SPD liebäugelt wieder mit Vermögensteuer

SPD-Landesvorsitzender Thorsten Schäfer-Gümbe
Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)

Berlin. Jüngste Enthüllungen und Studien geben dem Ruf nach der Vermögensteuer innerhalb der SPD neue Nahrung. Die hessische SPD-Landtagsfraktion will nach einer Anhörung über ihre Position zur Wiedereinführung einer Vermögensteuer entscheiden. "Wir brauchen eine Klärung in der Sache, ob die Vermögenssteuer sinnvoll ist oder nicht und wenn sie sinnvoll ist, wie sie gehen kann", sagte ihr Vorsitzender, SPD-Bundesvize Thorsten Schäfer-Gümbel der "Welt".

Dazu plant seine Fraktion nun eine Anhörung, zu der u. a. Gewerkschaften, (Wirtschafts-)Verbände, Wissenschaftler und Steuerpraktiker geladen werden. Angefragt sind auch NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) und Vertreter der SPD-Bundestagsfraktion. Die hessische SPD-Fraktion verweist auf jüngste Wirtschaftsstudien und die Berichte über die sogenannten Panama Papers. "Die ungleiche Verteilung von Vermögen und Reichtum in Deutschland hat in den vergangenen Monaten" Debatten über die "Entwicklung der Mittelschicht in Deutschland und den USA ausgelöst", heißt es in einem Beschluss der Fraktion, der der "Welt" vorliegt. Es stelle sich die Frage, wie angesichts dieser Entwicklung "der soziale und gesellschaftliche Zusammenhalt mit Blick auf gerechtere Chancen- und Lastenverteilung möglich" sei.

Die Debatte über die Vermögensteuer "grenzt zwischenzeitlich auf allen Seiten eher an einen Austausch von `Glaubenssätzen` als eine Debatte zur Sinnhaftigkeit und Umsetzbarkeit", ist in dem Beschluss zu lesen. Schäfer-Gümbel, der noch vor einiger Zeit Aufwand und Ertrag einer Vermögensteuer in Zweifel gezogen hatte, äußerte sich jetzt weniger eindeutig. Er verwies auf die geplante Anhörung mit Fachleuten, die "sicher unterschiedliche Standpunkte haben werden". SPD-Vize Schäfer-Gümbel sagte der Zeitung weiter: "Mit einem reinen Programmsatz können wir jedenfalls nicht antreten, es muss in der Sache geklärt sein, was wir machen können." Die Debatte über eine Vermögensteuer besitzt auch innerhalb der SPD Sprengstoff. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel lehnt eine Wiedereinführung der Vermögensteuer bisher ab. +++ fuldainfo


