SG Barockstadt Fulda-Lehnerz Eine zweite Halbzeit, die Spaß machte

Zapi biss wortwörtlich auf die Zähne

Sgb 1
Daniyel Cimen. Foto: rl

Die Fußballer der SG Barockstadt Fulda-Lehnerz haben am Freitagabend in ihrem Flutlicht-Heimspiel gegen den TSV Steinbach Haiger mehr als nur einen Punkt geholt. Der Vergleich in der Regionalliga Südwest endete 1:1. Doch die SGB fasste im zweiten Abschnitt mehr Mut, entdeckte torgefährliche Räume - und wurde mit Tobi Göbels Kopfballtor, das Ole Käupers Elfer-Treffer zehn Minuten vor dem Ende ausglich, belohnt. Für einen couragierten Auftritt, der mit weniger, aber auch mit mehr hätte enden können.

Doch der Reihe nach. Die SGB versuchte auch in den Anfangsminuten dieses unterhaltsamen und von Beginn an abwechslungsreichen Spiels bei Flutlicht-Atmosphäre offensiv einiges, prallte aber an am aufmerksamen, vierbeinigen, fokussierten und mannschaftlich starken Abwehrverhalten des Gegners ab. Steinbach Haiger war - nicht nur in Hälfte eins - fußballerisch, war handlungsschnell, bot gutes Flachpass-Spiel, das fein anzusehen war, gefiel mit schnellen Kontern - oder wie man in Neudeutsch sagt Umschaltspiel. Und der SGB-Kontrahent besaß im ersten Durchgang die eindeutig besseren Chancen - die SGB kreierte zunächst keine. Die größte besaß Gäste-Kicker Marvin Mika, als er in Minute 17 Eins-gegen-eins am ins SGB gerückten Samuel Zapico Lopez - einigen wir uns auf „Zapi“ - scheiterte; vielleicht hätte Mika es noch wagen sollen, mit Geschwindigkeit an Zapi vorbeizuziehen. „Doch es war unser Punkt, viel Tiefe reinzukriegen“, sagte Hüsni Tahiri, der zusammen mit Daniel Wilde das Trainergespann des TSV Steinbach Haiger bildet.

Überhaupt Mika. Früh ging sein Flachschuss knapp am langen Ecke vorbei (8.), dann zeigte sich Zapi erneut sicher gegen ihn (14.) - vorausgegangen war einer mehrerer SGB-Abspielfehler im Aufbau. Durch dieses Fehlverhalten - gemeint sind Ballverluste oder Ungeduld im Spiel nach vorne - lud die SGB hier und da Steinbach Haiger ein. Und der Gast generierte zudem Ballgewinne und -Eroberungen - stets in der eigenen Hälfte, um zu schnellen Gegenangriffen zu starten. Zwar fand sich die SGB nach gut einer halben Stunde, indem sie mehr Geduld und Struktur in ihre Angriffe brachte - der Gast aber verteidigte gut. Torchancen sprangen für die SGB nicht heraus -vielmehr besaß Steinbach Haiger noch eine veritable Chance, als Zapi Serkan Firats Schuss abwehrte (38.) - und auch bei Ertan Hajdarajs Versuch im Nachsetzen zur Stelle war; Hajdaraj rutschte, von außen gesehen übertrieben in Zapi rein - seinen Schwung konnte Steinbach Haigers Zentrumsstürmer nicht aus der Aktion rausnehmen.

Zapi biss wortwörtlich auf die Zähne - von ihm und seiner überragenden Leistung wird noch einige Male die Rede sein. Doch nach der Pause änderte sich einiges in der Statik des Spiels. Zunächst wehrte Zapi einen Links-Flachschuss aus halblinker Position ab (62.) - doch zunehmend wurde die SGB mutiger, investierte mehr - und sie entdeckte torgefährliche Räume. Sie beschäftigte ihren Kontrahenten so sehr, dass der zu keinen eigenen Impulsen fand. Eine ganze Zeitlang. Vielleicht war dies auch eine Szene, die die Courage anzündete: Tim Korzuschek hätte den hinterlaufenden Schmitt mitnehmen können, flankte aber Richtung zweiter Pfosten, wo Keanu Kraft die tiefe Kopfball-Möglichkeit knapp verpasste (65.). Es war Flutlicht-Stimmung - und die Zuschauer spürten, dass noch einiges passieren würde an diesem Abend.

Pech für die SGB, dass der Schiri ein Foul an „Korzu“ in zentraler und aussichtsreicher Position nicht ahndete (67). Aber mehr noch: Gäste-Kicker Tim Kircher spielte über rechts einen gefühlvollen Ball in den Strafraum - auf seinen Mitspieler Hajdaraj. Den beschattete SGB-Innenverteidiger Marius Grösch eng und hautnah. Doch was machte der Schiedsrichter? Er pfiff - Elfer. Das war doch gar nichts, dachte jeder. Ole Käuper abermals brachte Steinbach Haiger in Führung (70.). Die Entscheidung des Schiris war arg umstritten. Wieder einmal fiel sie gegen die SGB aus. Zum wiederholten Male in dieser Serie. Frust und Ärger waren groß. Auch noch nach Spielschluss.

