Rücksicht im Straßenverkehr – das klingt nach einem Relikt aus verstaubten Verkehrserziehungsfilmen, irgendwo zwischen Dia-Projektor und Flötengruppe. In der Realität ist sie tot. Überfahren von Tempo, Trotz und Testosteron. Hessens Straßen sind keine Verkehrswege mehr, sondern Kampfzonen. Asphaltierte Arenen, in denen das Gesetz des Stärkeren gilt. Wer bremst, verliert. Wer hupt, siegt. Wer Rücksicht nimmt, wird überrollt.
Rote Ampeln? Deko. Fußgängerzonen? Gefährlicher als jede Landstraße. Dort, wo früher Autos dominierten, toben heute Radfahrer und E-Scooter-Piloten – mit demselben Ego, nur weniger Blech.
198 Tote, 25.000 Verletzte nur in Hessen – und keiner zieht die Bremse
Die Statistik spricht Klartext: 198 Verkehrstote im Jahr 2024, zehn mehr als im Vorjahr. Fast 25.100 Verletzte, über 3.200 davon schwer. Und obwohl die Zahl der Unfälle leicht sinkt, explodieren die Verstöße. 1,47 Millionen Anzeigen allein in Hessen, drei Viertel davon wegen zu hoher Geschwindigkeit. Kein Ausrutscher – System. Raserei bleibt die tödlichste Konstante, vor allem auf Landstraßen, wo mehr als die Hälfte aller tödlichen Unfälle passieren.
Wenn das Gaspedal das Gewissen ersetzt
Blinken gilt als Schwäche. Abstand halten als Feigheit. Das Auto ist nicht mehr Fortbewegungsmittel, sondern rollendes Ego, Ausdruck von Macht und Selbstbehauptung. Rücksicht? Fehlanzeige. Willkommen im Zeitalter des Dauerdrängelns. Die Straße als Bühne für das Ich – laut, hektisch, ungeduldig. Ein Tümpel voller Blechflusspferde: schwer, aufdringlich, überzeugt, der Mittelpunkt des Universums zu sein.
Weniger Unfälle, mehr Ego
Die Zahlen klingen harmlos: weniger Unfälle. Doch sie erzählen nichts vom Alltag. Vom Dauerhupen in Frankfurt. Vom Aggro-Schulterblick auf der A5. Von der Gereiztheit, die an jeder Kreuzung knistert. Die Statistik misst Karosserieschäden – keine Charakterdefekte. Mehr Anzeigen, mehr Tempo, mehr Tote: das ist kein Zufall. Das ist Haltung. Wir rasen nicht, weil wir müssen. Wir rasen, weil wir können.
Das Problem sitzt am Steuer
Das Auto ist unschuldig. Das Problem hat Puls. Es trägt Stress, Wut und Selbstgerechtigkeit hinterm Lenkrad – und glaubt, Regeln seien nur für die anderen. Rücksicht ist kein Verkehrszeichen. Sie ist eine Entscheidung. Und sie wird in Hessen – und anderswo – täglich überfahren. Mit Ansage. +++ nh








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Rücksicht und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr? Fehlanzeige. Ich könnte unzählige Beispiele nennen – angefangen bei den Radfahrern in der Bahnhofstraße oder am Uniplatz, die dort eher rasen als fahren. Die E-Scooter sind da kaum besser: viel zu schnell und mitten zwischen den Fußgängern unterwegs. Und an den Ampeln, etwa an der Frankfurter Straße auf Höhe der Zeitung, wird munter auf der Abbiegespur links überholt, nur um sich vorne wieder reinzudrängen. Gleiches Spiel bei Tedox: Nach der Ampel ist kaum Platz für ein paar Autos, aber Hauptsache, man steht vorne. Und wenn man dann mal keinen Platz lässt, kommt direkt das Pöbeln – das volle Programm.
Leider trifft das den Nagel auf den Kopf. Rücksicht und Aufmerksamkeit scheinen im Straßenverkehr immer seltener zu werden. Jeder ist nur noch mit sich selbst beschäftigt – dabei würde ein bisschen mehr Achtsamkeit allen das Leben leichter machen.