Fulda. Vor kurzem richteten wir eine Anfrage an Herrn Priv.-Doz. Dr. Thomas Menzel, Vorstandssprecher des Klinikums Fulda. Wir wollten wissen, wie es um das Finanzwesen in der Notfallmedizin am Klinikum bestellt ist. Lesen Sie im Folgenden, was uns der Klinikvorstand auf unsere Anfrage vom 11. Februar geantwortet hat.
fuldainfo
Sind die Forderungen nach einer besseren Integration, die Organisation im Notfallwesen betreffend, sowie einer besseren Vergütung, berechtigt?
Priv.-Doz. Dr. Menzel
Am Dienstag dieser Woche hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft eine Analyse veröffentlicht, diese sich intensiv genau mit dieser Frage beschäftig hat. Das Resultat ist eindeutig: In den Krankenhäusern werden über 10 Millionen ambulante Notfälle behandelt und damit mehr, als im vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst versorgt werden. Patienten, die offensichtlich damit Schwierigkeiten haben, eine geeignete Anlaufstelle im niedergelassenen Bereich zu erreichen, werden in den Notaufnahmen der Krankenhäuser vorstellig; aber auch die von den kassenärztlichen Vereinigungen vorgehaltenen, ambulanten Notfallbereitschaftsdienste, werden von den Patienten nicht in diesem Maße genutzt, wie das vorgesehen ist. Dies führt zu einer massiven Belastung in den Notaufnahmen der Krankenhäuser, was zum Teil zu langen Wartezeiten für Patienten und hohen Belastungen der Notaufnahmen führt. Hinzu kommt, dass die Vergütungen, die die Krankenhäuser für die ambulanten Notfallleistungen erhalten, die Kosten der Krankenhäuser aber bei weitem nicht decken. Da die Vergütung der ambulanten Notfallleistungen der Krankenhäuser nach den Vergütungssätzen der niedergelassenen Ärzte erfolgt, sind die deutlich breiteren Behandlungsmöglichkeiten der Krankenhäuser völlig unterfinanziert.
fuldainfo
Wird die Notfallversorgung generell miserabel vergütet?
Priv.-Doz. Dr. Menzel
Ja, dem ist so! In der Studie wurden aus 55 Krankenhäusern für insgesamt 612.070 ambulante Notfälle, fallbezogene Kosten- und Leistungsdaten, und somit eine außergewöhnlich breite und valide Datengrundlage bereitgestellt. Die durchschnittlichen Kosten für die Versorgung eines ambulanten Notfalls betragen 126 Euro bei der wir mit etwa 30 Euro vergütet werden. Für das Klinikum ergibt sich jährlich ein Defizit von ca. 1,5 Mio Euro.
fuldainfo
Muss für die Basismedizin, mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden?
Priv.-Doz. Dr. Menzel
Grundsätzlich ist es so, dass die Finanzierung des Gesundheitswesens, sowohl aus Sicht der niedergelassenen Ärzte, als auch der Krankenhäuser, nicht ausreicht. Im Stationären Bereich werden die teilweise erheblichen Kostensteigerungen nur unzulänglich ausgeglichen. Dies ist seit Jahren gängige Praxis. In diesem Jahr trifft es die Krankenhäuser besonders hart: Für das Jahr 2015 erwarten wir einen Kostenanstieg von 3,5%, die vor allem durch die Personalkosten getrieben sind. Die Kosten für eine durchschnittliche Behandlung im Krankenhaus, würden voraussichtlich um nur 0,6% angehoben. Bei einem Haus, in Größe, wie das Klinikum Fulda, sind dadurch Mehrkosten in Höhe von etwa 5 Mio Euro nicht finanziert. Diese müssen wir entweder einsparen oder durch Mehrleistungen ausgleichen. Das ist eigentlich unmöglich.
fuldainfo
Muss deshalb das ganze System überarbeitet werden?
Priv.-Doz. Dr. Menzel
Das Problem ist, dass die Überarbeitung des Systems mittlerweile im Jahrestakt erfolgt. Die Rahmenbedingungen sind permanenten Änderungen ausgesetzt, wodurch eine Planungssicherheit nicht geschaffen werden kann. Die nächste große Reform wird gerade vorbereitet. Wir sind skeptisch, ob eine grundlegene Änderung möglich sein wird. Das wäre aber eine zu große Erwartung an die Politik. Das Gesundheitswesen, mit seinen zahlreichen Interessengruppen, ist nur schwer reformierbar; der kleinste, gemeinsame Nenner schafft keine nachhaltige Persepktive. Einen Hoffnungsschimmer gibt es zumindest für die Finanzierung der Notaufnahmen. Der SPD- Gesundheitsexperte Lauterbach, hat in dieser Woche in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk, eine Verbesserung der Vergütung in Aussicht gestellt und von ganz konkreten Plänen für das Jahr 2016 gesprochen.
fuldainfo
Wie sehe eine optimale, gezielte Zusammenarbeit zwischen Praxen und Kliniken aus?
Priv.-Doz. Dr. Menzel
Das wäre gut. Hier in Fulda wird schon so verfahren. Seit einiger Zeit kümmert sich eine Arbeitsgruppe von niedergelassenen Ärzten und Klinikumsärzten um Lösungen nach einer besseren Zusammenarbeit. Auch die Zusammenarbeit mit der Bereitschaftspraxis der Kassenärztlichen Vereinigung, die auf dem Klinikumgelände untergebracht ist, ist sehr gut. Letzlich liegt die Entscheidung aber bei dem einzelnen Patienten, an wen er sich mit seinen Beschwerden wendet. Diese Entscheidung fällt immer häufiger auf die Notaufnahmen der Krankenhäuser. +++ fuldainfo | ja/nh









and then
Das größte Problem der Krankenhausfinanzierung ist nach wie vor, dass die Bundesländer die Investitionskosten der Krankenhäuser nur unzureichend finanzieren (Schuldenbremse!). Dabei sind sie laut Gesetz verpflichtet, dies zu tun. Aber kein Land hält sich gänzlich daran, auch Hessen nicht. Die Politiker hoffen darauf, dass die Bürger dieses System nicht durchschauen und lassen sich bei jeder Scheckübergabe an ein Krankenhaus als die Gönner fotografieren. Sie verschweigen aber, dass die Länder ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommen. Leider gibt es hier zu wenig Widerstand; auch nicht von den Krankenhäusern. Diese müssten mal ihr Personal vor die Tür stellen und dagegen protestieren. Sonst bleibt nur der Weg über die Krankenkassen, was voll zu Lasten der Beitragszahler geht.