Doch die Spieler zeigten eine formidable Reaktion. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison gingen sie positiv mit einem Rückschlag um. Das zeugt von Charakter. Zunächst kam Sebastian Schmitt am zweiten Pfosten nicht ganz an eine Flanke (72.), dann ging Campmans Kopfball nach Schmitt-Flanke drüber (77.). Es roch nach Herz in der Johannisau - und die Mannschaft des Gastgebers war drauf und dran, den Funken überspringen zu lassen auf Fans und Zuschauer. Bis das folgte: Kraft flankte auf den zweiten Pfosten, wo der eingewechselte Tobi Göbel recht unbehindert zum Kopfball kam - ein Kopfball, der das 1:1 bedeutete. „Ich bin ein bisschen enttäuscht, dass wir das dritte Kopfballtor haben hinnehmen müssen“, meinte Tahiri, „da müssen wir einfach präsenter sein“.

Noch waren zehn Minuten zu spielen in der seit langem wieder lebhaften Zuschauerschar in der Johannisau. Der Vergleich sollte in den Schlussminuten zum Schlagabtausch werden. In Minute 83 ein ähnliches Muster wie beim Ausgleich: Weite Flanke auf den „Zweiten“, Moritz Dittmann legte ab - und der starke Sarpei zog mit links drüber. Wenig später war Gäste-Keeper Ibrahim knapp vor Reinhard zur Stelle (84.), und ging Campmans Linksschuss knapp am langen Pfosten vorbei (89.). Riesen-Glück aber noch einmal für die SGB, als Zapi mit starker Reaktion einen Kopfball meisterte (90.). Schlusspfiff. Die Zuschauer fühlten sich nicht nur gut und ansprechend unterhalten - sie gingen auch mit warmen Herzen.

Zwei defizitäre Dinge aber begleiten die SGB weiterhin: die Tiefe zu bespielen und mehr aus Flanken-Situationen zu machen. Tiefenläufe sind nicht nur elementar, sie sind ein Mittel, die gegnerische Abwehr vor Lösungen zu stellen. Ihre Formation zu entzerren, Räume zu schaffen - und noch etwas, das SGB-Coach Daniyel Cimen später so ausdrückte: „Hinter die Abwehr und an die Grundlinie zu kommen.“

Erinnern wir uns an das Tor aus dem Spiel gegen Walldorf: Pomnitz spielte Dittmann im Strafraum, der drehte sich mit schnellem Haken weg zur Grundlinie - und passte scharf in den Rückraum, und Kraft traf ins Tor. Diese Szene hängt übrigens im imaginären Schaukasten am Uniplatz - und seine Bildunterschrift hat nur drei Worte: bitte mehr davon. Zudem sind Läufe in die Tiefe ein wegweisendes Mittel: offensive und vor allem torgefährliche Räume zu suchen, sie zu besetzen und zu bespielen, zu verlagern, zu flanken und auf zweite Bälle aus zu sein, ist das Eine - doch mit der Zeit wird das, nein, nicht langweilig, aber leichter zu durchschauen für den Gegner in seiner Abwehrarbeit. Läufe in die Tiefe das Andere. Die bereiten der Abwehr des Gegners größeres Kopfzerbrechen.

Problem Nummer zwei: die Flanken. Das moniert auch Cimen: „Unsere Flanken-Qualität ist zu wenig - für die Anzahl an Flanken, die wir heute geschlagen haben. Mit Ausnahme der zum 1:1.“ In den Anfangsminuten übte sich Kraft wiederholt, Schmitt folgte ihm im zweiten Abschnitt, schlug auch einige nicht schlechte - aber es zu wenig raus dabei. Dennoch lobte der Trainer sein Team für sein „mutiges und richtig griffiges Verhalten in der zweiten Halbzeit. Damit können wir zufrieden sein“, den „überragend haltenden Zapico“ und die Reaktion seiner Mannschaft nach dem Rückstand. Eines aber missfiel ihm: „Wire haben drei oder vier Chancen zugelassen.“

Bleibt die Aussicht der SGB auf die nächste Aufgabe, die schon am Dienstag am Bieberer Berg bei Kickers Offenbach ansteht. Der OFC wird angeschlagen und gereizt auftreten, gab er am Freitagabend doch eine 3:1-Führung in Sandhausen aus der Hand - um noch mit 3:4 zu verlieren. Doch es ist ja ein Abendspiel. Die SGB hat am Bieberer Berg immer gut ausgesehen. Und das Flutlicht wird das Team schon berühren. Motivieren. Und anzünden.

SG Barockstadt: Zapico - Besso, Grösch (77. Dittmann), Habermehl, Kraft (88. Iljazi), Schmitt, Sarpei, Campman, Pomnitz, Korzuschek (77. Reinhard), Pourié (63. Göbel)

TSV Steinbach Haiger: Ibrahim - Kircher, Hildebrandt, Volkmer, Käuper, Sirin (60. Leon Wirtz), Mika, Guthörl (60. Rotfuß), Dacaj (79. Näpflein), Firat, Hajdaraj (79. Noel Wirtz)

Schiedsrichter: Maximilian Prölss

Tore: 0:1 Ole Käuper (70., Foulelfmeter), 1:1 Tobias Göbel (80.)

Zuschauer: 1.030 +++ rl


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