Jusos kritisieren Streit über Wehrdienst als "Bruchlandung"

Union beharrt auf Wehrdienst-Kompromiss mit Losverfahren

Juso-Chef Philipp Türmer
Juso-Chef Philipp Türmer

Juso-Chef Philipp Türmer spricht angesichts des Wehrdienststreits der Koalition von einer "politischen Bruchlandung" wie in Ampelzeiten. Das Chaos um den Wehrdienst sei "katastrophal, weil es die ohnehin bestehende Unsicherheit bei jungen Menschen noch steigert", sagte Türmer dem "Spiegel".

Verhandler aus den Fraktionen von Union und SPD hatten einen Kompromissvorschlag zum Wehrdienst ausgearbeitet, dessen Vorstellung am Dienstag kurzfristig abgesagt worden war. Grund dafür war Widerstand in der SPD-Fraktion und von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Die Kritik bezieht sich unter anderem auf ein angedachtes Losverfahren bei der Musterung.

Türmer sagte, er habe sich Mühe gegeben, zu verstehen, wie das Losverfahren funktionieren soll, und unterschiedliche Deutungen gehört. "Das wirkt nicht durchdacht", so der Juso-Vorsitzende.

"Wir haben zwei verfassungsrechtlich höchst problematische Ansätze auf dem Tisch liegen: ein Losverfahren mit potenziell früherer Pflicht und dafür weniger Eingezogenen. Oder ein Weg, der mit mehr Freiwilligkeit startet, aber später eine Pflicht für alle bedeuten kann." An beiden Konzepten gebe es massive Zweifel, so Türmer.

Er fordert, ganz auf Freiwilligkeit zu setzen. "Es darf keine Hintertüren geben, keine undurchsichtigen Verfahren. Stattdessen braucht es mehr Attraktivität beim freiwilligen Wehrdienst." Er sei überzeugt, dass sich die Ziele der Truppenstärke mit Freiwilligkeit erreichen ließen, wenn man jetzt konsequent darauf setze. "Dafür muss jetzt Schluss sein mit dem Durcheinander auf Kosten junger Menschen. Wir brauchen eine klare Linie, die im Sinne des Koalitionsvertrags voll auf Freiwilligkeit setzt."

Union beharrt auf Wehrdienst-Kompromiss mit Losverfahren

Die Union beharrt trotz des Widerstandes aus der SPD-Fraktion auf den ausgehandelten Kompromiss zum Wehrdienstgesetz mit Losverfahren. "In der Unionsfraktion gibt es eine eindeutige Zustimmung zu den vereinbarten Ergebnissen", sagte der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Hoffmann der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Wir haben eine tragfähige Brücke gefunden zwischen Freiwilligkeit und einem verbindlichen Pflichtelement, das nur greift, wenn der notwendige Personalaufwuchs bei der Bundeswehr über Anreize nicht erreicht wird."

Hoffmann fügte an: "Oberstes Ziel muss sein, dass Deutschland seine Bündnisverpflichtungen bei der Truppenstärke einhält und damit seine Verteidigungsfähigkeit sichert. Streit bei so einem fundamentalen Thema dürfen wir uns nicht erlauben." Man erwarte, dass der Verhandlungsstand die Grundlage sei für die Gespräche über den Gesetzesentwurf nach der ersten Lesung an diesem Donnerstag, wurde der FAZ zudem aus der CDU/CSU-Fraktionsführung mitgeteilt.

"Mit dem Gesetzesentwurf von Boris Pistorius wird die Bundeswehr nicht verteidigungsfähig", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Norbert Röttgen (CDU) der FAZ. "Daher kann es dabei nicht bleiben", sagte er. Wenn es bessere Vorschläge gäbe, sei man offen, jedoch gebe es diese bislang nicht.

Röttgen und andere Unterhändler aus der SPD- und Unionsfraktion hatten sich auf einen Kompromiss zum Wehrdienstgesetzesentwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) geeinigt, der ein Losverfahren vorsieht und einen Weg zur Wehrpflicht aufzeigt. Die Fraktionsführungen hatten sich darauf verständigt. Allerdings hatte Pistorius am Dienstagabend in der Fraktionssitzung der SPD so klare Kritik geäußert, dass eine geplante öffentliche Präsentation des Kompromisses abgesagt wurde. Die erste Lesung des Gesetzesentwurfes soll es am Donnerstag trotzdem im Bundestag geben. +++


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