Dieters aufgemerkt: GroKo die Dritte – was nun?

Die Begeisterung hält sich bei den Meisten wohl in Grenzen

Deutsch, Bundestag

Fulda. Endlich haben wir die GroKo, wurde gejubelt. Nicht von Allen und wenig euphorisch. Oder war das etwa das Stöhnen der Verzweiflung? Vermutlich war es nur die Erleichterung, dass endlich wieder eine stabile Regierung im Amt ist? Die Begeisterung für die erneute, sogenannte „Große Koalition“ hält sich wahrlich bei den Meisten wohl in Grenzen. Genauso wie die Erwartungen, dass mit dieser Neuauflage eine neue, zukunftsweisende Politik verbunden wird. Nicht nur die Oppositionsparteien befürchten ein „Weiter so“ oder gar Stillstand. Das sind sie schon allein ihrer Rolle schuldig. Interessanterweise scheint auch in der Bevölkerung die Skepsis zu überwiegen, ja selbst bei den Mitgliedern der drei Koalitionsparteien herrscht alles andere als Euphorie.

Wen wundert es? Ist doch diese Neuauflage so etwas wie ein ungewolltes Kind. Vergessen wir nicht, dass letztendlich die FDP Schuld hat an dieser dritten Auflage. Also haben sich die drei Wahlverlierer zu einer neuen Verbindung durchgerungen. Die einen schneller wie bei CDU und CSU – bei der SPD dauerte es, schließlich musste man die Mitglieder entscheiden lassen. Wäre vielleicht auch mal ein Vorbild für andere Parteien. Die spannende Frage ist nun, gibt es ein langweiliges „Weiter so“ oder gibt sich die neue (vom Stimmenanteil her kleiner gewordene) GroKo einen Ruck zu innovativer, die Zukunftsfragen anpackender Politik? Schauen wir uns mal an, wie die dritte GroKo personell besetzt ist. Wir erkennen viel altbekanntes Personal. Nicht nur die Dauerkanzlerin, sondern auch die meisten Kabinettsmitglieder (9 von 16) haben bereits mehrjährige Erfahrung als Minister* innen, manche auch in verschiedenen Ministerien. Von da her überwiegt die Kontinuität. Damit aber das Etikett „Weiter so“ abgelegt werden konnte, mussten auch Neue her. Wobei hierbei weniger auf Fachkompetenz – gut, war sowieso immer nur ein untergeordneter Aspekt – geachtet wurde. Andere Auswahlkriterien wurden angelegt. So musste der parteiinterne Gegner der Kanzlerin, Jens Span, bedient werden, um ihn zu beruhigen. Scheint aber nicht zu klappen. Gehorsame politische Gefolgsleute waren zu bedienen, wie Andreas Scheuer. Wehe uns, wenn er die Arbeit seines Vorgängers Dobrint fortsetzt! Und bei der SPD? Mit Franziska Giffey scheint zwar der Osten bedient worden zu sein mit einer Frau, die kaum jemand kennt. Aber – das macht Hoffnung – sie Stand als Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln mitten im Brennpunkt einer sozialen Gemengelage und somit im richtigen Leben. Die anderen vier Neuen, sind mehr oder weniger unbeschrieben, sieht man mal von der ehemaligen Weinkönigin Julia Klöckner ab. Was sagt uns diese Besetzung? Da die bekannten Schwergewichte den wichtigsten Ministerien vorstehen werden und die neuen Minister*innen – mal von Jens Span abgesehen – wenig aufmüpfiges Potenzial besitzen, wird die dritte GroKo genauso wenig Aufbruchsstimmung verbreiten wie die beiden Vorgängerinnen. Trübe Aussichten!

Es sei denn, von der, im Koalitionsvertrag vereinbarten Agenda würde Zukunftsweisendes ausgehen. Dann würde das Erstaunliche eintreten, dass ein thematischer Neustart mit Personen stattfände, die bisher – warum auch immer – dazu nicht in der Lage waren. Sollen wir das wirklich glauben? Was also steht in dem Kompromisswerk dieser drei Parteien, die sich wieder finden mussten? Vor allem sehr viele Absichtserklärungen. „Wir wollen…“ kommt sehr häufig vor, „Wir werden….“ eher weniger. Natürlich befinden sich auch eine Reihe von konkreten Maßnahmen darin, denn es gibt ja auch genug Geld zu verteilen: Zum Beispiel für Bildung, Familien, Wohnen und Infrastruktur. Ist auch gut so, schließlich gibt es in diesen Bereichen einen enormen Nachholbedarf! Auch für finanzielle Entlastung ist gesorgt: Paritätische Bezahlung der Krankenkassen oder teilweise Abschaffung des Soli, um zwei wesentliche Punkte zu nennen. Was aber ist mit den wichtigen Zukunftsfragen? Hier bleibt der Koalitionsvertrag sehr im Vagen. Das kann man an drei wesentlichen Themen verdeutlichen, die eigentlich sofort aktiv angepackt werden müssten. Hier scheut sich die Koalition, vermutlich weil die Unterschiede der drei Parteien zu groß sind. Oder will man nur glänzen und schiebt das Schwierige und Unangenehme zur Seite? Nehmen wir die Gesundheitspolitik. Hier herrscht absoluter und dringender Handlungsbedarf. Die durchaus sinnvolle Bürgerversicherung kommt nicht. Stattdessen wird eine Kommission gebildet, die die ärztlichen Honorare für gesetzlich und privat Versicherte angleichen soll. Kaum zu glauben, dass hier etwas Sinnvolles herauskommt. Und wenn, dann zu Lasten der Beitragszahler! Es sollen 8000 Stellen in der Altenpflege geschaffen werden. Den ungefähr 13000 Seniorenheimen hilft das nicht unbedingt weiter, zumal die Fachkräfte gar nicht vorhanden sind. Mindestschlüssel in der Pflege und tarifliche Bezahlung überall, ist absolut wichtig.

Nur stellt sich bei diesen Vorhaben die Frage der Finanzierung. Dazu kein Wort! Auch hier zu Lasten der Beitragszahler? Das Rentenniveau bis 2024 auf 48 Prozent festzuschreiben, ist reine Verdummung. Alle seriösen Berechnungen gehen ohnehin davon aus. Was danach geschieht, dazu wird eine Kommission eingesetzt. Toll! Kommt dann das große Absenken? Die Politik drückt sich vor klaren Aussagen, wie sie die Altersarmut bekämpfen will. Die Grundrente (10 Prozent über der Grundsicherung) ist nur ein kleiner Schritt, benötigt wird aber ein großer Wurf. Die Rente darf eigentlich nie unter 50 Prozent fallen. Warum fehlt dazu der Mut? Bleibt die spannende Frage, wie lange diese GroKo halten wird. Vermutlich nicht die ganze Legislaturperiode. Dagegen spricht schon, dass alle drei Parteien zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Sie müssen ihre Identität neu definieren. Die CSU steht vor den bayrischen Landtagswahlen und will die AfD rechts überholen. Die CDU sucht ihr Profil als Partei nach Merkel und vor allem einen Nachfolger bzw. Nachfolgerin für die Kanzlerin. Und die SPD? Sie versucht gerade einen Relaunch mit Andrea Nahles als Fraktions- und Parteivorsitzende. Also – für Spannung ist gesorgt. Aber für eine vernünftige, zukunftsorientierte und bürgernahe Politik? Zweifel sind jedenfalls angebracht! +++ dieter