Gabriel will mehr Einsatz bei Bekämpfung von sozialer Ungleichheit

Sigmar Gabriel (SPD)
Sigmar Gabriel (SPD)

Berlin. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) fordert mehr Einsatz bei der Bekämpfung von sozialer Ungleichheit in Deutschland. Das geht laut "Handelsblatt" aus dem Entwurf des Jahreswirtschaftsberichts 2017 hervor. "Die Begrenzung der materiellen Ungleichheit ist dabei nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern kann letztlich auch dem Ziel einer dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung dienlich sein", heißt es demnach in dem Entwurf.

Der Jahreswirtschaftsbericht soll am 25. Januar vom Kabinett verabschiedet werden. Ein zu hohes Maß an Ungleichheit berge die Gefahr, dass Bildungspotenziale nicht umfänglich genutzt würden, wodurch sich das Potenzialwachstum abschwäche: "Darüber hinaus geht eine zunehmende Einkommensspreizung in der Regel mit einer geringeren gesamtwirtschaftlichen Nachfrage einher, da Bezieher hoher Einkommen eine geringere Konsumneigung aufweisen als Bezieher niedriger Einkommen", heißt es der Zeitung zufolge. Wie weit der Kampf für mehr Verteilungsgerechtigkeit gehen soll, ist allerdings in der Bundesregierung umstritten. Vor allem das Bundesfinanzministerium dränge in der Ressortabstimmung darauf, Passagen abzuschwächen, hieß es laut Zeitung in Regierungskreisen. So sei eine Relativierung eingefügt worden: "Über die genauen Zusammenhänge zwischen Einkommensungleichheit und Wirtschaftswachstum besteht weiterer Forschungsbedarf." Streit soll es auch um die Ausrichtung in der Finanzpolitik geben.

So hieß es laut "Handelsblatt" im Ursprungsentwurf des Wirtschaftsministeriums: "Gleichzeitig nutzt die Bundesregierung fiskalische Spielräume, die sich auch aufgrund der geringen Zinslasten ergeben, für zusätzliche Investitionen und mehr soziale Teilhabe." In einem neueren Entwurf heiße es nun: "Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, zusätzliche Investitionen und mehr soziale Teilhabe Hand in Hand gehen können." Auch wenn die Bundesregierung 2017 mit einem leichten Rückgang des Wirtschaftswachstums gegenüber dem Vorjahr rechnet, ist sie optimistisch. "Der Wachstumsrückgang ist nicht Ausdruck einer sich eintrübenden wirtschaftlichen Perspektive, sondern lässt sich fast vollständig auf den Effekt einer geringeren Anzahl von Arbeitstagen gegenüber 2016 zurückführen", wird betont. Die exakte Prognose für das Wirtschaftswachstum wird erst kurz vor dem Kabinettstermin in den Jahreswirtschaftsbericht eingefügt. Die Bundesregierung rechnet zudem damit, dass sich die Zahl der Erwerbstätigen im laufenden Jahr um 400.000 Personen erhöhen wird. Allerdings steht diese Zahl im Entwurf noch unter Aktualisierungsvorbehalt. +++


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1 Kommentar

  1. Achtung! Die Ungleichheits-Lüge geht um!
    Dass die Ungleichheit bzw. soziale Spaltung auch in Deutschland seit Jahren zunimmt, und mittlerweile auf einem inakzeptablen Niveau angelangt ist, dürfte wohl unstrittig sein. Lediglich dort, wo dieses Ergebnis politisch nicht gewünscht wird, wird versucht, dagegen zu argumentieren, indem i.d.R. die Zahlenbasis bestritten wird. Neuerdings hat sogar die Bundesbank ihre im Konjunktiv vorgetragene "Vermutung" veröffentlicht (warum wohl?), dass durch die lockere Geldpolitik der EZB die Einkommensungleichheit reduziert werden könnte, obwohl doch unbestritten ist, dass diese Politik zur größten Umverteilung seit der Währungsreform 1948 bei Sparern und Rentnern führt bzw. schon geführt hat. U.a. auch von "namhaften" Wirtschaftswissenschaftlern (nicht nur von IW und IFO) - wird immer wieder versucht, die Zahlenbasis anzugreifen bzw. zu relativieren! Erst kürzlich hat Herr Hüther vom arbeitgebernahen IW diese Zahlentrickserei wieder eindrucksvoll in der Zeit demonstriert (http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-09/ungleichheit-einkommen-schere-deutschland-verteilung-studie ), indem er einfach mal den Zeitraum 2009-2013 willkürlich herausgegriffen hat! Aber auch die Welt, die ja kürzlich die wachsende Ungleichheit noch als Märchen abgetan hatte, reiht sich ein in diese Riege der Zahlenakrobaten, jüngst mit dem Artikel "Der wahre Spaltpilz der amerikanischen Gesellschaft":
    http://www.welt.de/wirtschaft/article157451200/Der-wahre-Spaltpilz-der-amerikanischen-Gesellschaft.html
    Dort werden willkürlich die Jahre 2007 und 2015 herausgegriffen und für diesen Zeitraum eine weitere Vergrößerung der Einkommensungleichheit zwischen den obersten 1% der Einkommenspyramide und den restlichen 99% in den USA bestritten. Übrigens eine Methode, der sich auch die Klimawandel-Leugner bedienen!
    Bei einer weiter zurückreichenden Langfristbetrachtung kommt man jedoch zu ganz anderen Ergebnissen:
    US real income growth 1993-2015: +94.5% for top 1%; +14.3% for the rest. Top 1% captured 52% of income growth, rest 48% (Quelle: http://eml.berkeley.edu/~saez/saez-UStopincomes-2015.pdf …)
    Noch extremer wird die Entwicklung der Ungleichheit, wenn man nicht das Einkommen, sondern das Vermögen betrachtet bzw. wenn man nicht die top 1% sondern die top 0,1% der Einkommenspyramide zum Vergleich heranzieht. Und ähnlich sieht es auch in Deutschland aus. Aber hier argumentieren die Leugner der Ungleichheit, auf der Vermögensseite müssten noch die Rentenansprüche berücksichtigt werden, was das Bild total verändert würde. Aber, verehrte Leugner-Experten: Rentenansprüche sind nun mal kein Vermögen! Aber das hören die Leugner der Einkommens- bzw. Vermögensungleichheit nicht so gerne!
    Besonders dreist ging kürzlich die CDU vor. Nachdem sie entsprechend kritische Passagen aus dem neuesten Armutsbericht der Bundesregierung streichen ließ, hat sie auf ihrer Web-Site folgendes veröffentlicht: "Die Schere zwischen Arm und Reich schließt sich" und "CDU-Politik zahlt sich aus. Laut Armutsbericht nimmt zudem die Einkommensungleichheit ab" (https://www.cdu.de/search/site/armutsbericht).

