Klartext mit Radtke - Der große Bluff Teil 2

Bei näherer Betrachtung sieht das alles nicht mehr so hoffnungsvoll aus

Klaus-Radtke

Bevor ich auf das zweite große Thema dieser Tage und der Sondierungsverhandlungen zwischen der Union und der SPD eingehe, noch einige Anmerkungen zu dem Thema Neuverschuldung. Allein die Ankündigung der Schaffung eines „Sondervermögens“ für Verteidigung und Infrastrukturprojekte hat zu einem Beben am Anleihemarkt geführt. Die Verzinsung für zehnjährige Bundesanleihen stieg zeitweise bis auf 2,93 Prozent! Dies allein bedeutet eine Erhöhung der Zinslasten für bisher bestehende Schulden des Bundes um etwa 25 Milliarden Euro pro Jahr. Wenn die Pläne wirklich umgesetzt werden, also noch eine Billion (1.000.000.000.000) dazukommt, dann schwillt die jährliche Zinslast von heute rund 35 Milliarden wahrscheinlich auf mehr als 100 Milliarden Euro an.

Nicht nur die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer kritisiert beim Sondierungspapier, dass Sparposten fehlen. In dem etliche Seiten umfassenden Sondierungspapier fände man gerade einmal drei Zeilen mit Sparzielen. Selbst der beratende Spiritus Rector, Clemens Fuest, ist enttäuscht und moniert, es brauche klare Umstrukturierungen und Reformen – Schulden wären keine Dauerlösung. Absurd ist jedoch das Verhalten der Grünen. Ihr Wirtschaftsminister Habeck forderte erst kürzlich im Bundestag ein Investitionsprogramm mittels Sondervermögen – unter Gelächter der Unionsabgeordneten. Die Union lehnte eine Reform der Schuldenbremse klar ab. Merz wolle nicht für linke und grüne Spinner Politik machen. Nun kommen die Grünen und wollen das, was sie selbst gefordert haben, jedoch ablehnen. Und nun muss sich die Union die Zustimmung der Grünen zur dreifachen Grundgesetzänderung teuer erkaufen. Das ist wirklich verkehrte Welt. Bei dem zweiten großen Thema, der Migration, sieht es nicht viel besser aus.

Natürlich feiern sich die mutmaßlichen zukünftigen Partner für ihre gemeinsam erarbeiteten Lösungen. Doch bei näherer Betrachtung sieht das alles nicht mehr so hoffnungsvoll aus. Experten, die sich damit näher beschäftigt haben, erkennen in den Festlegungen viele Aufweichungen, manches Unverbindliche und etliches Unausgegorene. Darauf will ich hier im Einzelnen gar nicht eingehen. Als Fazit kann man aber festhalten: Wenn es mit den vereinbarten Maßnahmenpaketen zu etwa 25 Prozent weniger Migration führte, dann wäre das viel. Es ist auch absolut unverständlich, was wir Bürger gerade wieder erleben müssen. Da landen Flieger aus Afghanistan in Deutschland mit angeblichen Ortskräften. Allerdings sei teilweise nur eine Ortskraft an Bord gewesen. Nachforschungen ergaben, dass Pässe zum Selbstausfüllen ausgeteilt wurden, dass Behörden in vielen Fällen ihren Kontrollaufgaben überhaupt nicht nachkommen, also wieder einmal große Schlampereien auf diesem Sektor stattfinden. Noch unverständlicher und nahezu kriminell ist, dass sich NGOs (Nichtregierungsorganisationen) regelrecht aktiv um die Akquisition und die Beratung sowie die Umgehung von geltenden Bestimmungen in diesem Bereich engagieren. Einfach unfassbar.

Skandalös ist ebenso der Vorgang „Sozialbetrug mit Kindergeld“ in Duisburg. Nach einer Kontrolle im Problemhaus "Weißer Riese" in Duisburg wurden die Ausmaße des Sozialbetrugs deutlich. Laut der Bundesagentur für Arbeit wurden 59 Fälle von Kindergeld-Betrug festgestellt. Es wurde für Kinder gezahlt, die dort gar nicht wohnten. Bei der Razzia mit etwa 400 Beamten letzten Herbst wurde nicht nur kontrolliert, wer im "Weißen Riesen" offiziell gemeldet ist und wer wirklich dort lebt. Zusätzlich wurden auch weitere Personen, die wegen anderer Straftaten gesucht wurden, festgenommen. Bei anderen bestand der Verdacht, dass sie sich illegal in Deutschland aufhalten. Es vergeht inzwischen kaum ein Tag, an dem nicht neue Ungeheuerlichkeiten an das Licht der Öffentlichkeit kommen. Konsequenzen: so gut wie keine.

