
Es ist ja nicht so, dass die Aussage, dass die Fußballer des Hünfelder SV zur Spitze der höchsten hessischen Liga gehören, ausradiert werden müsste. Oder zumindest zur erweiterten. Auch nach dem schmerzhaften 0:1 gegen die fußballerisch starke Vertretung des SV Rot-Weiß Walldorf ist das so. Aus Niederlagen lernt man mehr, als aus Siegen, heißt es. Und die Mühe, das letzte Ergebnis richtig oder passend einzuordnen, die sollte man sich schon machen.
Johannes Helmke lag schon richtig, als Hünfelds Trainer während der Pressekonferenz sagte: „Es war ein enges und intensives Spiel in der ersten Halbzeit.“ Walldorfs Coach Artur Lemm pflichtete ihm bei, es sei wichtig gewesen, „die Zweikämpfe anzunehmen“. Die zweiten Bälle gingen in diesem Abnutzungskampf in etwa pari aus. Dennoch: Walldorf bewies lange seine spielerische Klasse, interpretierte den Fußball selbst bei tiefem und kräfteraubendem Boden bisweilen als Anschauung. Von Beginn an presste der Gast hoch, achtete auf flexibles Positionsspiel - einige Male gerieten Box und eigenes Tor des HSV arg in Bedrängnis. Hünfeld wehrte wiederholt vierbeinig und mit letztem Einsatz ab. So schon früh in Minute 7, später verfehlten Sexauers Abschlüsse binnen zwei Minuten knapp ihr Ziel, darunter ein direkter Freistoß (27.).
Hünfeld aber kämpfte leidenschaftlich. Wehrte sich nach Kräften. Und besaß seinerseits - auch wenn das Team meist zum Reagieren gezwungen war - zwei dicke Chancen. Zunächst in Minute 18, als der nimmermüde arbeitende Sven Kemmerzell seinen Mitspieler Bartosz Witkowski bediente, der Maxi Fröhlich mitnahm - der in halblinker Position abzog, Gästekeeper Wieszolek aber abwehrte. Nach einer halben Stunde eröffnete sich für Petr Paliatka Unverhofftes: Nach einem der wenigen Fehler der Gäste im Aufbau bekam er die Kugel, gerade in Walldorfs Spielhälfte lauernd, bewies Spielübersicht, wagte den Abschluss nahe der Mittellinie - und traf nur knapp übers Tor. Und kurz vor der Pause vergab der HSV mehr, als er nach toller Befreiung starke Impulse im Umschaltspiel zeigte, Vogler zu Paliatka passte, der auf Kemmerzell ablegte, der wiederum Witkowski, der aber am Strafraum zu umständlich agierte.
Dennoch wurde man den Eindruck nicht los: Hünfeld fand nie so richtig Zugriff aufs Spiel - oder besser gesagt: Das auch ballsichere Walldorf ließ seinen Kontrahenten nicht rein. Oft kam der HSV einen Schritt zu spät. Zweikampfverhalten, Spiel mit Ball und Aufbau sind verbesserungswürdig. Markus Stark aus dem Trainer- und Betreuerstab des Gastgebers, meinte später: „In die Zweikämpfe sind wir nicht so richtig reingekommen, das war zuletzt in Darmstadt besser. Und deine Chancen musst du halt nutzen, auch wenn es nicht viele waren.“ Und Helmke fügte hinzu: „In der Halbzeitpause habe ich die Jungs dran erinnert, dass wir immer in dieser brutal starken Hessenliga an die Grenzen gehen müssen. Die nach Möglichkeit ein bisschen nach oben verschieben wollen. Das hat nicht ganz hingehauen heute. Wir müssen weiter hart arbeiten. Walldorf war schon einen Tick besser.“
Und der Gast, bei dem es Ende der ersten Hälfte etwas an Spiel ohne Ball gemangelt hatte und die Intensität zwischenzeitlich ein Stückchen nachließ, entschied den Vergleich anfangs des zweiten Abschnitts. Hatte der HSV zunächst noch Glück, als er nach einem Freistoß den ersten Ball nicht bekam und Tim Grünewald knapp am langen Eck vorbeizog (48.) sowie Paul Babots Kopfball nach einer Ecke aus Nahdistanz an die Latte ging (49.) - glückte Walldorf kurz darauf die Führung. In Minute 54 rettete HSV-Innenverteidiger Aaron Gadermann zunächst, ehe Grünewald doch per Flachschuss traf. Eine Spur Glück hatte der Gastgeber wenig später, als sein Keeper Jannis Maul gegen Gästekicker Nathan Doganay den Winkel verkürzte, den Angreifer außen hielt - und der aus halblinker Position nur das Außennetz bemühte (59.).
Schade aus Hünfelds Sicht bei der besten Chance nach der Pause: Nachdem Voglers Abschluss mit links zu schwach geriet und er wohl bei dem Untergrund etwas wegrutschte, war auch Paliatkas zweiter Ball Sekunden darauf nicht wie gewünscht (61.). Auch der offensive Dreierwechsel im Paket - Trägler, Kassa und Lindemann kamen - brachte nicht die erhofften Impulse. Hoffnung war noch im Spiel, als Kassa nach innen auf Trägler gab, die Situation aber abgepfiffen wurde. Und Lindemanns Hereingabe nicht ankam.
Unterdessen rief Helmke nochmals Realitäten wach. Und er pries Walldorf so ein bisschen als „Vorzeigeverein“ - mit starkem Unterbau. A- und B-Junioren spielen in der Hessenliga, Zweite und C-Junioren in der Verbandsliga. „Das kann annähernd auch mal unser Weg sein“, sagte der Coach. Den passenden Impuls hat der Hünfelder SV erst einmal angestoßen: damit, sich im Nachwuchsbereich wieder eigenständig gemacht zu haben. Fürs Erste lobte er seine Mannschaft noch einmal, die gut gekämpft und gut gearbeitet habe. Und überhaupt sollten alle, auch die Anhänger und Zuschauer in Hünfeld, froh darüber sein, dass in der Rhönkampfbahn Hessenliga-Fußball zu sehen ist. Und der HSV in der erweiterten Spitze mitspielt. Mindestens.
Hünfelder SV: Maul - Zentgraf, Dücker, Gadermann, Häuser (69. Zöll) - Kocak (86. Simon), Kemmerzell, Vogler (62. Kassa), Fröhlich, Paliatka (62. Trägler), Witkowski (62. Lindemann)
Rot-Weiß Walldorf: Wieszolek - Redl, Metzler, Pohland - Babot, Enders, Spamer (88. Voett), Sexauer (90.+5 Scholze), Grünewald (86. Manganiello), Doganay (89. Beier), Kallo (58. Kruse)
Schiedsrichter: Maximilian Lotz
Tore: 0:1 Tim Grünewald (54.) +++ rl
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