EVP-Fraktionschef warnt Türkei vor "Falschbehauptungen"

Brüssel. Die türkische Drohung, das Flüchtlingsabkommen mit der EU aufzukündigen, stößt auf entschiedene Ablehnung im Europaparlament. "Es liegt an der türkischen Seite zu liefern, nicht an Europa", sagte EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) der "Welt". Zuvor hatte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu mit dem Aus für die Vereinbarung gedroht, sollte die Türkei bis Oktober keine Visa-Freiheit erhalten. Weber verwies auf die 72 von der Türkei zu erfüllenden Kriterien, die Grundlage der Gespräche über eine mögliche Visa-Liberalisierung sind. "Spielregeln können nicht willkürlich verändert werden."

Der Parlamentarier rief die türkische Regierung auf, zu einer sachlichen Debatte zurückzukehren. "Sowohl Falschbehauptungen von Erdogan in Sachen Finanzen als auch Drohungen bringen uns nicht weiter", sagte Weber und nahm damit Bezug auf den Vorwurf des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, die Europäische Union bleibe zugesagtes Geld für die Flüchtlingshilfe schuldig. "Wir brauchen jetzt mehr Sachlichkeit", sagte Weber. Die Europäische Union müsse unterdessen zu ihrem Versprechen stehen, Flüchtlingsprojekte in der Türkei zu finanzieren. "Es steht für mich außer Frage, dass wir diese Hilfe auch weiterhin leisten müssen", sagte Weber. "Jeder Euro vor Ort im Umfeld Syriens ist zehnmal besser investiert, als wenn die Flüchtlinge nach Europa kommen." Es gehe darum, dass die Menschen dort eine Zukunft hätten. "Einer der großen Fehler der Vergangenheit war es, die Mittel durch die EU-Staaten für die Flüchtlingscamps in der Region rund um Syrien zurückzufahren", sagte Weber. "Das führte dazu, dass sich die Flüchtlinge aufmachten nach Europa. Da sind wir Gott sei Dank heute viel besser aufgestellt."

Weber verteidigte Europa gegen die häufig geäußerte Kritik, im Kampf gegen den Terrorismus keine Antwort zu liefern. "Viele nationale Politiker machen es sich wieder mal zu einfach, wenn sie den Schwarzen Peter nach Europa abschieben", sagte er. "Häufig ist der nationale Egoismus auch im Anti-Terror-Kampf das Hauptproblem." Es sei nun die konkrete Aufgabe der EU-Innenminister, dafür zu sorgen, dass sich die Behörden besser austauschten. "Europa braucht dringend eine europäische Gefährderdatei, so wie sie in Deutschland nach den NSU-Anschlägen aufgebaut wurde, um die Landeskriminalämter zu vernetzen", forderte Weber. Europa müsse zudem künftig einen besseren Überblick erhalten, wer sich im Schengen-Raum aufhalte. "Wir brauchen wie die USA ein funktionierendes Einreise- und Ausreisesystem und zwar umgehend", sagte er. "Wir müssen wissen, wer nach Europa kommt, wo er sich befindet und sicherstellen, dass er nach Ablauf des Visums auch wieder ausreist."

CDU-Innenexperte: Scheitert Flüchtlingspakt, kommen mehr Migranten

Scheitert der Flüchtlingspakt mit der Türkei, dürften wieder mehr Menschen auf Booten nach Europa kommen, warnt der CDU-Innenexperte Ansgar Heveling. In der Folge müsste die EU ihre Grenzen "zusätzlich sichern und Griechenland weitere Mittel und Personal bereitstellen, um Asylverfahren rechtmäßig durchzuführen", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. In Griechenland gebe es zudem schon heute, auch mit dem Türkei-Abkommen, "erhebliche Defizite bei den Asylverfahren, die nicht schnell genug ablaufen." Bei dem Streit zwischen der EU und der Türkei über die Umsetzung des Flüchtlingspaktes sollten sich die Europäer nach Ansicht Hevelings jedoch nicht durch den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan unter Druck setzen lassen. "Auch die Türkei muss ein Interesse daran haben, dass das Flüchtlingsabkommen steht", sagte der Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages. "Das Land bekommt von der EU Milliarden, es ist an völkerrechtliche Verträge gebunden." +++ fuldainfo


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