Berlin. In der Debatte über die Zukunft von Hartz IV fordert der SPD-Sozialflügel deutlich weitergehende Veränderungen als die Einführung eines solidarischen Grundeinkommens. "Es sind eine Reihe von Korrekturen nötig. Die ganze Systematik muss verändert werden", sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Klaus Barthel, der "Berliner Zeitung". Nötig seien etwa höhere Freibeträge bei der Vermögensanrechnung. "Es ist aberwitzig, dass jemand der länger als ein Jahr arbeitslos ist, alles abgeben muss, bevor er irgendeine Leistung bekommt."
Zudem forderte Barthel, dass Arbeitslosengeld-II-Empfänger nicht verpflichtet werden dürften, jeden Job anzunehmen, "sondern nur reguläre Arbeiten, die auch redlich bezahlt werden". Abgeschafft werden müsse eine Regelung, wonach ALG-II-Bezieher nicht mehr rentenversichert seien. "Dadurch gibt es dann Spätfolgen." Die Idee eines solidarischen Grundeinkommens bewertete Barthel zurückhaltend. "Es kann ein sinnvoller Schritt sein", sagte er. Es komme dabei aber auf das genaue Modell an. So liege ein Monatslohn von 1.200 Euro unter dem Mindestlohn. "Da gäbe es Verdrängungseffekte. Es würden noch mehr Jobs im öffentlichen Dienst gestrichen, damit Billigarbeitskräfte aus dem dritten Arbeitsmarkt reingedrückt werden können. Das kann es nicht sein. Wenn man das an der Wurzel packen will, was Hartz IV ausgelöst hat, muss man an die grundsätzlichen Probleme ran."
Gemeindebund lehnt solidarisches Grundeinkommen ab
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat das Konzept des Berliner Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) für ein solidarisches Grundeinkommen für Langzeitarbeitslose scharf kritisiert. "Das von Michael Müller vorgelegte Konzept ist weder durchdacht noch durchgerechnet und deshalb abzulehnen", sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, der "Rheinischen Post". "Das Ziel muss bleiben, auch Langzeitarbeitslose fit für den ersten Arbeitsmarkt zu machen", sagte Landsberg. Ein dritter öffentlich geförderter Arbeitsmarkt zur Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen könne zwar Sinn machen. "Notwendig ist aber auch eine klare Abgrenzung von bisher vorhandenen regulären Jobs sowie zur Privatwirtschaft", sagte Landsberg. "Ich habe ein Problem mit dem Begriff solidarisches Grundeinkommen. Hier geht es ja um nichts anderes als um die Wiederbelebung eines staatlich finanzierten dritten Arbeitsmarkts", so der Kommunalvertreter. "Früher nannte man das ABM." 1.500 Euro Lohn für die staatlichen Jobs seien "eine stolze, viel zu hohe Summe", sagte Landsberg. Er verwies zudem auf die 20 Millionen Ehrenamtler in Deutschland, die unentgeltlich arbeiteten. "Was sagen die, wenn Langzeitarbeitslose für eine gemeinnützige Tätigkeit 1.500 Euro im Monat bekommen sollen?", fragte Landsberg.
NRW-SPD-Chef Groschek stellt Hartz IV infrage
Der Vorsitzende der NRW-SPD, Michael Groschek, unterstützt Stimmen in seiner Partei, die auf eine Abschaffung von Hartz IV dringen. "Durch ein faktisch wahrnehmbares Recht auf Arbeit - auch durch öffentliche Beschäftigungsangebote mit einem auskömmlichen Grundeinkommen - kann Hartz IV überwunden werden", sagte er der "Neuen Westfälischen". Arbeit müsse sich wieder lohnen und belohnt werden. Deshalb habe die Bundesregierung den Koalitionsauftrag erhalten, einen großflächigen sozialen Arbeitsmarkt zu etablieren. Zudem forderte Groschek die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf mindestens zwölf Euro, um ein unterstützungsfreies Arbeitseinkommen zu garantieren. "Ein bedingungsloses Grundeinkommen nach dem Motto `Kommst Du heute nicht, kommst Du morgen` ist dagegen mit dem Grundverständnis einer Partei der Arbeit nicht zu vereinbaren", so Groschek. +++









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Die Agenda 2010 war auch seinerzeit nicht alternativlos, sondern von vornherein ein geplantes Experiment aus der neoliberalen Giftküche nach dem Dreiklang: Steuersenkungen (vor allem für Reiche und Konzerne), Privatisierung und Kürzung sozialer Leistungen. Es wurde zu keiner Zeit wissenschaftlich belegt, dass die Agenda damals notwendig war, noch dass der dann folgende Wirtschaftsaufschwung überhaupt etwas damit zu tun hat. Vielmehr gab es außenwirtschaftliche Entwicklungen, die für den Aufschwung maßgeblich verantwortlich waren. Man sollte also nicht auf die neoliberalen Sprüchemacher hereinfallen, die uns immer wieder das Gleiche - Falsche - erzählen. In wessem Sinne die damalige "Reform" von Rot-Grün war, zeigt sich auch heute noch, da vor allem die Wohlhabenden und ihre Helfershelfer in der CDU das Projekt permanent loben. Außerdem ist es widersprüchlich, dass nach dem Konjunkturaufschwung die schmerzhaften Maßnahmen der Agenda-Politik nicht zurückgenommen wurden, denn sie sollten doch dann nicht mehr notwendig sein, oder? Solange die SPD ihren damaligen gravierenden Fehler des sozialen Kahlschlags nicht eingesteht, wird es weiterhin mit dieser Partei bergab gehen.
Wie wärs, wenn das die SPD erst mal intern ausdiskutieren würde?
Die Abschaffung bzw. Neugestaltung von Hartz IV würde ich im Zusammenhang mit der dringend notwendige Wiederherstellung von sozialer Gerechtigkeit sehen. Allerdings muß eines klar sein: anders als bei der Agenda 2010, die möglicherweise damals alternativlos war, um Deutschland wieder nachhaltig nach vorne zu bringen, müssen diesmal die Bedürftigen, d.h. u.a. die Arbeitslosen, die Unter- und Mittelschichtler, die Rentner, die Alleinerziehenden etc. profitieren zu Lasten der Super-Verdiener und Super-Reichen, denen es ja derzeit besser denn je geht. Ich würde einen mehrstufigen 5-Jahresplan mit klaren Zielen empfehlen u.a. mit Stärkung der Gewerkschaften als Garant für faire Löhne und gerechte und sozialverträgliche Arbeitsbedingungen, mit einer gerechteren Steuerpolitik, die auch eine gerechtere Vermögens- und Erbschaftssteuer einschließen muss und mit einer Abgabenpolitk, die nicht nur den Produktionsfaktor Arbeit bei der Beitragsbemessung für Renten/Kranken/Pflege/Arbeitlosenversicherung, sondern auch die Produktionsfaktoren Boden und Kapital - also die Wohlhabenderen - heranzieht!
https://youtu.be/mQvThNJkKbA