Martin Schulz und seine Agenda-Pläne

Martin Schulz (SPD)

Berlin. Im Grunde hat sich SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz mit seiner Ankündigung, die Agenda 2010 korrigieren zu wollen, selbst in die Zwickmühle manövriert. Jedes Vorhaben - wie jetzt das des "ALG Q" - sorgt für ein lautes Aufschreien. Seitens seiner Kritiker von Union und den Arbeitgebern, die jede Veränderung für völlig kontraproduktiv und sogar gefährlich für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes halten.

Und seitens jener, denen Schulz' Reformeifer eben nicht weit genug geht; die am liebsten die Agenda 2010 an wesentlichen Stellen massiv zurückdrehen würden. Davon gibt es auch in der SPD viele, und für die Linkspartei gilt das allemal. Vor allem sie wird Schulz im Wahlkampf weiter vor sich hertreiben, und die Linke wird womöglich ein potenzieller Koalitionspartner nach der Bundestagswahl sein. Das darf man nicht vergessen. Mittendrin sitzt also der Kandidat, der alles irgendwie gerechter machen möchte. Deswegen doktert er an der Agenda herum, damit bei den Genossen das gute Gefühl des Aufbruchs nicht abebbt. Grundsätzlich ist gegen seinen Plan eines "Arbeitslosengeldes Q" auch nichts einzuwenden.

Wer ohne Job ist und sich weiterqualifiziert oder einen Abschluss nachholt, hätte demnach länger Anspruch auf das Arbeitslosengeld I. Das ist in der Tat ein Anreiz, der auch zur Grundidee der Agenda passt: fordern und fördern. Mehr Qualifizierung ist zudem in einer sich permanent verändernden Arbeitswelt überaus notwendig. Und: Das Vorhaben könnte die in Deutschland eher wenig ausgeprägte Weiterbildungskultur ankurbeln - ein positiver Nebeneffekt. Aber: Schulz ist nun mal angetreten, älteren Arbeitnehmern die Angst vor Arbeitslosigkeit und den Absturz in Hartz IV zu nehmen. An dieser Angst ändert auch sein neuer Vorschlag nichts. Zumal Schulz noch nicht verraten hat, wo die Milliarden herkommen sollen, die er für "ALG Q" benötigt. Da muss er alsbald noch liefern, so die Lausitzer Rundschau. +++


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4 Kommentare

  1. Was mich an der Idee von Martin Schulz, die übrigens im Ministerium von Andrea Nahles mit erdacht wurde, wundert ist die Tatsache, daß wir das alles schon mal hatten.

    Jeder Langzeitarbeitslose kennt die oft sinnlosen "Qualifizierungsmaßnahmen" der BA incl. Selbstfindungs- und Häkelkurs, die vor vielen Jahren üppig von der Bundesagentur für Arbeit übers arbeitslose Volk ausgekippt wurden wie trockene Brötchen über der hungrigen Bevölkerung. Nur leider waren diese Brötchen verfault! Nicht eine dieser sog. Quali-Maßnahmen erfolgte in Zusammenarbeit mit Betrieben!

    Warum das so wichtig ist? Diese Frage ist so sinnlos wie dumm. Fragen sie mal einen Handwerksmeister oder Azubi nach dem Sinn der dualen Ausbildung. Der wird sie höchstens mitleidig ansehen. Menschen kann man eben nur in Arbeit vermitteln wenn sie in engem Kontakt mit den potentiellen Arbeitsstellen, also den Betrieben stehen - zum Beispiel über eine Ausbildung. Eine rein schulische Weiterbildung über Dozenten mit evtl. zweifelhafter Qualifikation ist sinnlos - für den Arbeitslosen - nicht jedoch für den Dozenten, der so einen befristeten Job hat.

    Was gemerkt? Der Sinn vieler Maßnahmen der BA ist REINE BESCHÄFTIGUNGSTHERAPIE!

