"Sommernachtsträume" eröffneten 74. Bad Hersfelder Festspiele

Letzte Saison unter Intendant Joern Hinkel

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Am gestrigen Freitag sind die 74. Bad Hersfelder Festspiele eröffnet worden. Für Joern Hinkel ist es seine letzte Saison als Intendant in Bad Hersfeld. Er beendet seine Zusammenarbeit mit „Sommernachtsträume“, einer Neufassung des Stücks „Sommernachtstraum“ von Shakespeare, bei diesem er Regie führt. Mit der Neuinszenierung von Sommernachtstraum erfüllt sich der scheidende Intendant der Bad Hersfelder Festspiele ein langgehegter Wunsch: Schon zu Schulzeiten hat Hinkel bei Bühnenstücken des englischen Dichters Regie geführt. Dass bei einer Eröffnungspremiere das große Orchester unter der Leitung von Christoph Wohlleben nicht nur zum Musical, sondern auch zu einem Theaterstück erklingen wird, freut den Intendanten und Regisseur sehr. Die Musik für das Stück schrieb Jörg Gollasch.

Für Joern Hinkel ist das Shakespeare-Stück eines der lustigsten und gleichzeitig poetischsten Werke: „In der neuen Hersfelder Fassung haben sich eine Vielzahl anderer Shakespeare-Charaktere im Wald verirrt, die wir aus anderen Stücken kennen. Sommernachtsträume ist eine Hymne auf die Liebe und auf das Theater. Es strotzt nur so vor skurrilen Einfällen, erotischer Fantasie, unerwarteten Wendungen, feinsinniger Melancholie und fantastischer Komik.“ Nach Hinkel sei Sommernachtsträume nicht nur ein Stück über Liebe, sondern auch über Verliebtheit, über den Wahnsinn von Zaubertränken, Hormonen und für ihn persönlich auch ein Stück über die Verliebtheit in Zeiten grenzenloser Verletzungen.

Die bekannte Komödie des englischen Dichters und Theatermachers führt dem Zuschauer die Wirrungen menschlicher Emotionen in der Nacht vor der Hochzeit von Fürst Theseus und der Amazonenkönigin Hippolyta vor Augen. Im Gegensatz zur streng organisierten und geregelten höfischen Welt finden sich die Figuren im nächtlichen Wald bei Athen in anarchischem Chaos wieder. Liebesschwur, Eifersucht, Verrat oder Begehren – in der Elfenwelt werden die Neigungen mithilfe von magischen Blumen und Zaubertränken in Sekundenschnelle ins Gegenteil verkehrt: Liebe wird zu Hass, Abneigung zu Verlangen…

Neben alten Bekannten wie Christian Nickel (Fürst Theseus & König der Elfen Oberon), Bettina Hauenschild (Amazone Hippolyta & Elfenkönigin Titania), Erol Sander (Benedikt), Anouschka Renzi (Katharina) oder Helena Charlotte Sigal (Helena) gibt Maximilian Gehrlinger sein Festspieldebüt. Er ist in Sommernachtsträume in der Rolle des Demetrius zu sehen.

"Festspiele als Leuchtturm hessischer Kulturlandschaft"

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein sagte beim Festakt zur Eröffnung der Festspiele: „Die Bad Hersfelder Festspiele stehen seit Jahrzehnten für herausragende Theaterkunst, innovative Inszenierungen und ein vielfältiges Programm, das Menschen aller Altersgruppen begeistert. Sie sind ein Leuchtturm der hessischen Kulturlandschaft. Hessen ist die Heimat vieler bedeutender Festspiele, doch keine sind so eng mit ihrem geschichtsträchtigen Aufführungsort verbunden wie die Bad Hersfelder Festspiele. Die Stiftsruine steht ikonisch für die lange Tradition des Theaters an diesem Ort und macht die Festspiele weit über die Landesgrenzen hinaus einzigartig. Für die Festspiele wird sie vom historischen Schatz zum Hotspot der deutschen Kultur.“ Rhein dankte dem scheidenden Intendanten Joern Hinkel für seine langjährige Arbeit und verlieh ihm den Hessischen Verdienstorden am Bande. „Joern Hinkel hat die Marke ,Bad Hersfelder Festspiele‘ weiterentwickelt und den Bekanntheitsgrad mit einem Mix aus Tradition und Moderne gesteigert“, sagte der Regierungschef und ergänzte: „Kultur braucht Menschen mit Energie, Mut und Leidenschaft."