Dafür funktionieren die Behörden umso besser, wenn es um bürokratische Hemmnisse geht. Ein Spediteur erzählte von einem Vorgang, der einem die Sprache verschlägt. Dieser richtete für seine Fahrer einen kleinen Fitnessraum ein, damit diese als Ausgleich etwas Sport treiben können. Dann trat das Ordnungsamt in Erscheinung und wies darauf hin, der TÜV müsse das alles abnehmen. Der Spediteur hatte auch noch Kernseifenspender installiert. Doch das Ordnungsamt bestand darauf, dass die nicht gemeinschaftlich genutzt werden dürften, sondern jedem Mitarbeiter sein eigener zur Verfügung gestellt werden müsse. Daraufhin hat der Spediteur seinen Betrieb eingestellt. Verständlich, bei diesem Irrsinn. Und das ist nur ein einziges Beispiel. Wie hieß es seitens Friedrich Merz vor der Wahl? Bitte schön: „Ich werde im Fall meiner Wahl zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland am ersten Tag meiner Amtszeit das Bundesinnenministerium im Wege der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen.“ Und wie klingt das heute? Doch ganz anders.

Zurück zu den Verhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD. Die Frage ist, warum von den ursprünglich markanten und vollmundigen Ankündigungen der Union nun so wenig bleibt. Dies ist einfach zu erklären. Merz weiß, dass er die Stimmen der SPD benötigt, um zum Kanzler gewählt zu werden. Daher muss er der SPD Zugeständnisse machen. Diese Konzessionen widersprechen jedoch den ursprünglichen Aussagen und Plänen der Union. Genau genommen ist es also Wählerbetrug. Aber es kommt noch schlimmer. Auch die Grünen werden im neuen Bundestag gebraucht, um Friedrich Merz zu küren. Das wissen die Grünen natürlich ganz genau. Also kommen sie nun um die Ecke und erheben ebenfalls Forderungen. Was sie nun für ihr „Appeasement“ erhalten werden, steht noch nicht fest. Aber sie werden das aus ihrer Sicht Bestmögliche herausholen. Also sitzen die Grünen doch wieder – wenn auch unsichtbar – am Verhandlungstisch und versuchen, möglichst viele ihrer Positionen durchzudrücken. Der Sachsen-Regent Michael Kretschmer schwärmt jüngst förmlich von den Verhandlungen mit den Grünen. Das alles hat mit den damaligen Verlautbarungen rein gar nichts mehr zu tun.

Daher wundert es mich, dass einige Unternehmer glauben, nun wäre alles auf dem richtigen Weg. Sie verkennen anscheinend, wie weich die Kompromisslösungen in Wirklichkeit sind. Bei der Umgehung bzw. der Aushebelung der Schuldenbremse jedenfalls sprechen einige nicht zu unterschätzende Persönlichkeiten von einem Staatsstreich. Und in den eigenen Reihen der Union rumort es auch. Manche sagen auch: Wir haben Mitte-Rechts bestellt und bekommen weiterhin Mitte-Links. Deren Ära laut CDU-Kanzlerkandidat Merz ja eigentlich zu Ende sein sollte. Also im Prinzip eine Fortführung der Politik der Ampelkoalition mit leichten Korrekturen. Ist das zu pessimistisch? Wir werden es sehen. Überhaupt ist es gewöhnungsbedürftig, dass der enttäuschende Wahlsieger (CDU/CSU) mit dem eindeutigen Wahlverlierer koaliert und dessen Diktat akzeptiert. Es hieß, die CDU/CSU als Wahlgewinner wäre natürlich mit der Regierungsbildung betraut. Alles andere wäre abwegig. Doch wie war das bei der Landtagswahl in Thüringen? Da gab es einen klaren Wahlsieger, die AfD. Mit 32,8 Prozent wurde sie stärkste Kraft. Trotzdem regiert heute die CDU (23,5 Prozent) mit der SPD und dem BSW.

In meinen Augen ist da vieles nicht mehr nachvollziehbar und trägt weder dazu bei, Deutschland – wie es in letzter Zeit immer wieder hieß – wieder auf Kurs zu bringen, noch, das Vertrauen in die Politik zu stärken. Schade. Denn inzwischen reden alle verantwortlichen Politiker von dem Intensivpatienten Deutschland. Und das ist in Anbetracht des jahrzehntelangen Stillstands und der gegenwärtigen absolut desolaten Lage unseres Landes auch nicht übertrieben. Seien Sie herzlich gegrüßt Klaus H. Radtke +++

⇒ Klartext mit Radtke - Der große Bluff Teil 1


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2 Kommentare

  1. Und noch ein weiteres Zitat, diesmal vom alten Adenauer: "Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern."

  2. Mir fällt dazu ein schöner Satz von Karl Lagerfeld ein: "Man muss das Geld zum Fenster rauswerfen, damit es zur Tür wieder hereinkommt."

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