Hartz IV - Eine Stütze, die spaltet

Berlin. Wohl kaum eine Sozialgesetzgebung hat die Volksseele so zum Kochen gebracht wie die vor zehn Jahren eingeführte Arbeitsmarktreform unter der Chiffre Hartz IV. Sie spaltet bis heute: Für ihre Kritiker handelt es sich um "Armut per Gesetz", während die Anhänger auf die überaus positive Entwicklung am Arbeitsmarkt verweisen. Beide Bilanzen sind nicht falsch. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.

Ohne die ökonomische Krise kurz nach der Jahrtausendwende wäre Hartz IV wohl undenkbar gewesen. Deutschland galt damals als kranker Mann Europas. Die Sockelarbeitslosigkeit drohte sich immer weiter zu erhöhen. Selbst ein moderates Wachstum vermochte daran kaum noch etwas zu ändern. Eine Mitschuld trugen zweifellos der verkrustete Arbeitsmarkt und ein Fürsorgesystem, das ausschließlich auf die Abmilderung der materiellen Folgen der Erwerbslosigkeit angelegt war. Nicht auf die Beendigung dieses Zustandes. Im Ergebnis wurde das wahre Ausmaß der Nichtbeschäftigung sogar noch kaschiert. Erst durch die Zusammenlegung der bisherigen Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II kamen zusätzlich massenweise jene erwerbsfähige Personen wieder in die Arbeitslosenstatistik, die vordem gesellschaftlich abgeschrieben waren. So betrachtet hatte sich das Land mit Hartz IV nur ehrlich gemacht.

Doch es gibt leider auch Webfehler im System. Mit den neuen Bestimmungen sollten die Betroffenen nicht nur mehr gefordert, sondern auch stärker gefördert werden. Dass es daran bis heute hapert, ist kein Geheimnis. Zwar ging die Zahl der arbeitsfähigen Hartz-IV-Empfänger seit 2005 deutlich zurück. Doch seit einigen Jahren liegt sie relativ konstant bei einer Million. Oft handelt es sich um schwierige Fälle, denen die Regierung angesichts zunehmender Arbeitskräfteknappheit besondere Aufmerksamkeit für eine geeignete Vermittlung beimessen müsste. In Wahrheit wurden die Förderprogramme für Langzeitarbeitslose aber immer weiter zusammengestrichen. Vor drei Jahren entfielen im Schnitt noch 1155 Euro auf jeden Betroffenen. 2014 war es über ein Drittel weniger.

Und noch etwas schmälert den positiven Effekt einer ursprünglich prinzipiell richtigen Weichenstellung: der deutsche Hang zur Einzelfallgerechtigkeit. Heerscharen von Mitarbeitern der Jobcenter sind damit beschäftigt, Regelsätze, Unterkunfts- und Heizungskosten, Schulgeld oder Erziehungszuschläge et cetera regelmäßig neu berechnen. Das bindet Kräfte, die bei der Vermittlung in Arbeit besser aufgehoben wären. Ja, es stimmt, von Hartz IV kann man nicht anständig leben, jedenfalls nicht auf Dauer. Gerade deshalb muss es darum gehen, das System so schnell wie möglich zu verlassen - so, wie es vor zehn Jahren auch mal gedacht war, so die Lausitzer Rundschau. +++ fuldainfo


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1 Kommentar

  1. Ach all diese tollen Geschichten um Hartz IV - da gerade Weihnachten war, sei es erlaubt, wenn ich sage: Die haben alle sooooooooooo nen langen Bart.

    Vor allem die Zahlen sind vorn und hinten gelogen und geschönt:

    - Rückgang der Arbeitslosenzahlen: Eher wahr ist gerade im Hartz IV Bereich, daß schon seit Jahren ein Verschiebebahnhof stattfindet, raus aus Hartz IV, rein in die EU-Rente (Erwerbsun..).

    - Und wer die Zahlen zum Beispiel im Landkreis Fulda seit Jahren aufmerksam verfolgt, stellt schnell fest, daß sie auffallend konstant sind (ca. 9.000), die Zahl der echt vermittelten Leistungsbezieher in 6 Jahren so um die 600 schwankt (hört sich toll an), somit das ganze System sein Scheitern selbst dokumentiert.

    - Denn jeder, der schwanger oder krank ist, an einer Bildungsmaßnahme teilnimmt oder einen 400 EUR Job hat, ist nicht mehr arbeitslos und wird daher in der Statistik nicht mehr als Problemfall geführt. Nie nie niemals fragt bei den monatlichen Konferenzen der Bundesanstalt für Arbeit mal einer nach: Entschuldigung, wie hoch ist eigentlich die Zahl der Leistungsbezieher insgesamt, also Arbeitsämter und Optionskommunen zusammen?

    Für wie blöd hält man das Volk eigentlich?

    Dann käme man schnell darauf, daß es immer noch um die 10 Millionen Menschen gibt, die von staatlichen Leistungen (ALG I + ALG II + EU-Rente) abhängig sind.

    Was also hat sich seit Hartz IV verbessert? NIX!

    Nur für die ewig nach billigen Arbeitskräften geifernde Industrie ist ein neuer Billiglohnsektor entstanden, der durch den finanziellen Druck, den das, die Menschenwürde tretende Hartz IV-System auf die Menschen ausübt, ständig neu gefüttert wird.

    Also profitieren wieder nur die CDU Wähler - oder?

    Und wer hat´s erfunden?

    Die Hartz Kommission?

    Die SPD?

    FALSCH!

    DIE GEMEINNÜTZIGE BERTELSMANN-STIFTUNG! ( bitte zensieren ;-) )

    Einen guten Beschluss wünscht trotzdem - die kleine Feder (not sponsored by Bertelsmann)

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