Es roch nach Schweiß. Und es hätte zum Krimi werden können. Der war es durch Ovtcharovs und später auch durch Groths Hingabe dann auch - und vielleicht ersetzen wir Krimi durch „kleines Tischtennis-Märchen“. Denn soeben hatte Ovtcharov sein Team des TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell im Vergleich zum Saisonauftakt der Bundesliga gegen das deutsche Aushängeschild Borussia Düsseldorf auf 1:2 herangebracht - und der dänische Rückkehrer Jonathan Groth war drauf und dran, auf 2:2 zu stellen. Und dann hätte das Doppel die Entscheidung über den Sieg als Team bringen müssen … Doch es wurde nichts aus Krimi oder Märchen. Zurück blieb ein 1:3. Eine Niederlage, die dennoch einiges zurückließ.
Beginnen wir unsere Betrachtung beim zweiten Einzel des Dänen Jonathan Groth, der schon zweimal für den TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell aufgeschlagen hatte. Jeder wusste, der Sport irgendwie riecht, dass Groth es besser machen wollte als in seinem Eröffnungseinzel, das er, völlig gehemmt und völlig nervös für seinen neuen Klub, glatt gegen Dang Yiu verlor; nichts klappte da. Aber jetzt, da wollte Groth den TTC-Anhängern und dem Fuldaer Publikum etwas zurückgeben. Mutiger wollte er sein, beherzter, mit passender Körpersprache, seine offensive Stärke und Vorhand ins Spiel bringen. Ein Vergleich auf Augenhöhe sollte es werden. Auch wenn der Gegner Kanak Jha war, Düsseldorfs Nummer eins. Wie Groth auch ein Zugang, beide also für neue Team aktiv.
Jha hatte einem völlig unter Wert spielenden Fanbo Meng fast im Vorübergehen glatt in Dreien besiegt. Der US-Amerikaner hatte in seinem ersten Einzel nicht nur durch seine spektakulären Aufschläge, die fast bis unter die Hallendecke gingen, überzeugt. Auch durch sein Vermögen, Druck auf den Gegner auszuüben: Er blockte stark, ließ sich einfach nicht von der Platte drängen und war stets darum bemüht, als erster der beiden Kontrahenten Kontrolle und Dominanz zu entfachen.
Nun also Groth gegen Jha. Vieles von dem Riechenden trat auch ein. Der Däne nahm sein Herz in beide Hände, wurde mutiger, selbstbewusster, fand mehr Vertrauen zu sich und seiner Körpersprache - und Jha beging plötzlich Fehler. Im Ersten vergab Groth drei Satzbälle, führte schon 10:8 und 11:10. Doch der etwas stabilere Jha schlug zurück. Er sicherte sich den ersten Durchgang mit 13:11. Doch im Zweiten - und das sprach für Groth - taute der Däne mehr und mehr auf. Er raffte sich auf zu beherzten Ballwechseln, die die Zuschauer mitrissen. Er entschied den zweiten Satz mit 11:6 für sich. Es war 21.28 Uhr, als Jonathan Groth seinen ersten Satz für den TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell nach seiner Rückkehr gewonnen hatte.
Groth fightete jetzt. Auch im Dritten. Trainer Qing Yu Meng und Ruwen Filus applaudierten stehend bei jedem gewonnenen Punkt. Der Funke sprang über - wenn auch noch nicht so, wie er sollte. Plötzlich hatte Jha nach einem Düsseldorfer Time-Out zwei Satzbälle. Auch das stakkatoartige Anfeuern der Zuschauer half Groth nicht mehr. 8:11. Es ging in den Vierten. Und in diesem spielentscheidenden Durchgang war Jha stabiler, offensivstärker, hatte mehr Glauben in sich. 11:4 hört sich nicht nur deutlich an. Um 21.48 Uhr war der Auftakt Geschichte.
