
Fulda. Immer mehr Aufgaben mit immer weniger Personal – für die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Deshalb hat sie bundesweit eine Kampagne für mehr Polizisten und mehr Sicherheit unter dem Motto „Wir brauchen Verstärkung“ gestartet. „Die Polizei ist am Limit. Wohnungseinbrüche, zunehmende Internetkriminalität, Gewalt bei Demonstrationen und Fußballspielen – die Polizei macht ihren Job, aber so geht es auf Dauer nicht weiter. 16.000 Stellen wurden bundesweit in den letzten Jahren bei der Polizei gestrichen, um Haushaltslöcher zu stopfen.
Auch die Erhöhung der Einstellungszahlen im letzten und in diesem Jahr gleichen die Streichungen der zurückliegenden Jahre nicht aus, sondern sind ausschließlich der Flüchtlingsproblematik und der terroristischen Bedrohung geschuldet. Damit muss Schluss sein. Es müssen wieder mehr Polizistinnen und Polizisten eingestellt werden, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten“, fordert der osthessische GdP-Vorsitzende Karsten Bech. Die bereits angekündigten zusätzlichen 300 Polizeivollzugsstellen und 100 weitere Wachpolizeistellen in Hessen sind der erste Schritt in die richtige Richtung. Wir brauchen aber mindestens 1.000 zusätzliche Polizeistellen in Hessen, um auch künftig dem Bürger die Sicherheit zu gewährleisten, die ihm zusteht.
Forsa Umfrage März/2016: Deutschland: Was die Menschen bewegt und ängstigt: 63%: Das Ausmaß der Kriminalität! Die Kampagne zeigt in der körnigen Schwarz-Weiß-Optik von Überwachungskameras fröhliche Kriminelle beim Wohnungseinbruch, Diebstahl und Internetbetrug. Sie sind die Nutznießer und freuen sich, weil die Polizei zu wenig Personal hat, um sie an ihren Straftaten zu hindern. „Es ist ungewöhnlich, wenn ausgerechnet die Gewerkschaft der Gesetzeshüter Menschen beim Gesetzesbruch zeigt. Es geht auch um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, die sich nach neuesten Umfragen immer mehr Sorgen um die Sicherheit machen. In Hessen hat die Polizei mittlerweile drei Millionen Überstunden aufgebaut. Dieser Berg ist einer Dauerbelastung und nicht ausreichendem Personal geschuldet. Die Überlastungssituation drückt sich auch in dem überdurchschnittlichen Krankenstand bei der Polizei aus. Dieser liegt bei rund 26 Tagen pro osthessischem Polizeibeschäftigtem und dokumentiert, dass auch im Gesundheitsbereich die Überlastung angekommen ist. Was die Polizei dringend braucht, ist Personalzuwachs.
Wohnungseinbruchsdiebstahl
Ein Schwerpunkthema der Kampagne ist die zunehmende Zahl der Wohnungseinbrüche. 162.000 Einbrüche gab es im vergangenen Jahr bundesweit - der höchste Wert seit 18 Jahren. Auch in Osthessen wurden im letzten Jahr 383-mal in Wohnungen eingebrochen und den Bürgern Hab und Gut geraubt. Vor allem die psychischen Folgen seien eine enorme Belastung für die Opfer, erklärte Karsten Bech. „Es ist eine dramatische Erfahrung, wenn man sich in seinen eigenen Wänden nicht mehr sicher fühlt.“ Immer mehr müssen wir feststellen, dass die Organisierte Kriminalität auch beim Wohnungseinbruchsdiebstahl Einzug hält. Vor allem Banden aus Osteuropa sind es, die im großen Stil in Wohnungen einsteigen. Wir müssen uns international besser vernetzen und den Daten- und Informationsaustausch vorantreiben. Dabei geht es auch um nachhaltige Strukturermittlungen, die sehr zeit- und personalintensiv sind, um in die inneren Kreise dieser kriminellen Organisationen vordringen zu können.
