Dieters aufgemerkt: Sport zwischen Kommerz und Tradition

Profitieren wirklich alle Vereine?

Fulda. Die Zeiten ändern sich und zwar rasant. Was uns vor vielen Jahren noch vertraut war, ist heute anders oder gibt es gar nicht mehr. Ob in der Arbeitswelt, dem Freizeitbereich oder im Privaten: die Dynamik des Wandels durch den technischen Fortschritt hat uns mit Wucht getroffen, verwirrt uns und macht uns teilweise unsicher.

Aber ist es nur die rasante Entwicklung der technischen Möglichkeiten, die unser Leben so schnell verändert? Ist das nur eine Zwangsläufigkeit, deren Eigendynamik uns zu überrollen scheint? Oder anders gefragt: wäre unsere Skepsis und Unsicherheit (zumindest derer, die darüber nachdenken) genauso groß, wenn nicht knallharte monetäre Interessen diese Entwicklung steuern und beeinflussen würden?

Wenn dem nicht so wäre, würden die Folgen des Fortschritts einen ganz anderen Stellenwert in der gesellschaftlichen Diskussion bekommen. Der Mensch wäre der Mittelpunkt, nicht die ökonomische Verwertbarkeit der technischen Möglichkeiten. Die Ökonomisierung des gesamten Lebens wäre dann heute nicht so, wie sie ist.

Leider hat diese Entwicklung auch vor dem Sport nicht halt gemacht. Ist auch irgendwie logisch, denn der Sport ist integraler Bestandteil der Gesellschaft. Somit wird die Ökonomisierung der Gesellschaft im Leistungs- und Profisport nur gespiegelt. Am Deutlichsten wird das im deutschen Volkssport Nr.1: dem Fußball.

Die Vermarktung des Fußballs schreitet rapide voran. Für die Fernsehrechte fließt von Jahr zu Jahr mehr Geld an die Vereine. Das gleiche gilt für das Sponsoring und für die Vermarktungsrechte. Natürlich profitieren die Vereine von dieser Entwicklung. Aber steigende Einnahmen forcieren auch steigende Ausgaben, beispielsweise die Spieler- und Managergehälter, von den Profiten der Berater ganz zu schweigen.

Aber profitieren wirklich alle Vereine? Wer genau hinschaut sieht auch hier die Parallelität der gesellschaftlichen Fehlentwicklung. Reiche Vereine werden immer reicher, die finanzschwachen kämpfen um ihre Existenz. Die Diskrepanz wird immer größer. Insbesondere Traditionsvereine leiden unter dieser Entwicklung.

Traditionen – insbesondere liebgewonnene – werden in Frage gestellt, und im schlimmsten Fall dem Kommerz geopfert. Beispiele aus den drei Bundesligen gibt es genug. Was zum Beispiel Vereinstreue heute bedeutet, verdeutlicht sich am aktuellen Beispiel des Frankfurter „Fußballgotts“ Alex Meier. Dank dafür gibt es keinen mehr!

Ist diese Entwicklung wirklich nur im Profisport aktuell? Bleiben wir beim Volkssport Nr. 1 und blicken in den Amateurbereich. Natürlich kann kein Verein – auch nicht in der Kreisliga – nur von den Mitgliedsbeiträgen existieren. Weitere Einnahmen müssen generiert werden. Ist ja auch nichts Schlimmes.

Doch je höher die Spielklasse, umso höher der finanzielle Aufwand.  Wer nach Oben strebt oder dort bleiben will, kommt in der Regel ohne entsprechende finanzielle Unterstützung nicht aus. Aber darf das dazu führen, dass Tradition und Identifikation nicht mehr sichtbar sind? Ist das wirklich der Preis für den Erfolg?

Ein wirklich schlechtes Beispiel erleben wir aktuell in unserer Region. Ein Verein mit einer mehr als hundertjährigen Tradition droht von der Bildfläche zu verschwinden. Ein Verein, der jahrzehntelang den Fuldaer Fußball außerhalb der Region würdig darstellte und schlicht und ergreifend das Synonym für den Fuldaer Fußball ist. Die Rede ist vom SC Borussia Fulda.

Man kann durchaus Sympathien für das Bestreben haben, die Fußballkräfte in Fulda zu bündeln um mal wieder in höhere Fußballsphären zu gelangen. Auch ein Zusammengehen der beiden besten Fußballmannschaften muss man nicht zwingend ablehnen. Rechtfertigt das aber, den Namen des jahrzehntelangen fußballerischen Aushängeschildes nicht in dem Fusionsnamen aufzunehmen?

SC Barockstadt Fulda-Lehnerz! Das Wappen dann noch garniert mit dem weltbekannten Barockbau Grillenburg? Bei so viel Ignoranz gegenüber der Fuldaer Tradition, da graut es einem Fuldaer Fußballfreund. Kann es sein, dass bei diesem Zusammenschluss die wirtschaftliche Dominanz obsiegte? Oder, um es mit dem Duktus der Wirtschaftswelt auszudrücken: Handelt sich um eine feindliche Übernahme?

Den Eindruck kann durchaus gewinnen. Die Namensgebung spricht Bände! Gut, es gibt sie noch die Mannschaft des SC Borussia, in der  A-Liga Fulda. Aber es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch diese Mannschaft Vergangenheit ist. Dafür die unaussprechliche Neugründung drei Mannschaften obwohl nur von zweien die Rede war. Dass die Vereinsstrukturen beim SC Borussia in den letzten Jahren nicht immer gelungen waren, sei’s drum. Auch das kein Grund.

Kommerz trift hier eindeutig Tradition. Sponsoren hatten das Sagen. Sichtbar dadurch, dass die Mitglieder sowohl von Borussia als auch von Lehnerz in der Presse das fertige Produkt vorgestellt bekamen und dann satzungshalber darüber abstimmen durften. Der wenig wertschätzende Umgang mit den Borussen-Fans passt da genau ins Bild.

Auch wenn es nicht um Gewinnerwartungen geht: Geld diktiert auch hier das Geschehen! +++ dieter