Entzug von Pass bei "Clankriminalität"? Die Innenminister der unionsgeführten Länder wollen einen Passentzug prüfen. Dies teilte der Hessische Innenminister Peter Beuth, Sprecher der unionsgeführten Innenministerien am Sonntag mit. Er hat gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul ein Positionspapier der Innenministerinnen und -minister der Union (B-Länder) vorgestellt.
„Wir leben in einem sehr sicheren Land. Die Aktivitäten krimineller Clanangehöriger haben sich in Teilen Deutschlands in den letzten Jahren allerdings verstärkt zu einem sichtbaren Phänomen in vielen Bereichen der Allgemeinkriminalität und der Organisierten Kriminalität entwickelt. Die Spannbreite der Taten reicht von Bagatelldelikten, spektakulären Raubzügen und Diebstählen bis hin zu gewaltsam ausgetragenen Konflikten zwischen kriminellen Mitgliedern verfeindeter Clans oder Akteuren der Organisierten Kriminalität auf offener Straße.
Diese Taten und das Vorgehen krimineller Clanangehöriger erfordern konsequente Maßnahmen des Rechtsstaats auf allen Ebenen. Gegenwärtig wird der Kampf vor allem in den Ländern geführt, die mehr Unterstützung seitens des Bundes gut gebrauchen können. Bundesinnenministerin Faeser kündigte im vergangenen Jahr eine ‚Allianz gegen Clankriminalität‘ an. Leider gibt es bis heute seitens des Bundes keine Strategie und keine konkreten Maßnahmen. Im Gegenteil verwehrte die Bundesinnenministerin zuletzt ihren Polizeibehörden wichtige Befugnisse und Ermittlungswerkzeuge im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität. Für die Länder und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sind eine klare Strategie, starke Sicherheitsbehörden und ein konsequentes Vorgehen aller Polizeien und Sicherheitsbehörden von großer Bedeutung. Hierfür setzen sich vor allem die unionsgeführten Innenministerien mit Nachdruck ein. Nur durch ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen können wir kriminelle Clanstrukturen, die unsere Gesellschaft und unseren Rechtsstaat herausfordern, konsequent und nachhaltig zerschlagen. Mit unserem Positionspapier zeigen wir auf, wie das mit einem umfassenden Ansatz aus richtigen Schwerpunkten, einer ‚Null-Toleranz-Linie‘, einem vertieften strategischen Austausch, Ausweisungen, präventiven Maßnahmen und entsprechend befähigten Polizei- und Sicherheitsbehörden gemeinsam gelingen kann“, sagt Peter Beuth, Innenminister des Landes Hessen und Sprecher der unionsgeführten Innenministerien in Deutschland.
NRW-Innenminister Herbert Reul: „Seit Jahren gehen wir in Nordrhein-Westfalen konsequent gegen Clankriminelle vor: mit Null-Toleranz, mit Repression und mit Prävention. Damit fahren wir gut und stören kriminelle Clanangehörige gewaltig. Aber nicht nur in NRW, sondern in ganz Deutschland muss gelten: Clankriminelle dürfen weder zu Tumulten auf unseren Straßen aufrufen, noch ungehindert betrügen, stehlen oder fälschen. Wir dürfen diesen Leuten keinen Zentimeter Raum lassen, ihrem rechtswidrigen Tagesgeschäft nachzugehen und müssen denen das kriminelle Handwerk legen. Genauso müssen wir klarmachen, dass selbsternannte Friedensrichter für unsere rechtsstaatlichen Verfahren keinerlei Bedeutung haben. Es ist gut, wenn jetzt auch der Bund seine Ideen im Kampf gegen die Clankriminalität einbringen will. Noch besser wären konkrete Maßnahmen. Bislang sind es vor allem die Polizistinnen und Polizisten in den Ländern, die die Nadelstiche setzen und mit viel Geduld sowie großer Akribie beachtliche Ermittlungserfolge erzielen.“
17 konkrete Vorschläge
Das Positionspapier der Union umfasst insgesamt 17 Punkte mit Schwerpunkten, Maßnahmen und Forderungen. So soll mit einer konsequenten „Null-Toleranz-Linie“ der Kontroll- und Verfolgungsdruck auf kriminelle Mitglieder von Clans erhöht werden, um der Entstehung „rechtsfreier Räume“ vorzubeugen. Die B-Länder verständigten sich auf einen neuen strategischen Austausch und ein gemeinsames koordiniertes Vorgehen, um länderübergreifende Ermittlungen und Auswertungen zu stärken. Im Rahmen eines ganzheitlichen, konzertierten und behördenübergreifenden Ansatzes wird darauf gedrungen, die Zusammenarbeit aller relevanten Akteure – Verfassungsschutz, Polizei, Justiz, Zoll, Ausländerbehörden, Sozial- und Jugendämter, Schulen, Steuerfahndung, Gewerbeaufsicht, Ordnungsbehörden und die Bundesagentur für Arbeit – noch stärker zu vertiefen.
Adäquate Befugnisse und Fähigkeiten
Im Bereich der Befugnisse und Fähigkeiten der Sicherheitsbehörden wird die Bundesregierung aufgefordert, die bestehenden Gestaltungsspielräume effektiv zu nutzen, damit schwere Kriminalität auch durch die Erhebung von IP-Adressen konsequent bekämpft und weitere Taten schnellstmöglich verhindert werden können. Gefordert wird des Weiteren, dass die Nachrichtendienste die Verkehrsdatenspeicherung durch die Schaffung von funktionsadäquat ausgestalteten Eingriffsschwellen ebenfalls nutzen können. Betont wird die Bedeutung der Quellen-TKÜ zur Überwachung von Messenger-Kommunikation, in deren Kontext die Fähigkeiten der Behörden gestärkt und die rechtlichen Rahmenbedingungen erforderlichenfalls angepasst werden müssen. Um komplexe Ermittlungen effektiver und effizienter zu gestalten, wird der Bund angehalten, die Beschaffung und den Einsatz der vertraglich für alle Länder und den Bund abrufbaren „Verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform (VeRA)“, einem digitalen Ermittlungswerkzeug zur Auswertung vorhandener polizeiliche Datenbestände, zu forcieren. Ein vergleichbares System ist in Nordrhein-Westfalen und Hessen bereits erfolgreich im Einsatz.
Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrecht, Prävention
Nach Möglichkeit wird die konsequente Durchsetzung von aufenthaltsbeendenden und aufenthaltsbeschränkenden Maßnahmen gegen Clankriminelle als Priorität definiert. Geprüft werden soll, ob Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit, die an Organisierter Kriminalität nachweisbar mitwirken, die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden kann. Bei kriminellen Jugendlichen soll im Rahmen der gesetzlichen Regelungen darauf hingewirkt werden, dass diese schneller verurteilt werden, um eine zugeschnittene Reaktion auf delinquentes Verhalten zu ermöglichen. Präventive Maßnahmen werden als wichtig erachtet. So gilt es, mit gezielten, langfristig angelegten, auch vom Bund finanzierten Förder- und Aussteigerprogrammen repressive Maßnahmen zu flankieren. Ebenso sind die Stärkung und Sensibilisierung von Lehrkräften und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern in den Schulen notwendig, um frühzeitig dem Abdriften in kriminelle Strukturen entgegenzuwirken. +++ pm









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