SPD und Linke verurteilen Unionsaussagen zu Annäherung an AfD

Ex-CDU-Generalsekretär will Beschlüsse mit der AfD ermöglichen

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Foto: fdi-Mediendienst

In Teilen der Union wird über ein Aufweichen der Brandmauer nach Rechts nachgedacht - SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf zeigt sich nun alarmiert und nennt die Überlegungen beim Koalitionspartner ein "fatales Signal". "Rechtsextreme bekämpft man nicht, indem man mit ihnen zusammenarbeitet", sagte Klüssendorf dem "Spiegel".

"Wir appellieren an die Verantwortungsträger der Union, gerade jetzt Haltung zu zeigen", so Klüssendorf. Eine Zusammenarbeit dürfe es nicht geben - egal wie schwierig die Mehrheitsverhältnisse sind. "Die Brandmauer gegenüber Rechtsextremen muss stehen." Ähnlich äußerte sich die innenpolitische Sprecherin der Linken, Clara Bünger. "Das ist ein erneuter Testballon der Union, wie weit sie sich noch nach rechts öffnen kann", sagte die Linkenabgeordnete dem "Spiegel". Die Union stelle damit offen den Koalitionsvertrag infrage. "Das sollte insbesondere die SPD beunruhigen", so Bünger. Die Empörung aus SPD und Linke richtet sich gegen ehemalige Funktionäre der CDU, die öffentlich über Kooperationen mit der AfD geschrieben hatten: Der frühere CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und der einstige Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission Andreas Rödder hatten sich im "Stern" für eine Abkehr von der Brandmauer gegen die AfD starkgemacht. Allerdings sorgte der Vorstoß unmittelbar auch innerhalb der CDU für Empörung, unter anderem bei Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther und Bildungsministerin Karin Prien.

Ex-CDU-Generalsekretär will Beschlüsse mit der AfD ermöglichen

Namhafte Unionsvertreter fordern kurz vor einer Klausur des CDU-Präsidiums einen Kurswechsel im Umgang mit der AfD. Der Eindruck "Alle gegen die AfD" müsse vermieden werden, sagte Ex-Generalsekretär Peter Tauber dem "Stern". "Wir sollten deshalb über eine neue Politik der roten Linien nachdenken, die es dann aber auch erlaubt, Beschlüsse zu fassen, denen die AfD zustimmt", so Tauber. Der 51-Jährige fürchtet angesichts der Stärke der AfD sonst "parlamentarische Blockaden". Tauber, der einst unter Angela Merkel General war, fragte, wie es gerade im Osten noch zu nachvollziehbaren Mehrheiten kommen solle. "Gerade dort fühlen sich die Leute zunehmend an die Blockbildung zu DDR-Zeiten erinnert." Er halte einen neuen Umgang mit der AfD deshalb für "staatspolitisch notwendig". Diese müsse von einer Vereinbarung aller Parteien flankiert werden, "sodass nicht bei jedem Beschluss, der mit Stimmen der AfD zustande kommt, die Nazikeule geschwungen wird", fordert der CDU-Politiker. Andreas Rödder, Vorsitzender des unionsnahen Think Tanks "Repbulik21", forderte ein Ende der Abgrenzungsstrategie. "Je höher man die Brandmauer gezogen hat, desto stärker ist die AfD geworden", sagte der Historiker dem "Stern". Es brauche "eine konditionierte Gesprächsbereitschaft diesseits der 'Brandmauer'", sagte er. "Wenn die AfD rote Linien einhält und sich klar von rechtsextremen Positionen und Figuren abgrenzt, ist es den demokratischen Versuch wert, das Gespräch zu suchen und eine harte Auseinandersetzung in der Sache zu führen."

Stegner droht Union mit Koalitionsende bei Aufgabe der Brandmauer

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner hat die Union eindringlich vor gemeinsamen Abstimmungen mit der AfD gewarnt. "Es ist abenteuerlich, aus einer erfolglosen Strategie gegen die AfD den Schluss zu ziehen, die Brandmauer einzureißen", sagte Stegner dem "Handelsblatt". "Wenn die Union mit der AfD gemeinsame Sache macht, wäre die Koalition am Ende." Stegner riet zu Abgrenzung. "Mit rechtsradikalen Demokratiefeinden kann es niemals gemeinsame Beschlüsse geben", sagte er. "Man sollte sie inhaltlich stellen." Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Dennis Radtke, wandte sich ebenfalls gegen die Forderung ehemals einflussreicher Unionspolitiker nach einer Öffnung für gemeinsame Mehrheiten mit der AfD. "Wer glaubt, mit Minderheitsregierungen oder punktueller Zusammenarbeit die AfD klein zu bekommen, der begeht nicht nur einen strategischen Fehler, sondern setzt die Zukunft der CDU als Volkspartei aufs Spiel", sagte Radtke dem "Handelsblatt". "Die Stabilität und Einigkeit der CDU ist der Dreh- und Angelpunkt für die Zukunft unserer Demokratie." Das habe die AfD erkannt. "Wir sollten daher nicht ohne Not in die nächste Falle tappen und diese Zukunft gefährden." Für abwegig hält Radtke insbesondere die Annahme, die AfD könnte sich im Fall einer Zusammenarbeit womöglich von rechtsextremen Positionen abgrenzen. "Die AfD kann sich nicht von rechtsextremen Positionen distanzieren, weil sie im Kern rechtsextrem ist", sagte Radtke. Nicht die Höhe der Brandmauer treibe die AfD in Umfragen nach oben. "Es ist die Summe aus strategischen, kommunikativen und handwerklichen Fehlern."

Bilger hält bisherige Strategie gegen AfD für gescheitert

Nach Meinung des CDU-Politikers Steffen Bilger ist die bisherige Strategie der Demokratieförderung zur Bekämpfung der AfD gescheitert. Im Magazin Cicero nannte er es einen "Trugschluss" zu meinen, mit mehr Geld könne man erreichen, "dass weniger Menschen politische Extremisten wählen", so Bilger. "Der Etat des Programms 'Demokratie leben' hat sich seit seinem Bestehen fast verfünffacht, die Ergebnisse der AfD in diesem Zeitraum auch." Er mahnt vor allem mit Blick auf NGO-Förderung Änderungen und Einsparungen an. Zugleich verteidigt Bilger die sogenannte Brandmauer. In der AfD werde von der "Vernichtung der CDU" gesprochen. "Mit so einer Partei können und dürfen wir nicht zusammenarbeiten", sagte der CDU-Politiker. Er wisse, dass es keinen "Königsweg" gebe, wie Konservative mit rechten oder rechtsradikalen Parteien umgehen sollten. Das würden die Beispiele aus anderen europäischen Ländern zeigen. Alle Versuche allerdings - von Einbinden über Koalieren bis Abgrenzen - zeigten ganz unterschiedliche Erfolge, so der Unionsabgeordnete. Im Haushaltsentwurf für 2026 stehen zunächst rund 10 Millionen Euro mehr für das Programm "Demokratie leben" zur Verfügung. Dieser Ansatz wurde verschiedentlich kritisiert. Bilger sagte: "Was nicht zweckdienlich ist und keinen gesellschaftlichen Mehrwert bringt, kann gestrichen werden." Er wolle keinesfalls jede Förderung von NGOs streichen, es gebe auch viele Organisationen, die wertvolle Arbeit leisten. Für die Unionsfraktion hätten aber Einsparungen jetzt Priorität. +++


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