Stromsteuer-Streit: Zu Verzicht bei Mütterrente geraten

Strompreis

SPD-Haushaltspolitiker Thorsten Rudolph bringt zur Finanzierung einer umfassenden Stromsteuer-Senkung den Verzicht auf Vorhaben wie die Ausweitung der Mütterrente ins Gespräch. "Wenn die Union tatsächlich auf konsumtive Ausgaben zugunsten einer Senkung der Stromsteuer verzichten will, sollte sie zuallererst auf ihre extrem teuren Wahlgeschenke bei Gastronomie, Agrardiesel und Mütterrente verzichten", sagte Rudolph dem Nachrichtenmagazin POLITICO.

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion kritisierte das Vorgehen der Union in Sachen Stromsteuer. "Ich bin schon irritiert, dass Teile der Union offenbar die Rolle der FDP in der Ampel übernehmen wollen und Koalitionskompromisse sofort wieder infrage stellen. Das ist verantwortungslos", so Rudolph. "Wenn ich mir den Haushaltsentwurf ansehe, dann haben bisher lediglich Bärbel Bas und Reem Alabadi-Radovan signifikante Beiträge zur Konsolidierung geliefert."

SPD-Fraktionsvize Armand Zorn sieht verschiedene Optionen, um eine weitergehende Stromsteuer-Entlastung gegenzufinanzieren. "Da gibt es sicherlich eine Menge von Vorschlägen, worüber wir diskutieren können", sagte Zorn im "Berlin Playbook Podcast" von POLITICO. "Letztendlich geht es darum, dass wir eine gute Paketlösung erzielen: Dass wir sowohl für Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für die Wirtschaft die Strompreise senken. Wir haben den Anfang gemacht und jetzt wird es darum gehen, die Finanzierung sicherzustellen."

Gewerkschaften dringen auf Stromsteuer-Senkung für alle

Kurz vor dem Treffen des Koalitionsausschusses von Union und SPD an diesem Mittwoch haben die Gewerkschaften die schwarz-rote Bundesregierung aufgefordert, die Stromsteuer doch wie ursprünglich geplant für alle Verbrauchergruppen zu senken. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Das Gezanke um die Stromsteuer ist ein schlechter Start für die neue Bundesregierung. Versprochen ist versprochen: Die Stromsteuersenkung für alle wurde im Koalitionsvertrag eindeutig als Sofortmaßnahme vereinbart. Jetzt ist die ganze Bundesregierung in der Pflicht, dass sie auch schnell kommt."

Finanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hatte in der vergangenen Woche bei der Vorstellung seines Haushaltsentwurfs bekanntgegeben, dass die Stromsteuer nur für die Industrie sowie die Land- und Forstwirtschaft dauerhaft sinken soll, nicht aber für private Haushalte und kleinere Betriebe. Das hat das Bundeskabinett auch so beschlossen.

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist hingegen davon die Rede, dass die Stromsteuer "für alle" als Sofortmaßnahme auf das europäische Mindestmaß abgesenkt werde. Klingbeil und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verweisen auf Haushaltszwänge, eine Senkung der Stromsteuer für alle Gruppen würde nach Darstellung des Finanzministeriums zusätzliche Kosten in Höhe von 5,4 Milliarden Euro verursachen. Insbesondere in CDU und CSU gibt es inzwischen deutliche Absetzbewegungen von den Klingbeil-Plänen.

DGB-Vorstandsmitglied Körzell sagte jetzt den Funke-Titeln: "Beim Koalitionsausschuss muss der Haushaltsentwurf noch einmal nachgebessert werden. Wir halten gar nichts davon, die Stromsteuersenkung jetzt gegen wichtige Investitionen oder den Sozialstaat auszuspielen. Die Beschäftigten in diesem Land brauchen Entlastung bei den Energiepreisen, eine starke Wirtschaft und soziale Sicherheit. Statt sich weiter arm zu rechnen, müssen Union und SPD endlich zukunftsfähige Haushaltspolitik machen."

Union will niedrigere Stromsteuer für alle erreichen

Die Bundestagsfraktion von CDU und CSU will es nicht beim Gesetzentwurf der Bundesregierung belassen, wonach es eine Entlastung bei den Energiepreisen vorerst nur für Unternehmen geben soll. "Im parlamentarischen Verfahren sollten wir nach Lösungen suchen, um die Stromsteuer auch für Privathaushalte senken zu können", sagte Unions-Parlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger dem "Tagesspiegel".

"Wir haben die Entlastung ja aus guten Gründen in unser Wahlprogramm und dann in den Koalitionsvertrag geschrieben." Er könne daher in Bezug auf die Kabinettsentscheidung aus der Vorwoche "die Enttäuschung absolut nachvollziehen, die jetzt bei vielen vorherrscht".

Vor dem nächsten schwarz-roten Koalitionsgipfel an diesem Mittwoch pocht die Union auf die schnelle Umsetzung der Punkte im Koalitionsvertrag, die eine Kostenersparnis bringen könnten. "Der Koalitionsausschuss muss einen Schwerpunkt darauf legen, wie wir mittel- und langfristig wieder zu einem besseren Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben kommen", sagte Bilger.

"Nachdem jetzt ein Haushaltsentwurf mit so hoher Neuverschuldung vorgelegt wurde, sollte dringend auch darüber gesprochen werden, wie wir bei den Reformen vorankommen, die zu Einsparungen führen." Gerade mit Blick auf die parlamentarische Haushaltsberatung im Herbst brauche es, so Bilger weiter, "ein Signal, dass der Lockerung der Schuldenbremse eine strenge Ausgabendisziplin gegenübersteht".

Zu einer Entlastung der Sozialsysteme könnten sowohl die sogenannte Aktivrente als auch über mehr Wirtschaftswachstum der Bürokratieabbau oder eine flexible Tageshöchstarbeitszeit beitragen: "Das alles ist im Koalitionsvertrag vereinbart - und die Regierungsfraktionen warten auf Gesetzentwürfe aus dem Kabinett." +++


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