"Theater als ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen"

Nach Bad Hersfelds Bürgermeisterin, Anke Hofmann (parteilos) sei Theater keine Fabrik, Supermarkt oder Algorithmus, sondern ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, um etwas zu erleben, was größer sei als sie selbst – aber gleichzeitig zutiefst menschlich. "Theater ist, wenn ein Mensch auf der Bühne weint – und hundert andere im Publikum plötzlich verstehen, wie sich das anfühlt. Es ist Spiegel und Vergrößerungsglas, Trost und Zumutung, Spaß und Schmerz – manchmal alles in derselben Szene. Theater ist mehr als Unterhaltung. Es ist ein Raum, in dem wir miteinander nachdenken, lachen, streiten, fühlen – ganz ohne Kommentarspalten. Theater hört zu. Weil wir beim Theater nicht alleine sind – sondern gemeinsam schauen, denken, fühlen. Und das ist vielleicht das Wichtigste in diesen Zeiten: das Miteinander. Wenn wir einander zuhören, uns gegenseitig Raum geben – dann ist schon viel gewonnen. Und genau das leben wir hier, Abend für Abend", sagte die Bürgermeisterin beim Festakt zur Eröffnung der diesjährigen Festspiele.

Der ehemalige Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Werra-Meißner - Hersfeld-Rotenburg und Staatsminister für Europa a.D. Michael Roth ging in seiner hochpolitischen wie gesellschaftspolitischen Festrede auf die geopolitischen Unruhen im Nahen Osten mit Auswirkungen auf unser Leben hier in Deutschland ein. Dass Themen wie sexuelle Orientierung, Herkunft oder Geschlechtsidentität mittlerweile im gesellschaftlichen Diskurs Einzug hielten oder im allgemeinen Sprachgebrauch überwiegend nicht mehr als Beleidigung und Diffamierung verstanden werden, darüber zeigte sich der frühere SPD-Berufspolitiker, der selbst in einer gleichgeschlechtlichen Ehe lebt, erleichtert. +++ ja


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1 Kommentar

  1. Der Hessentag ist zweifellos ein bedeutendes Ereignis – kulturell, gesellschaftlich und wirtschaftlich. Doch was bleibt, wenn der mediale Glanz mehr an Dauerwerbesendung als an Berichterstattung erinnert? Die inflationäre Begeisterung rund um das Event wirkt zunehmend gekünstelt, das "Getue" eines gewissen Mediums in der Region ist ermüdend. Von journalistischer Einordnung keine Spur – stattdessen Gefälligkeitsjournalismus, der mehr nach PR als nach kritischer Begleitung klingt. Dass ausgerechnet im kommenden Jahr eine Medienpartnerschaft mit der Stadt winkt, setzt dem Ganzen die Krone auf – ein Treppenwitz mit doppeltem Boden.

    Auch die Hersfelder Festspiele – eigentlich ein Aushängeschild für kulturelle Qualität – geraten in den Schatten dieser Entwicklung. Wenn schon die Premiere wenig überzeugt, muss man fragen dürfen, ob hier der Anspruch an das Programm noch mit dem Selbstbild übereinstimmt. Die begleitende Pressearbeit? Holprig, unprofessionell und offenbar bemüht, mehr zu kaschieren als aufzuklären. Statt echter Reflexion gibt es freundliche Floskeln. Schade um ein Festival, das Besseres verdient hätte – auch und gerade in der öffentlichen Wahrnehmung.

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