    Daran hat sich bis heute nix geändert. Ältere Menschen über 50 haben eben ausgedient und sind für unsere, nach jungen dynamischen Menschen gierenden Arbeitswelt völlig wertlos.

    Der Arbeitsmarkt braucht eben junge Leute: dumm, dynamisch und verbrauchsfähig. Ältere Menschen mit Erfahrungswissen sind da nur hinderlich. Denn die haben Verstand. Und der ist für viele Arbeitgeber eher lästig.

    Wieviele Bezieher von Arbeitslosengeld I bzw. ALG II bzw. Sozialhilfe unter 65 haben wir derzeit in Deutschland? Genau diese Frage stellt niemand, weil die Antwort viele erschrecken wird.

    DAS sind die Tatsachen. Und das sollte man im Arbeitsministerium eigentlich wissen. Nur der dumme Wähler weiß das nicht. Und genau für den sind diese Beruhigungspillen erfunden worden.

    Ale Parteien wissen das. Aber es ist Wahlkampf und da wird gerne gelogen, bis sich die Balken biegen. Von allen Seiten!

  2. „Die Botschaft hör´ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“,
    Aber, wie war das mit Schröder. Ein Durchatmen ging durch die Bevölkerung. Das Kohlregime war weg. Endlich einer, der nicht die Probleme aussitzt. Ein Macher ! Und wie er gemacht hat. Irgendwie habe ich ein Deja vu Erlebnis. Da kommt einer , der will uns aus dem Merkelkoma herausholen. Und das mit einer Partei die seit Schröder in einer Schockstarre verharrt hat. Die sich nicht getraut hat harte Opposition zu sein. Sie hatten die Chance " Mutti" vorzuführen indem sie sie hätten zwingen können richtig Politik zu machen mit einer Minderheitsregierung. Da hätte Mutti mal zeigen können was sie kann. Aber so isse eben unsere SPD . Lieber Pöstchen Schacher als Politik. Egal was mir der Messias Schulz erzählt , der bittere Nachgeschmack von Schröder hält sich hartnäckig fest. Da kann er erzählen was er will und er wird sich auf viel Gegenwind einstellen müssen von denen, denen die SPD den roten Teppich ausgerollt hat. Tja, das erinnert doch fatal an die Worte eines berühmten deutschen Dichters: Und sie laufen! Naß und nässer
    Wirds im Saal und auf den Stufen:
    Welch entsetzliches Gewässer!
    Herr und Meister, hör mich rufen! -
    Ach, da kommt der Meister!
    Herr, die Not ist groß!
    Die ich rief, die Geister,
    Werd ich nun nicht los.

  3. Von einer "fatalen Rolle rückwärts", wie die Arbeitgeber den neuen Schulz-Vorschlag denunzieren, kann keine Rede sein. Fakt ist, dass der Anteil der 50-65-jährigen an allen Arbeitslosen von 24,9% in 2005 - also kurz nach Einführung der Agenda 2010 - auf 33,1% in 2016 angestiegen ist, was einer Steigerung von fast 50% entspricht (vgl. SZ vom 4./5.3.2017). Das verschweigen die Schulz-Kritiker wohlweislich. Insofern hat Martin Schulz mit seinem Reform-Vorschlag mal wieder einen Punkt gemacht und die sogenannten Kritiker haben sich selbst entlarvt.
    Übrigens wäre es bisweilen wünschenswert, wenn das eine oder andere Unternehmen noch eine Rolle rückwärts beherrschen würde.

    Wer kommentiert? Der Rentenrevoluzzer!
    https://youtu.be/BgVWI_7cYKo
    Viel Spaß und neue Erkenntnisse beim Anhören!

  4. Die einzige Sorge der Unternehmer und ihres politischen Armes, der CDU, ist, dass es möglicherweise zu einer geringfügigen Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung kommen könnte. Offenbar ist die Angst, ein paar Cent von den enorm gestiegenen Unternehmensgewinnen der letzten zehn Jahre entbehren zu müssen, so schlimm, dass es bei den Betroffenen zu schlaflosen Nächten kommt.

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