Waschbär wird zur Plage – Bedrohung für heimische Tierarten

Waschbären mögen auf den ersten Blick niedlich erscheinen, doch für viele heimische Tierarten stellen sie eine ernsthafte Gefahr dar. Die aus Nordamerika stammenden Tiere breiten sich in Deutschland zunehmend aus und werden zu einer regelrechten Plage. Besonders im Landkreis Fulda ist das Problem inzwischen deutlich spürbar. „Wir haben definitiv ein Waschbärproblem im Landkreis Fulda“, erklärt die Jagdbehörde. Die Tiere leben in großen Familienverbänden, vermehren sich schnell und richten erhebliche Schäden in der Natur an.

Im Biosphärenreservat Rhön sind laut Elmar Herget, Sachgebietsleiter für Naturschutz bei der Hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats, bereits deutliche Auswirkungen zu beobachten. „Wir haben beispielsweise gehäutete Erdkröten und Überreste von Tieren gefunden. Außerdem ist die Brut bei einigen Rotmilanen teilweise nicht erfolgreich gewesen, da die Jungvögel vermutlich durch Waschbären getötet wurden“, berichtet Herget.

Besonders betroffen sind seltene Tierarten, die ohnehin nur noch in begrenzten Populationen vorkommen. Zu den gefährdeten Vögeln zählen insbesondere Bodenbrüter wie Rebhuhn, Wiesen- und Baumpieper, Bekassine, Braunkehlchen und Wachtelkönig. Aber auch baumbrütende Arten wie Rotmilan, Schwarzstorch und Wespenbussard sowie Felsenbrüter wie Uhu und Wanderfalke stehen auf dem Speiseplan der Allesfresser.

Neben Vögeln leiden auch Amphibien und Reptilien unter der Ausbreitung des Waschbären. „Sie fressen nicht nur erwachsene Tiere und Jungtiere, sondern suchen gezielt Laichgebiete auf und räubern die Eiablagen. Das betrifft alle heimischen Amphibien, darunter auch seltene Arten wie den Feuersalamander, sowie Reptilien wie die in der Rhön noch vorkommende Kreuzotter“, so Herget weiter.

Im Rahmen des EU-geförderten LIFE-Projekts „Rhöner Bergwiesen“ wurden im EU-Vogelschutzgebiet „Hessische Rhön“ gezielte Maßnahmen zum Schutz bedrohter Bodenbrüter umgesetzt. Neben Biotopoptimierungen spielte dabei auch die Bejagung invasiver Arten eine zentrale Rolle. Durch intensive Waschbärjagd in den Kerngebieten – etwa rund um das Rote Moor sowie in den Offenlandbereichen am Stirnberg und Steinkopf – konnten die Bestände der Tiere deutlich reduziert werden. „Da gleichzeitig gefährdete Arten wie Bekassine und Wachtelkönig wieder zugenommen haben, kann man einen Zusammenhang zwischen der Waschbär-Bejagung und dem Bruterfolg annehmen“, betont Herget. Auch nach Abschluss des Projekts wird die Bekämpfung des Waschbären fortgesetzt.

Zusätzlich zur Jagd werden weitere Schutzmaßnahmen umgesetzt. So werden Horstbäume von Rotmilan und Schwarzstorch mit Manschetten versehen, um zu verhindern, dass Waschbären die Stämme hinaufklettern können. Die Jagdzahlen im Landkreis Fulda sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen: Während im Jagdjahr 2019/2020 noch 1640 Waschbären erlegt wurden, waren es im Jagdjahr 2024/2025 bereits 2567 Tiere. Das Land Hessen plant zudem, das Jagdrecht anzupassen und Schonfristen aufzuheben, um die Regulierung der Bestände zu erleichtern.

Auch für den Menschen kann der Waschbär zur Belastung werden – besonders dann, wenn er sich in Gärten oder Häusern einnistet. Ist er erst einmal auf dem Dachboden oder unter dem Dach, lässt er sich nur schwer vertreiben. Als sogenannter Kulturfolger hat sich der Waschbär gut an das Leben in der Nähe des Menschen angepasst und ist mittlerweile auch in Dörfern häufig anzutreffen.

Die Jagdbehörde rät daher, Vorsorge zu treffen: „Sorgen Sie dafür, dass der Waschbär erst gar nicht ins Haus kommt. Decken Sie den Kompost ab, bringen Sie Vogelfutter abends ins Haus, verschließen Sie Mülltonnen und sichern Sie Dachrinnen. Waschbären lassen sich außerdem durch laute Musik, Bewegungsmelder oder automatische Wassersprühvorrichtungen vertreiben.“ Wird der nachtaktive Waschbär zu sehr gestört, sucht er sich meist einen anderen Aufenthaltsort.

So bleibt die Herausforderung, das Gleichgewicht zwischen Mensch, Tier und Natur zu bewahren – und die heimische Artenvielfalt trotz der invasiven Waschbärpopulation langfristig zu schützen. +++


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