Doch die Zeitreise, auf die uns Dima Ovtcharov vor Groths abschließendem Einzel mitnahm, die dürfen wir nicht vergessen. Sie war das Highlight, das Stückchen episches Drama des Abends. Sein Kontrahent jetzt: Yongyin Li, Neuzugang von Borussia Dortmund. Ein dickes Brett, wie sich in fünf Sätzen herausstellen sollte. Doch Dima hatte solche Aufgaben in der vergangenen Saison oft, eigentlich fast immer gelöst. Er punktete, wenn es darauf ankam. Wenn seine Mannschaft einen Punkt benötigte. Er stand und steht für den TTC wie eine Eiche im Wind. Und so ging er das Duell - drittes Einzel des Abends nach den klaren Niederlagen von Jonathan Groth und Fanbo Meng - auch an. Um es auf den Punkt zu bringen: Dimitrij Ovtcharov ließ sein Herz auch jetzt auf der Platte.
Er pushte sich von Beginn an, blockte früh, holte schnelle Punkte - und er nahm das Publikum durch seine Körpersprache mit. Er zündete es an. Und das badete darin. Fix lag er mit 5:0 vorn im Ersten, Dima-Sprechchöre begleiteten ihn. Das Publikum taute auf an diesem Abend. Endlich. Dima schnappte sich den Ersten. 11:7.
Auch im Zweiten führte er schnell 4:0. Doch Yongyin Li erwies sich als zäher Bursche. Konstant. Äußerst stark im Defensivspiel. Aus der Defensive heraus. Und plötzlich zauberte er mit seinen Aufschlägen. Dadurch blieb er im Spiel. Und zwar so richtig. Er holte sich den Zweiten in einem starken Schlussspurt mit 11:8. Und der Dritte? Dima kämpfte natürlich. Man hatte den Eindruck, auch mit seiner Gesundheit. Doch er kämpfte. Und das macht ihn aus. Das zeichnet ihn aus. Wieder liegt er klar vorn im Dritten. 7:2 heißt es, beim 8:5 glückt ihm ein Big Point. Die fünf Satzbälle beim 10:5 lässt er sich nicht nehmen. 11:6. Dima hat das Publikum nicht nur angezündet. Es beginnt zu brennen.
Vor dem Vierten wechselt Dima das Shirt. Li beeindruckt durch seine Defensivarbeit. 6:6. 8:8. Dima hat zwei Satzbälle gegen sich. Der Durchgang ist futsch aus Dimas Sicht. 9:11. Der Fünfte muss entscheiden. Und Ovtcharovs Auftritt ist das Eintrittsgeld wert. Dieses Mal scheint es andersherum zu gehen. 0:3. Time-Out Fulda. 4:6. Doch Dima tut das, was er in solchen Situationen immer tut: Er fällt nicht um. Er kämpft die Wende in diesem Satz und seinem Match herbei. Von nun an geht‘s nach vorn. Von 6:6 an immer weiter. Der TTC-Fanclub steht. Dima setzt sich ab. Bis auf 9:6. Nein, was rede ich? Zwei Pünktchen fehlen ihm noch. Und die holt er sich. 11:6. Mit 3:2-Sätzen hat er sein Einzel gewonnen. Dima hat sein Team herangebracht. Auf 1:2. Und Fulda steht auf.
Doch das reichte ja bekanntlich nicht. Die Hoffnung, dass das Doppel die Entscheidung über den Ausgang des Duells gegen Borussia Düsseldorf entscheiden müsste, erfüllte sich nicht. Doch wie sagen Sportler so schön: Aus Niederlagen lernt man mehr als aus Siegen. Am Abend, als Dima Ovtcharov sein Herz auf der Platte ließ.
Nächste Gelegenheit, es besser zu machen, hat der TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell am Sonntag nächster Woche: Dann steht die Reise zu Borussia Dortmund an. Der BVB siegte zum Saisonauftakt am Donnerstag beim amtierenden Double-Sieger TTF Ochsenhausen mit 3:1. Auch wenn die TTF nach den Abgängen von Hugo Calderano und Simon Gauzy in und vor einem Umbruch stecken - dem Team aus Fulda steht eine schwierige Aufgabe bevor in Dortmund. +++ rl
Die Ergebnisse im Einzelnen:
Jonathan Groth - Dang Qiu 6:11, 4:11, 7:11
Fanbo Meng - Kanak Jha 4:11, 5:11, 3:11
Dima Ovtcharov - Yongyin Li 11:7, 8:11, 11:6, 9:11, 11:6
Jonathan Groth - Kanak Jha 11:13, 11:6, 8:11, 4:11

























and then
Hinterlasse jetzt einen Kommentar