Gütersloher Bürgermeister will mehr Unterstützung von Merkel

NRW-SPD fordert Rückgabe von CDU-Spenden an Tönnies

Angela Merkel (CDU)
Angela Merkel (CDU)

Der Gütersloher Bürgermeister Henning Schulz (CDU) wünscht sich im Kampf gegen die Stigmatisierung seiner Bürger aufgrund des Corona-Ausbruchs mehr Unterstützung aus der Hauptstadt. „Der Kanzlerin ist es immer gelungen, die Gesellschaft zusammenzuführen und alle Menschen im Blick zu behalten. Hier fühlen sich fast eine Dreiviertelmillion Menschen im Stich gelassen“, sagte Schulz dem Nachrichtenportal T-Online. Sie fühlten sich stigmatisiert und würden sogar angegriffen. Am Dienstag war der Lockdown bis zum 30. Juni über die Kreise Gütersloh und Warendorf verhängt worden.

Dieser werde von den Bürgern zumeist akzeptiert, so Schulz. Doch die Anfeindungen lösen Frust und Zorn aus – auch beim Bürgermeister selbst. „Ich wurde sogar gefragt, warum wir nicht Ausreiseverbote verhängen“, so der Bürgermeister. Doch „die brauchen wir gar nicht, weil die Bürger sich ohnehin schon von einem emotionalen Grenzzaun umgeben fühlen“. Hinzu kommt, dass am Freitag die  Sommerferien im Bundesland Nordrhein-Westfalen starten – und damit auch in Gütersloh. „Im Prinzip ist alles kaputt. Viele bleiben auf ihren gebuchten Reisen hängen“, so Schulz. Eine mögliche Lösung, um trotzdem in den Urlaub zu fahren und nicht unter Generalverdacht gestellt zu werden, wäre der Nachweis eines negativen Corona-Tests. Doch Schulz äußerte Bedenken: „Es können nicht 360.000 Menschen auf einmal getestet werden.“ Wenn man dann diesen Negativtest endlich habe, bedeutete er, dass man an diesem Tag nicht infiziert gewesen sei. „Morgen könnte ich aber theoretisch schon infiziert sein.“ Der Bürgermeister warnte vor einer „ganz gefährlichen Diskussion“ und glaubt, dass es „gut wäre, wenn wichtige Menschen sich dazu äußern würden, zum Beispiel die Kanzlerin“.

NRW-SPD fordert Rückgabe von CDU-Spenden an Tönnies

Der Vorsitzende der NRW-SPD, Sebastian Hartmann, hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) aufgefordert, die Parteispenden des Fleischunternehmers Clemens Tönnies zurückzuzahlen. „Wenn Armin Laschet es ernst meint und wirklich auf Distanz zu Tönnies geht, dann muss seine CDU NRW alle Spenden des Fleischunternehmers zurückzahlen“, sagte Hartmann der „Rheinischen Post“. Die politische Verantwortung für die dramatische Situation in den Kreisen Gütersloh und Warendorf liege bei Armin Laschet, die unternehmerische Verantwortung liege beim Fleischunternehmer Tönnies. Der SPD-Landesvorsitzende warf der Landesregierung zudem vor, die vorhandenen Testkapazitäten nicht annähernd ausgeschöpft zu haben. „Schon viel früher hätten die Behörden die Testungen in den betroffenen Kreisen ausweiten müssen.“ Die 48-Stunden-Frist regelmäßig einzuhalten, werde nach den Vorerfahrungen kaum gelingen. Der Lockdown in den Kreisen Gütersloh und Warendo  rf werde weltweit beachtet, der Schaden für NRW sei da: „Es ist weit über die Landesgrenzen klar geworden, dass die Landesregierung die Lage nicht im Griff hat.“ Das Vorgehen Österreichs hält Hartmann dennoch für überraschend. „Offenbar treibt Kanzler Sebastian Kurz das schlechte Gewissen, weil er Anfang des Jahres in der Urlaubshochburg Ischgl die Corona-Lage hat eskalieren lassen.“ Er sei irritiert, dass ausgerechnet Österreich nach dieser Vorgeschichte zu solchen drastischen Maßnahmen greife, sagte Hartmann.

NRW-Ministerpräsident lässt Haftbarkeit von Tönnies prüfen

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet lässt die Haftbarkeit des Fleischproduzenten Tönnies für den Corona-Ausbruch im Kreis Gütersloh prüfen. „Es wird derzeit sehr genau geprüft, ob und gegen welche Regeln das Unternehmen verstoßen hat und wo es in Haftung genommen werden kann“, sagte der CDU-Politiker dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ zur Frage, ob das Unternehmen haftbar zu machen ist. „Ich sehe Tönnies in Verantwortung.“ Der Ministerpräsident verteidigte seine Regierung gegen die Kritik, zu spät gegen die Arbeitsweise der Fleischfirma vorgegangen zu sein: „Die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen waren bekannt“, sagte Laschet dem RND. „Rot-Grün hat die Werkverträge eingeführt, die zum Problem geworden sind.“ NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann habe sich hier als einziger mit wirklichem Nachdruck für eine Änderung eingesetzt. Für eine gesetzliche Änderung habe es jedoch keine Mehrheit gegeben, so La schet. „Das muss man nüchtern einräumen.“ Laschet lobte den Einsatz von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gegen die schlechten Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie: „Was Bundesarbeitsminister Hubertus Heil jetzt dazu vorgelegt hat, ist der richtige Weg: Werkverträge in der Fleischindustrie müssen abgeschafft werden“, sagte Laschet dem RND. „Ich hoffe, dass das so schnell wie möglich passiert.“ +++

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