Künzell. Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen von Polizei und Staatsanwaltschaft war die gemeinsame Tötung präzise geplant. Es ist zu vermuten, dass die Ehefrau, die als Anästhesiekrankenschwester gearbeitet hat und hierdurch Zugang zu dem Anästhetikum Propofol hatte, dieses in größerer Menge bei ihrem Arbeitgeber entwendet hat, um es in der Folge zur Selbsttötung einzusetzen.
Bei dem jetzigen Ermittlungsstand wird davon ausgegangen, dass zur Ausführung des gemeinsamen Planes die Ehefrau sowohl ihrem Ehemann als auch dem 16-jährigen Sohn einen Venenzugang gelegt und das Propofol hierüber mittels einer Infusion in tödlicher Dosis zugeführt hat und anschließend versucht hat, sich selbst einen Venenzugang zu legen, was jedoch an der Beschaffenheit ihrer Venen scheiterte.
Ehemann und Sohn wurden am Morgen des 02.01.2018 in dem Ehebett der Familie liegend tot aufgefunden. Die Ehefrau überlebte verletzt. Ob der wohl an einer autistischen Störung leidende Sohn der Familie in die geplante "Selbsttötung" eingeweiht war oder ob er gegebenenfalls zuvor anderweitig betäubt wurde, müssen die weiteren toxikologischen Untersuchungen ergeben.
Die Beschuldigte hat sich bisher zum konkreten Tatablauf nicht eingelassen, ebenso wenig zum Motiv. Die Eheleute haben jedoch einen Abschiedsbrief hinterlassen, in dem die "Selbsttötung" mit Propofol angekündigt war. Es ist nicht auszuschließen, dass das Motiv in der Belastung durch die Erkrankung des Sohnes lag.
Die Staatsanwaltschaft hat gestern (Mittwoch, 03.01.)gegen die Beschuldigte Haftbefehl wegen Totschlags zum Nachteil des Sohnes beantragt, der am selben Tag durch den Haftrichter des Amtsgerichts Fulda erlassen und verkündet wurde. Die Beschuldigte wird wegen akuter Suizidgefahr derzeit in einem Krankenhaus rund um die Uhr bewacht und soll demnächst in ein Justizvollzugskrankenhaus überführt werden. +++








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Ich kann Tibor auch nicht zustimmen - von diesem tragischen Fall nimmt die Öffentlichkeit sogar viel Notiz. Sehe es so wie Gast: Ich arbeite in einer Einrichtung der Behindertenhilfe - es gibt gerade in Fulda zahlreiche Anlaufstellen, Hilfsangebote, gerade auch für Familien mit autistischen Kindern. Leider kommt es vor, dass Familien mit behinderten Kindern sich sehr zurückziehen, abkapseln und den Eindruck haben, dass niemand sie versteht und ihnen helfen kann.
Das ist mir dann doch zu finster. Wer mit einem behinderten Kind Hilfe benötigt, dem wird geholfen. Das reicht von Haushaltshilfen bis zu einer stationären Aufnahme in entsprechende Heime etc. Es muss sich niemand umbringen und schon gar nicht das betroffene Kind. Ich mache ausdrücklich niemandem einen Vorwurf, aber es gibt bei uns neben staatlichen auch viele andere Organisationen, die hier Hilfe anbieten. Man muss sie halt annehmen.
Das sozialverträgliche Frühableben einer ganzen Familie mit einem behinderten Kind ist die logische Konsequenz einer auf Wirtschaftlichkeit, Kostenreduktion und Gewinnmaximierung in allen Bereichen optimierten Gesellschaft, in der die soziale Not des Einzelnen offenbar gar keine Rolle mehr spielt.
Und wer in diesem System dennoch die Hilfe des Staates in Anspruch nimmt, setzt sich schnell dem Vorwurf des Schmarotzers aus und wird dadurch stigmatisiert. Viele schrecken daher immer noch davor zurück, staatliche Hilfe in sozialen Notlagen wie diesen zu beantragen. Zumal es die Behörden einem dabei aufgrund der o.g. Aussage so schwer wie möglich machen. Nur wer selbst schon mal in einer ähnlichen Lage war wird vielleicht verstehen, wie schwer das Leben für diese Familie war.
Die Zahl derjenigen, die sich in unserem ach so reichen Land täglich das Leben nehmen, weil ihre Not so bitter ist, daß sie sie nicht mehr ertragen können, ist leider viel zu hoch. Nur nimmt kaum jemand Notiz davon.
Die Berichterstattung der Meisten dazu ist - wie immer - erbärmlich.