Städte fordern Schutz ihres Nahverkehrs vor Zwangsprivatisierung

Bahnhof Berlin

Berlin. In deutschen Städten wächst die Angst vor einer Zwangsprivatisierung des Nahverkehrs: Der Deutsche Städtetag forderte eine Gesetzesänderung zum Schutz öffentlicher Angebote: "Die Kommunen müssten das Recht zurückerhalten, einen guten und effizienten Nahverkehr für die Bevölkerung zu organisieren", sagte Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der "Süddeutschen Zeitung".

Hintergrund ist der Fall Pforzheim, den Bürgermeister bundesweit als mögliche Blaupause einer kommunalen Privatisierungswelle sehen. Die Bahntochter DB Regio übernimmt hier vom 11. Dezember an das Stadtbusnetz, schreibt die Zeitung. Die Bahn habe dabei eine Sonderregelung im Personenbeförderungsgesetz genutzt, die bei der Novelle 2013 in Kraft trat, bislang aber kaum Beachtung fand: Demnach können Unternehmen vor Beginn der Ausschreibung die Übernahme von Netzen beantragen, wenn sie diese ohne öffentliche Zuschüsse betreiben. Diese Regelung nutzte in Pforzheim erstmals ein Unternehmen in Deutschland. Aus Sicht des Städtetags ist das erst der Anfang. Mehrere entsprechende Versuche privater Anbieter habe es zuletzt gegeben. Diese wollten so an Linienkonzessionen kommen, ohne dass Städte über die Vergabe oder wesentliche Inhalte der Verkehrsangebote entscheiden könnten, warnte der Verband.

Das Gesetz müsse rasch geändert werden. Das aktuelle Recht sei ein Einfallstor für Unternehmen, die behaupteten, ohne Zuschüsse klarzukommen, sagte Dedy. "In der Praxis aber erwarten auch sie öffentliche Zuschüsse, etwa für die Beförderung von Schülern und für vergünstigte Tickets im Verkehrsverbund." Damit werde "die Qualität des Verkehrsangebots gefährdet". Die Bahn weist Tricksereien weit von sich. Man sei einer der großen Busbetreiber in Deutschland. Der Konzern könne etwa Busse oder Kraftstoffe deutlich günstiger einkaufen und die Leistungen so effizienter anbieten. +++


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1 Kommentar

  1. Das ist alles erst der Anfang. Durch das neue Personenbeförderungsgesetz wird es zugelassen, dass die Privatisierung in großen Schritten voranschreitet. Hintergrund ist der Geldmangel wegen der Schuldenbremse und der unzureichenden Steuern. Da wird lieber die Vermögenssteuer abgelehnt und die Erbschaftssteuer für Superreiche auf einen lächerlichen Kleinstbetrag minimiert, statt für die gemeinschaftliche Daseinsvorsorge Geld zur Verfügung zu stellen. Das große Übel bei dieser Privatisierungswelle im Nahverkehr ist aber auch, dass die Beschäftigten (z. B. Busfahrer) mit Minilöhnen abgespeist werden müssen, damit das Modell ohne Staatszuschüsse funktioniert. Lohndumping und Qualitätsverlust sind die Folge. Und das in einem der reichsten Länder der Erde. Oder ist unser Land gar nicht reich, sondern nur einige Wenige in diesem Land? Der Rest des Übels wird dann durch CETA und TTIP vervollständigt.

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