
Nach Ansicht des Münchner Ifo-Instituts geht die aktuelle Haushaltsplanung an dem Ziel vorbei, wachstumsrelevante Investitionen in Infrastruktur zu verstärken. Insbesondere die 100 Milliarden Euro, die den Bundesländern aus dem Sondervermögen zur Verfügung gestellt werden, liefen Gefahr, nur in geringem Maße für zusätzliche Investitionsvorhaben verwendet zu werden, monierte Ifo-Forscher Niklas Potrafke am Freitag.
"Mit den neuen Schulden werden Investitionen aus den Kernhaushalten verlagert. Die Politik sieht vor, dass mit den neuen Schulden auch bereits geplante Investitionsvorhaben finanziert werden können." Das würde in den Kernhaushalten zwar mehr Geld für andere Vorhaben, etwa für Soziales freimachen, de facto wäre dies aber eine schuldenfinanzierte Ausweitung des Sozialstaates, so das Ifo-Institut.
Aus dem 500 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen für Infrastruktur werden den deutschen Bundesländern 100 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Die Verwendung regelt das Gesetz zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen von Ländern und Kommunen (LuKIFG). Der Referentenentwurf des Gesetzes aus dem Juni sah noch die Zusätzlichkeit der Investitionen vor - also eben nicht die Verwendung der Mittel für bereits geplante Vorhaben. Im Regierungsentwurf wurde die Zusätzlichkeit nun gestrichen.
Bereits im gegenwärtigen Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt wurden netto 11,4 Milliarden Euro für das Verkehrsministerium gestrichen, die nun über das Sondervermögen finanziert werden sollen. Gleichzeitig wurden die Ausgaben des Arbeits- und Sozialministeriums um netto 11 Milliarden Euro erhöht.
Grüne sehen historische Chance des Sondervermögens vertan
Vor der Bundestagsdebatte über das 100-Milliarden-Euro-Gesetz für die Länder an diesem Freitag haben die Grünen der Bundesregierung vorgeworfen, eine historische Chance zu verspielen. "Die 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen werden vor Ort kaum ankommen und viel zu wenig Effekt haben", sagte Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch der "Rheinischen Post". "Friedrich Merz und Lars Klingbeil haben ein Finanzkarussell eingerichtet."
Die Regierung entziehe Ländern und Kommunen durch die Senkung der Gastro-Mehrwertsteuer und die Erhöhung der Pendlerpauschale auf der einen Seite Steuereinnahmen in Milliardenhöhe. Auf der anderen Seite "werden die gerade erst gerissenen Haushaltslöcher vor Ort wieder mit Schulden gestopft", sagte Audretsch. "Löcher reißen und sie mit Schulden zukleistern, das ist die wohl absurdeste Finanz- und Haushaltspolitik, die man machen kann."
Die Grünen hätten Union und SPD mit ihrer Zustimmung zum 500-Milliarden-Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz "eine historische Chance" ermöglicht. "Friedrich Merz und Lars Klingbeil drohen diese Chance für Deutschland zu verspielen", sagte der Grünen-Politiker.
Von den 500 Milliarden aus dem Sondervermögen sollen 100 Milliarden Euro für Investitionen an die Länder gehen. Über den entsprechenden Gesetzentwurf soll der Bundestag an diesem Freitag in erster Lesung debattieren. +++
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