Berlin. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer glaubt, dass ihre Partei nach der nächsten Bundestagswahl wieder den Regierungschef stellen kann. "Wir werden den Anspruch nicht aufgeben, so stark zu werden, dass wir wieder den Kanzler oder die Kanzlerin stellen", sagte Dreyer dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Die Situation ist schwierig keine Frage. Wir haben aber nach wie vor ein deutlich größeres Potenzial in der Bevölkerung."
Die SPD müsse jetzt gut regieren und sich gleichzeitig erneuern: "Wir trauen uns zu, das zu schaffen." Dreyer sagte, die SPD gehe diesmal mit einer anderen Haltung in die Große Koalition. "Jedem ist klar: Die SPD muss stärker in Erscheinung treten, sichtbarer sein", sagte sie. "Wir werden mit Andrea Nahles an der Spitze von Partei und Fraktion ein Machtzentrum haben, das ausdrücklich nicht Teil der Regierung ist. So können wir gut darstellen, wenn wir an bestimmten Stellen in der Regierung nicht weiterkommen und anderer Meinung sind als die Union." Die stellvertretende SPD-Vorsitzende bekräftigte das Ziel, die Zusammenarbeit in der Koalition nach der Hälfte der Zeit zu überprüfen. "Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass man in der Mitte der Regierungszeit schaut, wo man eigentlich steht, welche Projekte noch offen sind", sagte Dreyer. "Nach den Erfahrungen mit der letzten schwarz-roten Koalition ist das auch dringend notwendig." Da habe die Union unliebsame Vorhaben auf die lange Bank geschoben, die am Ende nicht mehr beschlossen werden konnten. "Das darf diesmal nicht passieren", so die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin. "Der Koalitionsvertrag ist hart verhandelt worden. Was drinsteht, muss auch umgesetzt werden ohne Wenn und Aber."
Haseloff: Volksparteien sind Geschichte
Traditionelle Volksparteien haben nach Ansicht von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) auf absehbare Zeit keine Zukunft. "Volksparteien, wie wir sie in Deutschland kannten und in einigen Bundesländern auch noch haben, sind in Europa Geschichte", sagte Haseloff der "Rheinischen Post" auf die Frage, ob die Volksparteien angesichts der Verluste für die SPD, aber auch für CDU und CSU ein Auslaufmodell seien. Er fügte hinzu: "Daran sieht man auch, wie offene Gesellschaften, wie Migration, die Globalisierung und Veränderungen in der Arbeitswelt auch die Parteienlandschaft beeinflusst haben." Dass es in Deutschland überhaupt noch Volksparteien in der jetzigen Größe gebe, sei schon ein Erfolg. Er ermahnte deshalb die Union, "beide Flügel weiter gut atmen zu lassen - das Sozialliberale und Christliche ebenso wie das Konservative". Die AfD ist seiner Ansicht nach bis auf Weiteres nicht "wegzukriegen". Die Parteien der demokratischen Mitte müssten befriedend wirken. Deutschland sei immer noch ein gespaltenes Land. Im Osten hätten die Menschen auch fast 30 Jahre nach dem Mauerfall noch niedrigere Löhne und Renten, geringere Steuereinnahmen und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Das alles habe Auswirkungen. +++









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Die Bundestagswahlergebnisse der letzten Wahlperioden sprechen eine andere Sprache für die SPD und stehen im Widerspruch zudem, was Frau Dreyer will.Zur Erinnerung: 20,51% in 2017,29,44% in 2013 und 23,0% in 2009. Es mag zwar sein, dass der Koaltionsvertrag eine deutliche Handschrift der Sozialdemokraten trägt, doch was wird tatsächlich umgesetzt und was verbucht wer, falls es umgestzt wird, als Erfolg? Bisher war die Union diejenige, die es für sich verbuchen konnte. Zumindest so, dass sie die stärkste politische Kraft bisher geblieben ist. Wie will also Frau Dreyer ihren Willen durchsetzen-gibt es eine noch kleinere Formation als eine Minderheitenregierung?
Haseloff hat Recht: Die Politiker aller (Regierungs-)Parteien haben in den letzten 30 Jahren keine Politik für die Menschen gemacht, sondern vor allem das Wohl der Banken, Konzerne und Reichen im Blick gehabt. Dass sich das irgendwann mal bei den Wahlen rächt, ist doch klar. Frau Dreyer dagegen lebt offenbar in Tagträumen und sieht die Realität überhaupt nicht mehr. Unternehmerlobbyisten und die CDU wiederholen ständig, dass es "uns" gut geht und übersehen bewusst, dass mittlerweile Millionen von Menschen in Deutschland abgehängt sind und dass wegen politischer Versäumnisse die Zahl der Abgehängten immer größer wird. Wer die Augen vor der Realität verschließt, darf sich anschließend nicht wundern, dass er untergeht. In Italien ist nun auch eine weitere europäische "SPD" in die Bedeutungslosigkeit abgesackt. Die Gründe liegen dort nicht viel anders als hier: Die Sozialdemokraten sind dem Neoliberalismus verfallen und haben ihre eigene Klientel vergessen...