
Alarmstimmung in der Gemeindevertretung: Die Bürgerliste Eichenzell hat in der Sitzung am 3. Juli 2025 scharfe Kritik an Bürgermeister Johannes Rothmund geübt. Der Vorwurf: massive Kostenüberschreitungen bei zentralen Bauprojekten, erhebliche Einnahmeverluste – und vor allem ein eklatanter Mangel an Transparenz und Kontrolle. „Die Lage ist ernst. Wir brauchen jetzt Verantwortung, keine Ausreden“, erklärte Fraktionsvorsitzender Joachim Weber.
Mehrkosten von über 1,3 Millionen Euro – Projekte sprengen Haushaltsrahmen
Besonders kritisch sieht die Bürgerliste die Kostenentwicklung bei drei laufenden Bauprojekten: Der Umbau des Bauhofs wird mit 1,05 Millionen Euro teurer als geplant, die Sanierung der Kreuzung Rhönhof/EKZ schlägt mit 180.000 Euro zusätzlich zu Buche, und auch die Sanierung des Friedhofs in Büchenberg wird 90.000 Euro mehr kosten. In Summe ergibt das eine Haushaltsabweichung von 1,32 Millionen Euro – Geld, das ursprünglich nicht eingeplant war. Weber prangert dabei vor allem die Informationspolitik an: „Wir erfahren regelmäßig erst dann von diesen Mehrkosten, wenn es keine realen Handlungsspielräume mehr gibt. Dann sollen wir nur noch abnicken, damit ein Projekt nicht zum Stillstand kommt. Das ist nicht akzeptabel – besonders nicht in einer angespannten Haushaltslage.“
Forderung nach Kontrollmechanismen – Maßnahmenkatalog verabschiedet
Die Bürgerliste hatte im Vorfeld der Sitzung bereits einen Maßnahmenkatalog zur besseren Kostenkontrolle im Haupt- und Finanzausschuss eingebracht. Dieser wurde nun mit breiter Mehrheit von Bürgerliste, SPD, FDP und CWE verabschiedet. Ziel ist ein monatliches Berichtswesen, das frühzeitig über Budgetabweichungen informiert. „Es reicht nicht, Projekte ambitioniert zu starten – sie müssen auch konsequent überwacht werden“, betont Weber. Die Verwaltung schlug vor, die Mehrkosten aus ursprünglich für die Ärzteversorgung vorgesehenen Mitteln zu decken. Diese waren im Haushalt 2025 mit einem Sperrvermerk versehen – eine Umschichtung statt strategischer Planung, kritisiert die Bürgerliste. Zwar habe man durchsetzen können, dass 200.000 Euro für das geplante Ärztehaus im Budget bleiben, dennoch sei die Umwidmung ein Symptom für grundlegende Versäumnisse. „Diese Art der Finanzierung ist nichts anderes als eine Kapitulation vor der eigenen Haushaltsdisziplin“, urteilt Weber. „Wir dürfen nicht einfach in andere Töpfe greifen, wenn Fehler passieren. Das untergräbt jedes Vertrauen in unsere Finanzplanung.“
Einnahmelücke von über 2,3 Millionen Euro – Hauptverursacher: Gewerbesteuer
Zusätzlich zu den Kostensteigerungen kämpft Eichenzell mit massiven Einnahmeausfällen. Bis zum 31. Mai 2025 fehlen im Haushalt über 2,35 Millionen Euro. Besonders drastisch fällt das Minus bei der Gewerbesteuer aus: Hier rechnet die Verwaltung mit rund 2,7 Millionen Euro weniger Einnahmen als erwartet. Bürgermeister Rothmund räumte in einer Stellungnahme ein, dass die aktuelle Entwicklung „äußerst bedauerlich“ sei. Er verweist auf komplexe Ursachen bei den Bauprojekten, etwa unvorhersehbare technische Probleme wie mangelnde Bodentragfähigkeit bei der Kreuzung Rhönhof oder unerwartete Leitungsarbeiten am Friedhof Büchenberg. Beim Bauhof sei zudem eine präzise Kostenermittlung erst nach detaillierter Planungsphase im Frühjahr 2025 möglich gewesen. Rothmund betont, dass keine Aufträge ohne Zustimmung der Gemeindevertretung vergeben worden seien und verweist auf eine bestehende Rücklage von über 11 Millionen Euro, mit der die Gemeinde wirtschaftliche Schwankungen abfedern könne. Zudem habe sich der Stand der Gewerbesteuereinnahmen zum 1. Juli bereits um etwa eine Million Euro verbessert.
Bürgerliste fordert Kurswechsel
Für die Bürgerliste sind diese Erklärungen unzureichend. Sie fordert einen grundlegenden Kurswechsel in der Projektsteuerung und Haushaltsführung. „Es geht nicht darum, ob man die Verwaltung entlasten kann – sondern darum, ob man aus Fehlern lernt. Wer entscheidet, muss auch kontrollieren – fortlaufend, nicht im Nachhinein“, mahnt Weber. Ob der nun beschlossene Maßnahmenkatalog langfristig mehr Kontrolle bringt, bleibt abzuwarten. Klar ist: Der finanzielle Spielraum der Gemeinde schrumpft – und mit ihm das Vertrauen in eine vorausschauende kommunale Haushaltsführung. +++
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