Ein sehr sensibler Bereich: die Wohnungseinbrüche. Hier verzeichnete die Polizei einen leichten Anstieg im Jahr 2014 um 46 Fälle: von 346 auf 392. Davon ist der Großteil (32 Taten) auf eine Serie im Bereich Burghaun/ Hünfeld zurück zu führen, die nach derzeitigem Stand einem einzelnen Täter zuzuordnen ist und zu Ermittlungen bis ins europäische Ausland führten. "Diese Straftaten beeinträchtigen das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stark und fordern unsere spezielle Aufmerksamkeit", sagte PP Hoff in der Pressekonferenz am 11.3.16. Ganz bewusst verzichtet die GdP bei ihrer Kampagne darauf, die Flüchtlingskrise und die aktuelle Bedrohung durch den Terrorismus zum Thema zu machen. „Natürlich steigt die Arbeitsbelastung der Kolleginnen und Kollegen durch die hohen Flüchtlingszahlen und die Terrorbedrohung – das ist ja offensichtlich. Aber auch ohne Flüchtlinge und ohne Terror hätten wir viel zu wenig Personal.“ Mit den Möglichkeiten auf der Internetseite: www.wir-brauchen-verstärkung.info appellieren wir an die Bürgerinnen und Bürger, die automatische Mailfunktion zu nutzen und per Mausklick den Bundes- und Landtagsabgeordneten ihres Wohnortes eine vorgefertigte Mail mit der Forderung nach mehr Personal bei der Polizei zustellen zu lassen. Es geht ganz einfach! Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Tatort Internet
Phishing, Ransomware, Underground Economy – willkommen im Netz der unbegrenzten Möglichkeiten. Zumindest für Kriminelle mit Fantasie und dem entsprechenden Know-How. Denn bei allen drei Begriffen handelt es sich um Formen der Internetkriminalität. Die Digitalisierung, von der allerorten die Rede ist, ist längst auch bei jenen angekommen, die Übles im Schilde führen. Immer stärker verlagern wir unser Leben ins Netz, immer öfter und länger bewegen wir uns im digitalen Raum. Acht von zehn Deutschen (79,1 Prozent) sind online; den größten Zuwachs gab es 2014 bei den über 60-Jährigen, also jener Altersgruppe, die man dort am wenigsten vermutet. Wir kommunizieren, arbeiten und informieren uns im Netz, wir finden dort Ablenkung und Anregungen, kaufen ein und organisieren unseren Alltag. Die Datenströme im Internet wachsen täglich und so wachsen auch die Potenziale – für Kriminelle. Laut einer Umfrage des IT-Verbandes BITKOM haben allein im vergangenen Jahr 38 Prozent der Internetnutzer Erfahrungen mit Internetkriminalität gemacht. Jede/r Vierte (24 Prozent) beklagt die Infektion des eigenen Computers mit Schadsoftware.
Das Internet ist die digitale Plattform der Welt für alles und ein Tatort für Verbrechen jeder Art. Wer sich nicht auskennt kann schnell eine Menge Geld verlieren, zum Beispiel durch den Diebstahl von Onlinebanking-Passwörtern und Kontoverbindung oder Betrügereien bei Onlinebörsen, bei denen auf die Zahlung keine Lieferung folgt. Getarnte Programme, sogenannte Trojaner, nisten sich auf Computern ein, stehlen Daten und fast jede/r kennt die E-Mails mit gefälschten Absendern, bei denen Kreditkartennummern, Passwörter oder andere sensible Daten abgefragt werden. Osthessen bleibt von dieser Kriminalitätsform nicht verschont. Im letzten Jahr wurden fast 1000 Straftaten aus diesem Deliktsbereich bei der Polizei angezeigt. Die Zahl der nichtangezeigten Delikte schätzen wir um ein vielfaches höher. Um der zunehmenden Kriminalität im Internet Herr zu werden, bräuchte die Polizei deutlich mehr Fachleute mit entsprechender Ausbildung. Denn das Verbrechen im Netz ist international und innovativ, es verändert sich rasant. Ständig werden neue, raffiniertere Methoden entwickelt, um Menschen zu betrügen, Schaden anzurichten und die Straftaten zu verbergen. Aber auch in den sozialen Netzwerken müsste die Polizei mit mehr Personal unterwegs sein, um die täglichen Beleidigungen, Bedrohungen, üblen Nachreden und Nötigungen zu verfolgen.
Organisierte Kriminalität
Die organisierte Kriminalität, so konstatieren auch Experten des Bundekriminalamtes, ist „an den Haustüren angekommen“, immer stärker dringt sie vor in Bereiche wie Einbruchkriminalität, Laden- oder Autodiebstahl, die früher Sache von Einzeltätern und kleinen Banden war. Nahezu alle Sicherheitsexperten sind sich deshalb einig: Die organisierte Kriminalität geht nicht zurück, weil sie erfolgreich bekämpft, sondern weil zu wenig ermittelt werden kann. Personal- und zeitintensive Strukturermittlungen, bei denen die Hintergründe einer Straftat aktiv untersucht werden „sind nahezu versiegt“, so ein Insider. Neben ausreichendem und qualifiziertem Personal seien effektive Ermittlungsinstrumente, eine bessere internationale Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden und wirksamere Möglichkeiten zur Vermögensabschöpfung erforderlich. +++ fuldainfo
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