Steffen Bilger, Parlamentarischer Geschäftsführer der Union, sieht die Koalition von SPD und Union nach der ersten Sommerpause vor einer Phase wichtiger Entscheidungen. "Wir wissen in allen drei Koalitionsparteien, dass wir eine wichtige Aufgabe zu erfüllen haben und uns darum kümmern sollten, Probleme zu lösen und die richtigen Entscheidungen zu treffen", sagte Bilger im Berlin Playbook-Podcast des Nachrichtenmagazins POLITICO.
Das Treffen der Unionsspitzen am Montagnachmittag sei "seit Wochen geplant" und keineswegs als Krisensitzungen zu werten. Es sei "eine sinnvolle Sache, bevor es wieder losgeht, in Ruhe die anstehenden Themen zu besprechen." Zugleich räumte Bilger ein, dass die Koalition nicht frei von Spannungen sei. Zwar hätten sich Union und SPD nach dem Koalitionsvertrag "gleich an die Umsetzung" gemacht, doch "natürlich gibt es auch Probleme", etwa bei der Debatte über Steuer- und Sozialpolitik. Bilger sagte, es gehe um sachliche Differenzen, nicht um einen Koalitionsbruch: "Wir sind eine Arbeitskoalition." Er erwarte von der SPD "konstruktives Regieren" und sieht "ein gemeinsames Verständnis, dass wir Reformbedarf haben".
SPD-Spitzen warnen Merz vor Sozialabbau und Schwarzmalerei
Führende SPD-Politikerinnen warnen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) davor, die Lage des Sozialstaats in Deutschland schlechtzureden und Sozialleistungen zu kürzen. Der "Bild" sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Petra Köpping: "Deutschland ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. So zu tun, als stünden wir am Abgrund, ist unverantwortlich." Es brauche Reformen, so Kipping: "Bevor aber Ängste vor Kahlschlag und Sozialabbau geschürt werden, wären wir alle gut beraten, miteinander Vorschläge zu erarbeiten." Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Serpil Midyatli mahnte Merz, der Staat habe die Verantwortung für alle Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. "Sozialdemokraten haben in mehr als 160 Jahren einen starken Sozialstaat erkämpft. Das allein auf die Kassenlage zu reduzieren, wird es mit uns nicht geben", sagte Midyatli der "Bild". Merz hatte am Wochenende gesagt, der Sozialstaat sei in seiner jetzigen Form "nicht mehr finanzierbar".
Laumann nimmt Beamten-Pensionen ins Visier
In der Debatte über die Altersversorgung der Deutschen fordert NRW-Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) einen Perspektivwechsel. "Wer das Renteneintrittsalter verändert, wird auch das Pensionsalter verändern müssen. Wer Renten kürzt oder erhöht, wird auch Pensionen kürzen oder erhöhen müssen", sagte er der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). Jede Veränderung bei der Rente müsse sich bei den Pensionen widerspiegeln. Man könne zwar diese beiden Systeme der Altersversorgung nicht eins zu eins vergleichen. "Aber Fakt ist: Das Rentenniveau beträgt ohne Zusatzversorgung rund 48 Prozent, während bei Beamten der durchschnittliche Ruhegehaltssatz rund 20 Prozentpunkte darüber liegt", so Laumann.
Im Streit um das Renteneintrittsalter distanziert sich Laumann derweil von jenen, die nach der "Rente mit 70" rufen. "Es regt mich schon auf, wenn ich Leute aus den politischen Jugendverbänden erlebe, die sagen, wir bräuchten die Rente mit 70, die aber selbst noch mit 35 studieren. Dann geht mir als jemand, der eher einen Gesellenbrief hatte als den Führerschein, die Hutschnur hoch", sagte er der WAZ. "Es gibt in Europa nicht viele Länder, die ein höheres Renteneintrittsalter haben als Deutschland", sagte Laumann weiter. Wichtig sei es, denjenigen, die schon in jungen Jahren gearbeitet haben, die Chance zu geben, früher aus dem Berufsleben herauszukommen. Er könne auch nicht erkennen, dass es in Deutschland übertrieben hohe Renten gebe.
Wirtschaftsweise warnt vor Lage bei den Sozialversicherungen
Die Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft, Monika Schnitzer, hat vor der dramatischen Lage der Sozialversicherungen gewarnt und die Bundesregierung zu Reformen aufgefordert. "Wir müssen uns auf jeden Fall mit den Sozialversicherungen beschäftigen - die sind nicht zukunftsfest", sagte Schnitzer dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Es werde immer schwieriger, die Rentenzahlungen aus den Beiträgen der arbeitenden Bevölkerung zu finanzieren. "Wenn die Regierung nichts tut, wird der Kollaps unweigerlich kommen."
Zwar räumte sie Union und SPD noch etwas Zeit ein. "Was Wirtschaftsthemen angeht, hat sie einiges in Aussicht gestellt und ist auch schon einiges angegangen, der große Wurf fehlt aber noch", sagte sie. Aktuell sehe es nicht so aus, als gingen Union und SPD große und mutige Reformen an. "Dabei wären die nicht nur bei der Rente nötig. Wir können auch die Ausgaben der Pflegeversicherung nicht weiter so ansteigen lassen", befand die Ökonomin. "Natürlich muss es Unterstützung geben, aber es muss auch klar sein, dass jeder damit rechnen muss, irgendwann mal ein Pflegefall zu werden. Dafür muss er auch selbst vorsorgen", forderte sie.
Natürlich dürfe man die Leute nicht alleinlassen. "Aber solange die Menschen noch Vermögen besitzen, auch wenn es ein Eigenheim ist, dann muss das eben herangezogen werden. Man kann nicht erwarten, dass der Staat das Eigenheim schützt, wovon am Ende die Erben profitieren, aber die Kosten der Pflege von der Allgemeinheit getragen werden", sagte Schnitzer. Sie unterstütze deshalb einen Vorschlag des Beirats des Wirtschaftsministeriums. "Die Baby-Boomer haben vermutlich noch 20 Jahre, bis sie selbst pflegebedürftig werden. Die sollten sie nutzen, so der Vorschlag, um mehr in einem Fonds anzusparen und so dafür zu sorgen, dass ihre Pflegeleistung später finanziert werden kann", forderte sie. +++








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