    Was ist zu tun?
    1. Die Politik überzeugen, dass die Themen Ungleichheit und soziale Gerechtigkeit endlich umfassend anzugehen sind. Nur so gewinnt man auch die "Abgehängten" wieder zurück, die, mangels politisch überzeugendem Angebot, möglicherweise auf die rechten Populisten hereinfallen. Rufe nach Burka-Verboten und ähnlichen Symbolhandlungen, wie sie derzeit u.a. auch in der Union verbreitet sind, lenken nur ab.
    2. Die Behauptung "uns ging es noch nie so gut wie jetzt" zurückweisen, es sei denn, Sie sind einer dieser Super-Reichen!
    3. Diejenigen in die Ecke stellen, die die Thematik mit Floskeln wie "den anderen Leuten in die Taschen greifen" oder "Neiddebatte" aushebeln wollen. Die "anderen Leute" sind die Super-Reichen, häufig auch durch "unverdiente" Erbschaften reich geworden, die sich angemessene Beiträge zur sozialen Gerechtigkeit locker leisten können - und manche von ihnen auch gerne leisten wollen! Genaugenommen ist die Ungleichheit das Ergebnis einer "immerwährenden Umverteilung", wie sie in unseren Steuer- und Abgabensystemen seit Jahrzehnten verankert ist! Warum eigentlich?
    4. Die vom Bundesverfassungsgericht bei der Erbschaftsteuer vorgegebene verfassungskonforme Wegweisung (Eigentum verpflichtet) konsequent umsetzen. Der von einigen Experten mittlerweile vorgelegte Vorschlag einer Erbschaftssteuer-Flatrate zeigt durchaus in eine wegweisende Richtung. Allerdings halte ich eine Flatrate von bisher diskutierten 8-15% für lachhaft. 30-50% bei einer entsprechend hohen Freigrenze (1 Mio EUR) wäre ein Meilenstein in vielerlei Hinsicht! Aber die Politik, einschließlich der wankelmütigen Grünen, hat sich mal wieder auf einen faulen Kompromiß zu Lasten der sozialen Gerechtigkeit geeinigt! Die Familienunternehmer können die Sektkorken knallen lassen!
    5. Die Medien kritisieren bzw. meiden, wenn sie, wie meist, die Parolen der Leugner der Ungleichheit verstärken!
    6. Abschied nehmen von der noch üblichen, aber längst überholten Einteilung in Reiche (ab rd. 40 TEUR p.a.) und Sehr Reiche (ab rd. 60 TEUR p.a.), die bei allen Überlegungen zu einer Verteilungsänderung Ängste bei den Falschen auslöst. Handlungsbedarf ist hier nur bei den Super-Reichen, die aber in den üblichen Statistiken gar nicht getrennt ausgewiesen werden.
    7. Nur die wählen, die soziale Gerechtigkeit können und wollen!
    Und: die nächsten Wahlen stehen vor der Türe!
    http://youtu.be/0zSclA_zqK4
    Was sagt der Bundestag?
    http://youtu.be/QGOx8I0COYg
    Viel Spaß beim Anhören!

    PS: Mittlerweile haben die Ungleichheits-Lügner erkannt, dass ihre Lügen zunehmend nicht mehr geglaubt werden. Daher zünden sie eine neue Nebelbombe: "Ungleichheit ist nicht notwendigerweise auch ungerecht".

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