Grenzen der Selbstmedikation: Wann Eltern mit ihrem kranken Kind zum Arzt sollten

Wenn Kinder erkranken, wenden sich viele Eltern zunächst an die öffentliche Apotheke, um Rat und geeignete rezeptfreie Medikamente zur schnellen Linderung zu erhalten. Doch zahlreiche Kinderkrankheiten lassen sich nur in engen Grenzen selbst behandeln. Darauf weist Dr. Miriam Ude, Fachapothekerin für Arzneimittelinformation, hin. „Je jünger das Kind ist, desto schneller übersehen Eltern wichtige Warnzeichen und umso dringender ist eine ärztliche Diagnose“, sagt sie. Ein wichtiger Hinweis sei der Allgemeinzustand: Je stiller ein Kind leide, desto kränker sei es in der Regel. Apothekerinnen und Apotheker erläutern daher, ab wann junge Patientinnen und Patienten in eine kinderärztliche Praxis oder sogar in ein Krankenhaus gebracht werden sollten.

Bei Fieber auf den Gesamtzustand achten

Fieber tritt bei Kindern häufig auf. Solange sie ohne spürbare Beeinträchtigung weiterspielen, können Eltern zunächst beobachten. Auch wenn ein fiebersenkendes Mittel gut anschlägt und das Kind wieder munter wirkt, ist ein Arztbesuch in der Regel nicht notwendig. Maßgeblich ist der Allgemeinzustand, nicht der Messwert auf dem Thermometer, betont Dr. Steffen Fischer, Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin. Eine wichtige Ausnahme bilden Neugeborene bis drei Monate: Bei ihnen gelten bereits 37,8 Grad Celsius als hohes Fieber, das auf eine mögliche Sepsis hinweisen kann. In solchen Fällen sollten Eltern umgehend eine Praxis oder ein Krankenhaus aufsuchen. Gleiches gilt für Kinder jeden Alters, wenn starke Schmerzen, Acetongeruch, Nahrungsverweigerung oder deutliches Krankheitsgefühl trotz Fiebersenkung auftreten.

Husten kann auf ernste Erkrankungen hindeuten

Husten ist ein Symptom vieler Erkrankungen – von unkomplizierten Infekten bis hin zu Asthma oder Keuchhusten. Leichter Reizhusten ohne weitere Beschwerden oder Husten in Kombination mit Heiserkeit und niedrigem Fieber kann meist mit viel Flüssigkeit, schleimlösenden Mitteln und Inhalationen mit Kochsalzlösung behandelt werden. Bei Kindern mit bekannten Grunderkrankungen oder wenn Eltern Röcheln, Stöhnen oder ungewöhnliche Atemgeräusche bemerken, sollte jedoch ärztlicher Rat eingeholt werden. Das gilt auch bei sehr starkem Husten oder wenn Husten zusammen mit Fieber, Bauchschmerzen und ausgeprägtem Krankheitsgefühl auftritt. Kommt es zu Blässe, bläulich-grauen Hautverfärbungen, Brustschmerzen oder heftigem Nasenflügeln bei Säuglingen, ist sofort der Notarzt zu verständigen.

Beschwerden am Auge

Gerötete, tränende, juckende oder brennende Augen können auf eine Bindehautreizung hinweisen, ausgelöst etwa durch Allergene, Pollen, Tierhaare, chlorhaltiges Wasser, Zugluft oder kleine Fremdkörper. Akute allergische Beschwerden lassen sich mit antihistaminhaltigen Augentropfen lindern. Für eine längerfristige Basistherapie eignen sich rezeptfreie Augentropfen, Nasensprays und Inhalationslösungen mit Mastzellstabilisatoren sowie Tränenersatzmittel. Apothekenteams beraten zu altersgerechten Präparaten und deren richtiger Anwendung. Halten die Beschwerden länger als 48 Stunden an, tritt eitriges Sekret aus oder hat das Kind ungewöhnlich starke Schmerzen, sollte ein Arzt die Ursache klären – etwa ob eine bakterielle oder virale Infektion vorliegt oder ein Fremdkörper das Auge verletzt hat.

Ohrenschmerzen: nach spätestens zwei Tagen zum Arzt

Ohrenschmerzen gehören bei Kindern zu den häufigen Beschwerden. Tritt der Schmerz plötzlich im Zusammenhang mit einem abklingenden Infekt auf, deutet dies oft auf eine Mittelohrentzündung hin. Betroffene Kinder sind häufig weinerlich, appetitlos, leiden an Kopfschmerzen oder Erbrechen. Die stechenden, pulsierenden Schmerzen treten nicht selten abends oder nachts auf; Fieber und Hörminderung können hinzukommen. Eine Mittelohrentzündung heilt oft von selbst ab. Eltern können das Kind zunächst beobachten und abschwellende Nasentropfen oder -sprays sowie altersgerecht dosierte Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen einsetzen. Unbedingt ärztlich vorgestellt werden müssen jedoch Säuglinge bis sechs Monate, Kinder zwischen sechs und 24 Monaten mit anhaltendem Fieber, Erbrechen und reduziertem Allgemeinzustand sowie Kinder unter zwei Jahren bei beidseitiger Entzündung. Auch sehr kranke Kinder jeden Alters mit hohem Fieber, anhaltendem Erbrechen oder früheren Komplikationen benötigen ärztliche Hilfe. Dauern Ohrenschmerzen länger als 48 Stunden an, kommen hohes Fieber, Ohrenfluss, deutliche Hörminderung oder wiederkehrende Beschwerden hinzu, ist ebenfalls eine Untersuchung notwendig. Bei schmerzhafter Nackensteifigkeit, Krampfanfällen, akuter Gesichtslähmung oder septischem Zustand sollten Eltern sofort den Notruf wählen.

Bei Durchfall droht Dehydration

Durchfall gehört bei einem viralen Magen-Darm-Infekt zu den typischen Symptomen. Meist klingt die Erkrankung von selbst ab. Wichtig ist, dass Kinder ausreichend trinken und eine mögliche Dehydration durch Elektrolytlösungen aus der Apotheke ausgeglichen wird. Diese werden in der angegebenen Wassermenge gelöst und löffelweise oder in kleinen Schlucken verabreicht. Die Lösung sollte kalt sein; eine Belohnung kann die Einnahme erleichtern. Eltern sollten den Flüssigkeitsverlust gut beobachten. Anzeichen einer Dehydrierung sind unter anderem Unruhe oder starke Müdigkeit, wenig oder dunkel verfärbter Urin, kühle Arme und Beine sowie Hautfältchen, die sich erst nach zwei Sekunden glätten. Wirkt das Kind deutlich krank oder treten gleichzeitig Fieber, Erbrechen und Bauchschmerzen auf, ist ein Arztbesuch erforderlich. Kinder, die kürzlich auf Reisen waren, sollten bei Dehydrationsanzeichen generell ärztlich vorgestellt werden. Blut im Stuhl kann auf Bakterien oder eine Vergiftung hinweisen – auch dann ist eine medizinische Abklärung notwendig. +++


Popup-Fenster

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*