Vier Jahre nach der Ahrtalflut: Wilhelm Hartmann – Vom Krisenhelfer zum Politiker

In der Politik fehlt es an Machern

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Vier Jahre nach der verheerenden Ahrtalflut blickt Wilhelm Hartmann, Gärtnermeister aus Fulda, auf einen dramatischen Wendepunkt in seinem Leben zurück – und nach vorn in die Politik. Aus seinem selbstorganisierten Hilfseinsatz in einer der schlimmsten Katastrophen der deutschen Nachkriegsgeschichte erwuchs bei ihm der Entschluss: „In der Politik fehlt es an Machern – das will ich ändern.“

Katastropheneinsatz im Chaos

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 verwüstete eine bis zu zehn Meter hohe Flutwelle das Ahrtal. Häuser, Straßen und Brücken wurden zerstört, Menschen starben. Während offizielle Stellen überfordert oder untätig wirkten, organisierten sich Freiwillige über soziale Netzwerke. Einer der ersten: Wilhelm Hartmann. Bereits einen Tag nach der Flut reiste er mit sieben Mitstreitern und technischem Gerät ins Krisengebiet, konkret in die Walporzheimer Straße. Dort, unter Anweisung der örtlichen Feuerwehr, half die Gruppe beim Bergen, Räumen und Sichten der Lage. In den nächsten Tagen folgten Tausende weitere freiwillige Helfer – meist Landwirte, Handwerker oder Baufachleute. „Es herrschten kriegsähnliche Zustände. Die offizielle Hilfe war überfordert oder kam gar nicht. Also packten wir an“, erinnert sich Hartmann. Auf Straßen türmten sich meterhohe Schlammmassen, in denen sich auch menschliche Überreste fanden. Infrastruktur war flächendeckend zerstört, Evakuierungen dauerten an, oft zu spät.

Spontane Hilfe, professionell organisiert

Weil es an allem fehlte, wurde improvisiert – und das mit bemerkenswerter Effektivität. Hartmann errichtete mit Zustimmung eines Ortsvorstehers ein Containerdorf, das er aus eigener Tasche finanzierte. Über 40 Container schufen Unterkunft und Infrastruktur für rund 20.000 Helfer, die bis Mai 2022 dort kostenlos nächtigten. Der improvisierte Name: „WilhelmsHAFEN“. Nebenan entstand ein riesiges Baustoffzelt von über 1.000 Quadratmetern. Unter Leitung eines Freiwilligen, genannt „Kaiser“, wurde es zur Spendenzentrale für Baumaterialien. Die Hilfsgüter kamen aus ganz Deutschland – gespendet von Privatpersonen, Firmen und Vereinen. „Der Warenwert lag bei konservativ geschätzt acht Millionen Euro“, so Hartmann. Betroffene konnten mit Ausweis und Flutbescheinigung kostenlos Baustoffe mitnehmen. Eine Kasse gab es nicht. Dafür viele Tränen.

Helfer unter Beschuss

Doch trotz (oder gerade wegen) des Erfolgs stießen Hartmann und andere Freiwillige wie Markus Wipperfürth auf Widerstände – insbesondere von Behörden. Der Vorwurf: mangelnde Koordination, unbefugtes Handeln. Unterstützende Strukturen von offizieller Seite? Fehlanzeige. Stattdessen wurde sogar gegen Helfer mit bürokratischen Mitteln und medialer Kritik vorgegangen. Ob politische Motive hinter der damaligen Hetze steckten, klärt bis heute die Justiz. Für Hartmann steht jedoch fest: „Die politische Struktur hat versagt. Wir mussten erleben, dass auf dem Papier funktionierende Abläufe in der Praxis komplett scheiterten.“

Vom Helfer zum Politiker

Die Erfahrungen aus dem Ahrtal ließen Hartmann nicht mehr los. Im Jahr 2023 trat er den FREIEN WÄHLERN bei, gründete die Stadtvereinigung in Fulda und engagiert sich seitdem auf mehreren Ebenen. Als Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Landwirtschaft & Forst gibt er seiner Berufsgruppe politisches Gehör. Zudem ist er Vorsitzender der Kreisvereinigung Fulda und Beisitzer im hessischen Landesvorstand. Zur Bundestagswahl trat Hartmann als Direktkandidat und hessischer Spitzenkandidat an – mit beachtlicher Resonanz, wenn auch ohne Einzug. Für ihn kein Grund zum Aufgeben: „Ich verfolge weitere Ziele mit Elan. Politik braucht Macher, keine Verwalter von Versagen.“

Vier Jahre später: Erinnern und Anpacken

Zum vierten Jahrestag der Ahrtalflut zieht Hartmann eine nüchterne Bilanz: Die Spontanhelfer retteten Existenzen, die Politik dagegen müsse dringend lernen, wie praktische Hilfe wirklich funktioniert, so Wilhelm Hartmann. Mit seiner Geschichte steht der Gärtnermeister heute nicht nur für Zivilcourage, sondern auch für einen Richtungswechsel in der Politik – nah am Menschen, mit dem Blick fürs Machbare. +++


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2 Kommentare

  1. Was noch viel schlimmer ist, ist, dass den uneigennützigen Helfern Markus Wipperfürth und Wilhelm Hartmann noch von einigen Seiten übel mitgespielt wurde. Sie mit Vorwürfen zu überziehen, ihnen persönliche Bereicherung vorzuhalten und was noch Alles über Sie auszuschütten ist ein solch schändliches Verhalten, das seinesgleichen sucht. Die Politik sollte sich im Gegenteil ein leuchtenden Beispiel daran nehmen, wie uneigennütziges persönliches Engagement zu einer Welle der Hilfsbereitschaft geführt hat, während die Protagonisten der Politik jeder Liga entweder geschlafen haben, und / oder unfähig dagestanden sind. Das Schlimme daran ist, dass sich jeder, der sich normalerweise für seine Mitmenschen einbringen würde, in Kenntnis dieser Vorfälle in Zukunft sehr gut überlegen wird, ob er sich so etwas antut und eigene Opfer zur Linderung der Not der schicksalhaft Betroffenen einbringt. Leider wird Wilhelm Hartmann auch in seinem politischen Handeln bei den FREIEN WÄHLERN nicht als der selbstlose und uneigennützige Ehrenmann erkannt, der er ist - denn wäre dies so, dann hätte er als Spitzenkandidat der Landesvereinigung 10% der Stimmen auf sich vereinigen müssen. Schade, dass die Wählerinnen und Wähler darauf nicht achten. Aber es ist nicht zu spät; jeder hat diese Chancen ja erneut.

  2. Ein sehr lesenswerter, informativer Beitrag, der den Menschen und Kommunalpolitiker Wilhelm Hartmann den Lesern näherbringt. Das hohe Engagement von Herrn Hartmann kann nicht genug gewertschätzt werden. Geredet wird - es ist im Beitrag angeklungen - viel; wirklich angepackt und konkret nach Lösungen gesucht, leider, insbesondere in der (Bundes-)Politik zu wenig. Herr Hartmann, lassen Sie sich von ihrem Engagement nicht abbringen. Es ist in jeder Hinsicht nachahmenswert.

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