Karlsruhe. Das Gesetz zur Terrorismusbekämpfung durch das Bundeskriminalamt (BKA) ist in Teilen verfassungswidrig. Das gab das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch bekannt. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Durchführung heimlicher Überwachungsmaßnahmen seien die im Jahr 2009 eingeführten Vorschriften teilweise zu unbestimmt und zu weit, urteilte das Gericht. Auch fehle es zum Teil an flankierenden rechtsstaatlichen Absicherungen, insbesondere zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung oder zur Gewährleistung von Transparenz, individuellem Rechtsschutz und aufsichtlicher Kontrolle. Die Vorschriften zur Übermittlung von Daten an dritte Behörden seien ‑ sowohl hinsichtlich inländischer als auch hinsichtlich ausländischer Behörden ‑ an etlichen Stellen nicht hinreichend begrenzt. Das Gericht setzte dem Gesetzgeber eine Frist zur Nachbesserung bis Ende Juni 2018 und machte zahlreiche Vorgaben, damit die Regelung vorerst weiter angewandt werden kann. Um Anschläge zu verhindern, dürfen die Ermittler seit 2009 Wohnungen abhören, Überwachungskameras installieren und Telefonate anzapfen.
Wendt übt nach BKA-Urteil scharfe Kritik an Bundesregierung
Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), hat scharfe Kritik an der Bundesregierung geübt, nachdem das Bundesverfassungsgericht das BKA-Gesetz teilweise für verfassungswidrig erklärt hat: "Das Urteil ist eine Klatsche für den Gesetzgeber, aber nicht für die Polizei", sagte Wendt der "Bild". "Dass die Terror-Abwehr in Deutschland funktioniert, hat die Vergangenheit immer wieder gezeigt - nicht zuletzt auch die Festnahme von einem dutzend mutmaßlichen Rechtsterroristen in Sachsen am Montag." Polizei-Experte Wendt sieht jetzt die Bundesregierung in der Pflicht. "Wir sind darauf angewiesen, dass der Gesetzgeber uns gutes Handwerkszeug gibt und das sind unter anderem gute Gesetze. Wenn das nicht so ist, können wir Deutschland nicht schützen und die Terror-Gefahr steigt. Das Gesetz muss jetzt dringend bis 2018 nachgebessert werden und darf nicht im Wahlkampf untergehen - die Terror-Gefahr in Deutschland ist dafür einfach zu hoch."
Kriminalbeamte: Urteil zu BKA-Gesetz ändert für Polizeiarbeit wenig
Der Bund Deutscher Kriminalbeamten (BDK) erkennt wenig Auswirkungen der Entscheidung der Verfassungsrichter zum BKA-Gesetz auf die Arbeit der Polizei: "Die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kommt nicht ganz überraschend und ändert für die Praktiker wenig, da die wesentlichen Bestandteile nicht bemängelt wurden und gültig bleiben", sagte der Bundesvorsitzende des BDK, André Schulz, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. In dem Urteil des Karlsruher Gerichts zeige sich zudem "langsam ein Umdenken", sagte Schulz. "Dahingehend, dass die Sicherheitsbehörden eben keine Ausspähorgane sind, sondern lediglich versuchen ihren verfassungsgemäßen Auftrag gerecht werden und die Bürgerinnen und Bürger vor schwersten Straftaten schützen zu können." Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe monierte am Mittwoch die Ausgestaltung der im Gesetz festgeschriebenen Überwachungsbefugnisse. Hier seien die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend berücksichtigt worden. +++ fuldainfo









and then
Und die von Frau Merkel in der Flüchtlingsdebatte strapazierte Menschenwürde bleibt beim Thema "Abhören" offensichtlich auf der Strecke!
Ich verfolge jetzt schon seit den Enthüllungen von Snowden vor über 2 Jahren intensiv den NSA-Skandal mit all seinen Verästelungen auch in Richtung BND, Verfassungsschutz, deutsche Regierung etc. Was das Regierungshandeln in diesem Skandal betrifft, sehe ich vier Handlungsstränge (alles andere ist Augenpulver, Ablenkungsmanöver).
1. Alles Verheimlichen, Verharmlosen, Abstreiten, Leugnen, was ggf. die "weiße" Weste eines der verantwortlichen Politiker beflecken könnte.
2. Gesetze, Verordnungen etc so anpassen, dass die aufgedeckten Verstöße künftig durch (grundgesetzkonformes?) Recht und Gesetz gedeckt sind. Diese Praxis wurde bereits in der Vergangenheit zwischen BND und Bundeskanzleramt eingeübt. In diesem Sinne soll jetzt der BND auch an die "kurze Leine" gelegt werden - was auch immer das heißen mag - anstatt das nun auch von Sonderermittler Graulich aufgedeckte gesetzeswidrige Abhören von Firmen, Behörden und Personen durch den BND im Auftrag der NSA zu ahnden und künftig zu unterbinden bzw. die Rechte der Bundesdatenschutzbeauftragten beim BND durchzusetzen.
3. Zur Terrorbekämpfung ist die Zusammenarbeit der Geheimdienste a la NSA, BND etc alternativlos (bisher unabhängig von Recht, Gesetz und Menschenwürde).
4. Eine Beeinträchtigung der transatlantischen Beziehungen wird vasallengleich vermieden.
Wenigstens bei Punkt 2 ist noch auf das Bundesverfassungsgericht und den europäischen Gerichtshof Verlass!
Was ich nicht sehe:
Ein Konzept, ja noch nicht einmal eine öffentliche Diskussion, wie verbindliche Regelungen mit welchen Zielsetzungen, die den Menschen- und Freiheitsrechten wieder absoluten Vorrang einräumen und den sicherheitsbedingten Maßnahmen enge, richterlich und parlamentarisch überwachte Grenzen setzen, aus deutscher Sicht aussehen sollten?
Warum sieht unsere Regierung weder Bürgerfreiheit noch Demokratie gefährdet? Warum sieht unsere Regierung - wie auch bei dem TTIP-Abkommen - Demokratie und Rechtsstaat offensichtlich eher als Behinderung für Wirtschaft und Sicherheitsdienste.
Interessant ist, dass Industrie, Gewerkschaften, Kirchen und, last but not least, unsere sogenannten Leitmedien dieses Spiel mitspielen.
In diesem Sinne:
"Wir werden nicht abgehört. Die NSA achtet Recht und Gesetz."
http://youtu.be/_a_hz2Uw34Y
Verkehrte Welt?
http://youtu.be/QqoSPmtOYc8