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2 Kommentare

  1. Liebäugeln ist zu wenig! Es wird höchste Zeit, das Thema soziale Gerechtigkeit und Auseinanderklaffen der Schere von Arm und Reich endlich an allen Fronten anzugehen!
    Die Themen Mittelschicht, kalte Steuerprogression, Rentenniveau, Erbschaftsteuer, Lohnlücke zwischen Frauen und Männern bei gleicher Arbeit, Versicherungsbeiträge, Sozialstaat, Schere zwischen Arm und Reich etc müssten einmal im größeren Zusammenhang diskutiert werden. Dass die Ungleichheit bzw. soziale Spaltung seit Jahren zunimmt, dürfte wohl unstrittig sein. Eine der Konsequenzen: die Mittelschicht (entspricht 26% der Nettoeinkommen) trägt rd. 54% zu den Beiträgen der Sozialversicherung bei, die Reichen (entspricht 11% der Nettoeinkommen) nur rd. 6%. Und jetzt will die Union einmal mehr die Lasten der Flüchtlingspolitik durch die Verlängerung des Soli bzw. durch eine Benzinabgabe vorwiegend den Steuerzahlern und damit der Mittelschicht aufbürden! Last, but not least findet durch die aktuelle EZB-Politik (Fluten der Finanz-Märkte mit frischem Geld, negative Zinsen) in Verbindung mit Schäubles "Schwarzer Null-Politik" die größte Umverteilung bei Sparern und Rentnern seit der Währungsreform von 1948 statt, was zu einer weiteren Verarmung von Sparern und Rentnern führen wird. Und dann noch das Demografie-Problem, das mutig verdrängt wird!
    Die Grundfrage ist: wohin steuert unsere Gesellschaft in der Frage einer gerechten und angemessenen Einkommens- und Vermögensverteilung? Wer hat wann beschlossen, dass wir heute in Bezug auf diese Verteilung da stehen, wo wir stehen? Wer legt fest, wo wir morgen stehen wollen? Mit welchen Maßnahmen? Um diese Grundfragen drückt sich unsere Politik herum und beschließt bzw. unterlässt Maßnahmen, die letztlich die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnen, obwohl das kein Politiker so benennt und zugibt.
    Es gäbe eine Maßnahme, die auch das Problem der demographischen Entwicklung (Alterung, Bevölkerungsrückgang, immer mehr Rentnern wie auch Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung stehen immer weniger Beitragszahlern gegenüber) berücksichtigt: auch große Einkommen und Vermögen (also auch die Produktionsfaktoren Kapital und Boden) beitragspflichtig machen! Dazu gehört auch die paritätische Beitragsübernahme der Arbeitgeber für Renten/Kranken/Arbeitslosen/Pflegeversicherung.
    Bis das passiert, mein Tip:
    http://youtu.be/mQvThNJkKb

    Ein Lichtblick: das Bundesverfassungsgericht hat bei der Erbschaftsteuer mal wieder eine verfassungskonforme Wegweisung gegeben (Eigentum verpflichtet). Auch wenn die Politik erwartungsgemäß dem nicht folgen wird (wie z.B. das von der CSU angekündigte Veto zu Schäubles Vorschlag belegt). Und dass die Familienunternehmer aus allen Rohren schießen, war wohl nicht anders zu erwarten. Zu anderer Gelegenheit singen sie ebenso inbrünstig das hohe Lied des Leistungsprinzips. Nur: Erben ist keine Leistung! Eine Erbschaft ist ein "unverdientes" Vermögen!
    Und in der bayerischen Verfassung ist verankert: „Die Erbschaftssteuer dient auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern.“ (Art. 123 Abs. 3) Ob das der wirkliche Grund für das angekündigte CSU-Veto ist?
    Und was hört man von der SPD? Schweigen im Walde.
    Scheint die Politik weiterhin zu ignorieren! Statt dessen warb Kauder um Verständnis für Deutschlands Reiche!
    Mein Tip:
    http://youtu.be/0zSclA_zqK4
    http://youtu.be/-5X2P5J6MiA
    http://youtu.be/QqoSPmtOYc8
    Was sagt der Bundestag?
    http://youtu.be/QGOx8I0COYg

  2. Gabriel lehnt die Vermögenssteuer ab, weil er sonst sein Kuscheln mit der CDU aufgeben müsste und Schäfer-Gümbel scheint nicht wirklich begriffen zu haben, um was es geht. Der horrende Zuwachs an Vermögen bei den Reichen ist ohnehin nicht mehr zu stoppen. Es drohen schon längst US-amerikanische Zustände. Dass Eigentum lt. Grundgesetz verpflichtet, scheint völlig in Vergessenheit geraten zu sein. Eine gerechtere Umverteilung des erwirtschafteten Vermögens wäre ohnehin mit einer gerechteren Entlohnung der arbeitenden Bevölkerung sinnvoller umzusetzen. Da die Gewerkschaften aber durch die SPD-Agenda 2010 dermaßen geschwächt wurden, dass sie ihre Kampfkraft praktisch verloren haben, kann nur noch der Staat mit einem gerechten Steuersystem für eine bessere Vermögensaufteilung sorgen; die Vermögenssteuer würde dazu gehören. Sie geht nicht an die Substanz, weil die Vermögenszuwächse über dem geringen Steuersatz liegen und sie kostet auch keine Arbeitsplätze, um dieses Totschlagargument mal gleich beiseite zu lassen.

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