Vor dem Landgericht Gießen läuft derzeit ein aufsehenerregender Mordprozess, in dessen Zentrum eine getötete und zerstückelte Frau aus Lauterbach steht – und ein ungewöhnliches Beweismittel: eine Übersetzer-App. Angeklagt sind ein 58-jähriger Frührentner aus dem Vogelsbergkreis und seine 44-jährige Lebensgefährtin. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, eine 55-jährige, geistig behinderte Frau getötet, den Leichnam zerstückelt und monatelang in einem Fass im Keller ihres Hauses versteckt zu haben. Zusätzlich sollen Teile der sterblichen Überreste später in einem Waldstück entsorgt worden sein.
Das mutmaßliche Opfer war Ende November 2023 in das Haus der Angeklagten gezogen. Laut Anklage war der Alltag dort bereits kurze Zeit später von Gewalt, Erniedrigung und Ausbeutung geprägt. Anfang 2024 soll es schließlich zu der tödlichen Tat gekommen sein. Die Ermittlungen zeichnen ein erschütterndes Bild: Wiederholte Misshandlungen, Drohungen und ein angsterfülltes Umfeld sollen das Leben der Frau in den letzten Wochen vor ihrem Tod geprägt haben. Der Fall steht zugleich im Zusammenhang mit länger andauernden Missständen. Seit Ende 2015 sollen die Angeklagten mehrfach Menschen in ihrem Haus aufgenommen und diese teilweise körperlich und psychisch misshandelt oder ausgebeutet haben.
Bemerkenswert ist die Rolle digitaler Spuren in diesem Verfahren. Eine zentrale Beweisquelle ist der Google-Übersetzer, der im Haushalt intensiv genutzt wurde, um mit einem inzwischen verstorbenen rumänischen Mitbewohner zu kommunizieren. Ermittler stellten fest, dass über die App Nachrichten formuliert wurden, die Hinweise auf das Geschehen und das Verhalten im Haushalt geben könnten. Die Daten aus der Google-Cloud gelten als entscheidend für die Rekonstruktion der Abläufe. Insgesamt wurden über das Mobiltelefon der Angeklagten rund 22.000 Chatnachrichten gesichert und ausgewertet.
Die Dimension des Verfahrens zeigt sich auch in der Vorbereitung der Justiz: Die Anklageschrift umfasst etwa 109 Seiten. Mehr als 90 Zeugen und sechs Sachverständige sind geladen, um den komplexen Sachverhalt zu beleuchten. Die Verhandlung dreht sich dabei nicht nur um die Frage der Täterschaft und die genauen Todesumstände, sondern auch um den sozialen Kontext und das System von Abhängigkeit und Gewalt, das nach Einschätzung der Ermittler in dem Haus geherrscht haben soll.
Der Prozess wird in den kommenden Wochen fortgeführt. Ob und wann ein Urteil fällt, ist noch unklar. Bis dahin bleibt der Fall ein erschütterndes Beispiel dafür, wie moderne digitale Kommunikation bei der Aufklärung schwerster Verbrechen eine zentrale Rolle spielen kann – und wie tief menschliche Tragödien hinter scheinbar alltäglichen Datenspuren verborgen liegen können. +++








 
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