Zukunft, da die Anlagen auch im Besitz der Dorfbewohner sind und allein schon deswegen diese Interesse daran haben, dort keinen problematischen Abfall zu entsorgen. Ganz abgesehen davon, daß im ländlichen Raum durch die Landwirtschaft wesentlich mehr echtes, verwertbares Biomaterial (Gülle, Pflanzenabfälle u.a.) zur Verfügung steht, was einerseits für die Methanerzeugung, andererseits für die anschließende geruchsfreie Ausbringung als hochwertiger Dünger auf die Felder genutzt werden kann.
Biothan hingegen wird nur dann erfolgreich sein, wenn es gelingt, die Fremdstoffe vorher aus dem häuslichen Biomüll heraus zu sortieren. Das hingegen ist eine ziemlich stinkende Arbeit, die nicht jeder gerne macht.
Was mich interessieren würde: Gibt es überhaupt städtische Biogasanlagen, die gewinnbringend mit städtischem Bio(misch)müll arbeiten? Evtl. außerhalb von Deutschland?
@kleine Feder
Wenn jemand öffentliche Gelder in Höhe von 23 Millionen Euro investiert, sollte man erwarten, dass dabei alle erkennbaren Risiken im Vorfeld sorgfältig geprüft und bewertet werden.
Wenn er aber dennoch von einer „Pilotanlage" und „echte Pionierarbeit" spricht, so beschreibt er dagegen unkalkulierbar hohe Risiken.
Die Tatsache, dass bei dem Verwenden der Biotonne buchstäblich „Sand ins Getriebe" gerät, war von vornherein klar. Das ist jedem Laien verständlich, der jemals eine Biotonne mit Gartenabfällen bestückt hat. Das ist auch durch mehrsprachige tägliche Aufklärung niemals zu verhindern. Erkennbar werden schwerwiegende grundsätzliche Planungsfehler bei der Prozesstechnik.
Dass Supermarktketten und Lebensmittelhersteller die Entsorgung jeweils neu ausschreiben, ist seit jeher übliche Praxis. Die Ausrede, dass wegen dieser Tatsache die Biothan GmbH nun häufiger und intensiver in der Akquise aktiv werden muss, zeigt weitere große Planungsfehler bei der Betriebsführung auf.
Die Biothan-Anlage unterscheidet sich verfahrenstechnisch grundsätzlich von Biogasanlagen wie in Jühnde. Der biologisch/chemische Prozess ist bei Biothan mit ständig wechselnden Abfallstoffen erheblich instabiler als die mit Energiepflanzen von Landwirten gleichmäßig betriebenen Biogasanlagen. Außerdem produzieren landwirtschaftliche Biogasanlagen unproblematischen Dünger und keinen mit Kunststoffmüll belasteten Abfall.
Obwohl ich kein großer Fan von Herrn Bury bin muss ich doch sagen, daß die derzeitigen Verluste bei Biothan zu erwarten waren.
Qualität des Ausgangsmaterials:
Mich hat immer schon gestört, daß viele Leute auch in Fulda in sog. Mietskasernen ihren Hausmüll oder anderes in der Biotonne entsorgen. Dazu kommt noch der Plastikmüll der Industrie, die auch nicht kapiern, daß man die Plastikverpackungen vorher zu entfernen hat. Das Alles führt dazu, daß man statt reinem Bio einen Mischmüll erhält, der zudem vorher nicht sortiert werden kann.
Alternative Jünde:
Das Bioenergiedorf Jünde hat exemplarisch gezeigt, daß es möglich ist, in einer ländlichen Umgebung Strom über Biogas wirtschaftlich zu erzeugen, wenn die Qualität des Ausgangsmaterials (hier Gülle) stimmt und sich alle darüber bewußt sind und mitmachen, weil sie finanziell beteiligt sind.
Diesen Vorteil hat Biothan als städtischer Betrieb leider nicht oder man hat sich nicht genügend um Gülle aus landwirtschaftlichen Betrieben gekümmert.
Verständnisproblem:
Zudem ist im städtischen Bereich auch das Problem vorhanden, daß viele Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen über unser Abfalltrennsystem schlecht bis gar nicht informiert sind. Da sie die deutsche Sprache häufig nur schlecht sprechen, verstehen sie auch nicht die Flyer in Deutsch, die manchmal die Stadt verteilt oder gar die bürokratische Abfallfibel, die man nur mit Hochschulstudium versteht. So kommt es eben, daß vieles (manchmal sogar ganze Kochtöpfe) in der Biotonne landet, was dort nicht hineingehört.
Hier wäre die Stadt Fulda gefordert, Bild-Flyer in mehreren Sprachen zu verteilen.
Kostenproblem:
Diesen Fremdmüll heraus zu bekommen ist eben sehr kostenintensiv bzw. man muss sich schon Einiges überlegen, wie man diesen Plastikmüll vorher oder nachher wieder herausbekommt. Auch die biologischen Kulturen in der Vergärung leiden unter den Fremdstoffen. Auch das hat Jünde exemplarisch gezeigt.
Daher sollte man das Ausgangsmaterial durch bessere Kontrollen und Aufklärung der Bevölkerung verbessern.
Hier frühzeitig den Stab über Bury zu brechen halte ich aus den o.g. Gründen NICHT für sinnvoll!
Es sei denn, es lesen hier ECHTE Experten für Biogasanlagen mit, die mich eines Besseren belehren könnten.
Bin mal gespannt!
was mich wundert ist, das alle bescheid wissen und keiner ist verantwortlich ... großes lob an fdi für diesen artikel.
Die Biothan GmbH die nächste Millionenbaustelle der RhönEnergie.
Als erstes betont der Sprecher, das alle Entscheidungen vor der Fusion unter GWV-Leitung getroffen wurde und er wirklich nur die Scherben zusammen kehrt die andere verursacht haben.
Kommt mir sehr bekannt vor...Kraftwerke... die böse Bundesregierung..Fukushima..Rohstoffhändler..etc.
Biothan GmbH ist eigentlich ein gutes Projekt. Es ist sehr innovativ und könnte möglicher Weise eine richtungsweisende Technologie sein.
Sehr spekulativ und völliges Neuland.
Das Ganze Projekt ist aber das Nonplusultra angepriesen worden und jede Menge Leute haben sich den geglaubten Erfolg schon ans Revers geheftet.
Die Vermarktung und Darstellung wäre mit einen konservativen und ehrlichen Darstellung
bei dem Verbrauchern und der Bevölkerung besser angekommen.
Erst große Klappe riskieren mit riesigen Wirtschaftlichkeiten und dann kleine Brötchen backen bzw. Wunden lecken auf Kosten der Allgemeinheit
Oh je! Oh je! Das klingt ja genauso wie bei Burys Firma Therra Therm. Die Erdbohrfirma wurde trotz hoher Verluste immer ähnlich aussichtsreich beschrieben. Nach vielen Jahren der Versprechungen und mehreren Millionen Euro Verlust mußte auch Terra Therm zum Schluß liquidiert werden.