
Migration und die Aufnahme von Schutzsuchenden sind seit Jahren zentrale Themen politischer Debatten. Wie groß die Herausforderungen sind, zeigte ein zweitägiges Arbeitstreffen in Gießen, zu dem das Regierungspräsidium (RP) Gießen Vertreterinnen und Vertreter aus bundesweiten Erstaufnahmeeinrichtungen eingeladen hatte. Insgesamt 51 Fachleute aus elf Bundesländern nahmen teil. Das RP Gießen ist landesweit für die Erstaufnahme und Unterbringung von derzeit 5940 Flüchtlingen zuständig.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Katrin Hechler, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales. Sie betonte den Wert des persönlichen Austauschs und gemeinsamer Diskussionen, die den Blick weiteten und die Zusammenarbeit stärkten. Auch Regierungspräsident Christoph Ullrich hob in seinem Grußwort die Bedeutung der Kooperation hervor. Als Tagungsort wählten die Veranstalter ein Zelt, das normalerweise als Wartehalle dient – ein bewusst authentisches Umfeld.

Ullrich stellte zentrale Fragestellungen heraus: Wie lassen sich die europäischen Neuerungen im Asylrecht so umsetzen, dass Verfahren schneller und gerechter werden? Wie kann die Integration für Bleibeberechtigte verbessert und gleichzeitig Verbindlichkeit bei Rückführungen erreicht werden? Er unterstrich, dass es sich um komplexe, aber unvermeidbare Fragen handele, die sowohl für Schutzsuchende als auch für die Gesellschaft beantwortet werden müssten.
In sechs Workshops erarbeiteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im weiteren Verlauf Fachwissen und praxisnahe Lösungsansätze. Themen waren unter anderem der Umgang mit vulnerablen Gruppen wie Kindern, Pflegebedürftigen oder queeren Personen sowie Regeln innerhalb der Einrichtungen. Auch der Austausch über schwierige Einzelfälle stand im Mittelpunkt. Moderiert wurden die Sitzungen von Fachleuten des RP Gießen.
Einen rechtlichen Schwerpunkt setzte ein Vortrag von Dr. Sarah Peter, Richterin am Verwaltungsgericht Gießen, zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Diese war im Mai 2024 beschlossen worden und muss bis Mitte kommenden Jahres in nationales Recht umgesetzt werden. Hechler wies in diesem Zusammenhang auf die besondere Bedeutung der GEAS-Reform hin: Sie bilde die Grundlage für geordnete Verfahren, den Schutz humanitärer Standards und stelle die Landesbehörden vor neue Herausforderungen.
Manfred Becker, Leiter der Abteilung Flüchtlingsangelegenheiten im RP Gießen, erinnerte daran, dass die Erstaufnahmeeinrichtungen ihre Leistungsfähigkeit bereits mehrfach unter Beweis gestellt hätten – etwa während der Pandemie und bei der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge. Entsprechend optimistisch zeigte er sich mit Blick auf die Umsetzung von GEAS.
Am Nachmittag stieß auch Hessens Sozial- und Integrationsministerin Heike Hofmann zu dem Treffen. Sie würdigte die Arbeit der in den Erstaufnahmeeinrichtungen Beschäftigten und hob deren zentrale Rolle hervor. Kaum jemand wisse so genau wie sie um die Komplexität und die persönlichen Schicksale, die mit der Aufgabe verbunden seien. Hofmann betonte, dass die Herausforderungen nur gemeinsam zu bewältigen seien.
Am zweiten Veranstaltungstag setzten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Workshop-Reihe fort und erhielten bei einer Führung Einblicke in den laufenden Betrieb des Ankunftszentrums. Damit endete das Treffen, das nicht nur dem Wissens- und Erfahrungsaustausch diente, sondern auch die Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg stärken sollte. +++
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